In zwei Tagen ist es soweit: Dann startet der Deutsche Fernsehpreis mit der "Nacht der Kreativen" in der Kölner Flora in sein 25. Auszeichnungsjahr, bevor einen Abend später die begehrten Trophäen in den Werkkategorien vergeben werden, zu sehen in einer großen Gala im Ersten.
Doch was bislang die wenigsten wussten: Eigentlich ist der Fernsehpreis in diesem Jahr nicht nur zwei-, sondern sogar dreigeteilt!
Denn erstmals werden in dieser Kolumne außergewöhnliche Leistungen in Alternativkategorien prämiert, für die an den beiden anderen Abenden kein Platz ist – Vorhang auf für den Deutschen Bonus-Fernsehpreis! Wir wollen keine Zeit vertrödeln und steigen direkt ein:
Bester inoffizieller Sommerhit
Dessen ungeheure Eingängigkeit lässt einen nicht nur über die ausführlich in Social-Media-Kommentaren dokumentierte grammatikalische Ungenauigkeit hinwegsehen. Sondern hätte Schweighöfer augenblicklich als Dauergast zu "Immer wieder sonntags", "ZDF Fernsehgarten" und der "Giovanni Zarrella Show" katapultieren müssen. Aber gut, der Herr Hollywood scheint zwischenzeitlich wieder Besseres zu tun haben, als im Dienste des Publikums weiter die Niederungen der deutschen Showbranche auszuloten. Eine Auszeichnung hat die Gute-Laune-Aktion umso mehr verdient. Und jetzt alle: Fazzolettiii, Fazzolettiii!
Vorbildlichster LED-Screen
Soviel gelebtes Klimaschutzbewusstsein ist in der Bewegtbildbranche schon deshalb nötig, weil ja nicht jeder dahergelaufene Sender seine komplette Dschungel-Altstarriege bzw. "Bachelor"-Baggage nach Südafrika fliegen kann, um dort mit katastrophaler Ökobilanz ein bisschen Reality-Remmidemmi zu machen. Deshalb: absolut nachahmenswert!
Schnellster Nachmittags-Fail
Auch bei der ARD, die dem x-ten Versuch, den TV-Nachmittag mit einer neuen Talk-, Ratgeber- oder Kochshowvarianbte aus dem Wachkoma zu holen, augenblicklich den Stecker zog. So ist es halt, das "Leben live" vor 18 Uhr. Und sorry an Sat.1: Mit zwei Monaten Karenzzeit für die Nachmittagsflops "Drei Teller für Lafer" und "Das Schnäppchenmenü" hattet ihr diesmal einfach keine Chance gegen die Blitzentscheider:innen aus München.
Kuriosestes Late-Night-Dauerfeuer
Zügigstes Kurz-Comeback
Das blieb in seiner Unterhaltsamkeit leider unterschätzt – obwohl das flugs wieder abgesetzte Format (bei RTL+ ansehen) Pochers einziger angenehmer Stärke entgegenkam: der gut gelaunten Interaktion mit normalen Menschen aller Altersgruppen, mit denen er dank kleiner Frechheiten und großer Spontaneität eine geradezu gottschalkeske Vertrautheit herzustellen vermag. Schon deshalb hätte ich der Sendung eine größere Aufmerksamkeit gewünscht, um die unerwartete Botschaft aus Hückelhofen bei Geilenkirchen in alle Welt zu tragen: Pocher kann auch funny sein! Aber: das nächste Comeback folgt bestimmt.
Beste Franchise-Anstrengung
Nicht verwechseln darf man "xy history" übrigens mit "Terra X History", wo sich das ZDF ganz anderen Themen widmet, etwa "Mord und Totschlag – Kriminalität unterm Hakenkreuz". Und es dauert vermutlich nicht mehr lange, bis man für die GenZ im "ZDF Magazin Royale History" nachspielen lässt, wie das damals war mit Günther Jauch, dem Varoufakis-Video und dem Stinkefinger. (Geeignete Darsteller des jungen Jan Böhmermann bitte Postkarte an: Zweites Deutsches Fernsehen, 55100 Mainz.)
Angenehmste Streaming-Werbung
Inhaltlich muss das selbstverständlich jeder für sich bewerten. Aber ich sag mal so: Nachdem ich kürzlich im Kölner Kostenlos-Tarif die 14. Werbeunterbrechung in der aktuellen "Raue der Restauranttester"-Folge zu Ende gestreamt hatte, war ich dann doch wieder zufriedener zahlender Abonnent. Was ja heutzutage nicht mehr bedeutet, dass man gar keine Werbung mehr sehen darf, im Gegenteil: Bei allen großen Streamern hat sich längst ein günstiges Basis-Abo mit Werbeunterstützung als Standard durchgesetzt.
Deren Umfang hält sich (im Vergleich zum Linearen) bislang in Grenzen. Es stört aber trotzdem, wenn etwa Disney Plus mitten in einer aktuellen Folge der Spitzengastronomie-Serie "The Bear" flugs Werbung für Frosta-Tiefkühlgerichte zeigt. Besser macht's – bitte festhalten: Sky mit seinem Streaming-Ableger Wow. Der feuert die Spots einfach grundsätzlich vor Beginn einer Serienepisode bzw. eines Films raus, sodass das Risiko gering ist, während "Succession" oder "Oppenheimer" mit dem Konsum schnöder Gegenwartsverbrauchsgüter belästigt zu werden. Wer hätte gedacht, dass die bei Sky auch mal was richtig machen können.
Effektivste Journalist:innenprovokation
Die brauchte Kebekus, um in pointen- und variantenreicher Art dafür zu plädieren, dass die Gesellschaft sich stärker für ihren Nachwuchs engagieren muss: "Kinderrechte gehören in die Verfassung, finde ich!" Es folgte ein wilder Ritt durch bekannte ARD-Formate, in denen ausnahmsweise mal Nochnichtgebührenzahlende die Hauptrolle spielen durften, vollgepackt mit kleinen Referenzen aus der Kinderrealität (von "Paw Patrol" bis Maulwurfkacke).
Man kann das ja doof finden, was Jamie, Lino, Annabelle, Edina, Pelin, Emilia, Milou, Lio, Leonhard, Eileen, Louis, Thalia, Rona, Jonathan, Klemens, Isabel und Carolin da gemacht haben. (Wenn man sich sehr, sehr viel Mühe gibt.) Aber wenn man seinen Leser:innen sozusagen vorschreiben möchte, was sie von dem (etwas zu perfekt inszenierten) ARD-"Belehrungsfernsehen" zu halten haben, dann hülfe zumindest eine Kurzrecherche: Anders als "NZZ"-Redaktorin Fatina Keilani (welche konservative Schweizer Tageszeitungsredaktion soll das denn abbilden?) dahinschwatzt, ist Kebekus nämlich nicht erst "kürzlich" ins Lager der Kinderbefürworter:innen gewechselt. Vielmehr ließ sie in "DCKS" schon im vergangenen Jahr auf humorvolle Art die Alltagsprobleme der in diesem Land Heranwachsenden besingen und forderte: "Was gar kein Geld kosten würde: Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufnehmen!"
Wenn's um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht, lassen sich konservative Medien bei der Provokation aber natürlich nicht von lästigem Googeln aufhalten.
Bunteste Arbeitsgarderobe
Mutigste Doppelmoderation
Ergebnis: Man kann!
Wenn man nachher gerne die Kündigung seines bisherigen Arbeitgebers in Empfang nehmen möchte, um sich daraufhin "sprachlos", "wütend" und "extrem traurig" zu beschweren, dass man "nicht mal eine Abschiedsshow" zugebilligt bekommt. Aber wer weiß, ob Elton es zu der zeitlich überhaupt geschafft hätte, angesichts der umfassenden Verpflichtungen für den von langer Hand geplanten Wirtswechsels seines einstigen Entdeckers zur Konkurrenz. Jedenfalls: Chapeau für soviel Selbstbewusstsein! (Man ahnt, wo er das gelernt hat.)
Und damit: frohes Feiern und zurück nach Köln.