Wo tut der Job denn richtig weh?
Es kann in jedem Beitrag wehtun, wenn‘s um Argumente geht. Da kann eine Abnahme mal locker zwei Stunden dauern, wenn man sich intensiv mit Beiträgen beschäftigt. Ich spreche aber lieber vor der Ausstrahlung ausführlich mit den Kollegen über die Stücke als nachher mit Juristen. Dazu braucht es Vertrauen, damit Mitarbeiter auch inhaltliche Unsicherheit im Gespräch mit mir deutlich machen können. Das kostet Zeit, die man investieren muss. Ich bin davon überzeugt, dass es ein wesentliches Moment für den Erfolg ist, wenn man sich genau dafür Zeit nimmt – für das Abklären, Zuspitzen und Ausformulieren. Deshalb ist eine journalistische Firma, wie wir sie sind, auch nicht beliebig aufblasbar. Die Zeit, die gewisse Dinge brauchen, kann ich nicht beliebig multiplizieren.
Um noch einmal zur Porzellan-Hochzeit zwischen Ihnen und Sat.1 zurückzukommen: Was war für Sie in diesen vielen Jahren die schwierigste Zeit?
Großes Unverständnis hatte ich, als „Kinder-Einspruch“ - vielleicht meine Lieblingssendung – 1994 eingestellt wurde, gerade weil wir so viel Herzblut hineingegeben haben. Das Aus war bitter, weil der Sender damals lieber japanische Trickfilme eingekauft hat als uns weiter-senden zu lassen. Wir hatten gerade eine Einladung zu einer Unesco-Konferenz nach Madrid, um diese neue Art medialer Kindererziehung vorzustellen. Richtig schlimm war die Arbeit an „Deutschlands dümmste Gauner“, unser einziger Ausflug in die Comedy. Ich hätte nie gedacht, dass man über eine Pointe, die jeder versteht, stundenlang mit den Comedy-Profis im Sender debattieren musste. Danach war für uns klar: So etwas machen wir nie wieder.
Gilt das auch für den Show-Bereich?
Wir haben vor vielen Jahren gemeinsam mit Axel Schulz die Ost-Show gemacht. Ich fand es außerordentlich bedauerlich, dass diese Sendung nach nur zwei Abenden nicht fortgesetzt wurde, obwohl sie richtig starke Quoten holte. Im Sender habe ich sehr dafür gekämpft, dieses Momentum nicht zu verlieren – gerne auch in etwas anderer Form unter der Woche. Aber da begegnete ich leider tauben Ohren.
Welche Momente waren die schönsten in den vergangenen 20 Jahren?
Wir haben uns unglaublich gefreut, als „Fahndungsakte“ 1997 möglich wurde. Das war der Moment, als Eduard Zimmermann bei „Aktenzeichen XY “ ging. Damals hat meine Firma neben den Verbraucherthemen ihr zweites inhaltliches Standbein gefunden: Kriminalität. Ich bin ohnehin sehr dankbar, dass wir immer wieder neue Marken auf die Antenne bringen konnten. Diese Momente des gemeinsamen Aufbruchs sind ja auch in einer Ehe stets die besten Momente gegen die Alltagsmüdigkeit. Ob das eine neue Küche, eine geplante Reise oder eine neue Sendung ist: Das hält jede Beziehung am Laufen. Es gab natürlich ein Auf und Ab, aber die Vielzahl an Formaten und Versuchen hat dafür gesorgt, dass es nach wie vor ein glückliches Miteinander ist. Am Anfang war es nämlich nur eine beidseitig entflammte Leidenschaft, von der wir beide nicht wussten, ob sie hält.
20 Jahre Ehe – und doch haben Sie sich inzwischen für getrennte Schlafzimmer entschieden. Der eine schläft in Berlin und der andere in München. In welcher Weise hat sich der Umzug von Sat.1 ausgewirkt?
Ich habe mich als Produzent immer gerne senderfern aufgehalten, weil Flurfunk vor allem Journalisten enorm von der richtigen Arbeit abhalten kann. Je näher man dran ist, desto schwieriger wird es, zwischen Wichtigem und Unwichtigen zu unterscheiden. Sat.1 muss sich bitte immer wieder klarmachen, dass die in Berlin verbliebenen Teile ein nach wie vor starkes Moment sind. Viele empfinden sich hier als das alte, wahre Kern-Sat.1, ob das nun das „Frühstücksfernsehen“, die „Nachrichten“ oder wir von der „Akte“ sind. Auch wenn der Kopf in München ist: Der Bauch ist in Berlin. Und Entscheidungen aus dem Bauch heraus sind dem Alltagsleben hin und wieder doch zuträglicher.
Herr Meyer, vielen Dank für das Gespräch.
Meyer: "Sat.1 wird ein wenig unter Wert geschlagen"
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