Seit 1999 wird der Deutsche Fernsehpreis als gemeinschaftliche Auszeichnung der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender für besonders herausragende kreative Leistungen verliehen. DWDL.de wirft im Rahmen des Specials zum Deutschen Fernsehpreis einen Blick auf die Historie der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger in den am längsten existierenden Werkskategorien der drei Kategorien Fiktion, Unterhaltung und Information. In wessen Fußstapfen treten die diesjährigen Nominierten und wie fällt die bisherige Bilanz der Sender in den Kategorien aus? Heute im Fokus: Die Information.
Nachdem im vergangenen Jahr ein erstaunlich starkes Jahr für private Anbieter war - nicht nur die Mehrzahl der Nominierungen in den Werkskategorien Information entfiel auf Produktionen von Privatsendern oder Streamern, auch drei von vier Auszeichnungen gingen dorthin - haben die Öffentlich-Rechtlichen in diesem Jahr wieder die eigentlich gewohnte Dominanz im Informations-Bereich zurüberobert, zumindest was die Anzahl der Nominierungen in den Werkskategorien angeht: Insgesamt entfielen nur zwei von 14 Nominierungen hier auf die Privaten.
Beide finden sich in der Kategorie Beste Dokumentation/Reportage. Der Blick in die Historie ist hier ziemlich komplex - einerseits, weil dies bis 2016 getrennte Kategorien waren, die heute aber gemeinsam nominiert werden. Andererseits weil bei den meist koproduzierten Werken der Öffentlich-Rechtlichen unmöglich ist, genau zu bestimmen, wem eine Produktion vorrangig zuzuordnen ist. Innerhalb der ARD ist das schon schwierig genug, weshalb alle Produktionen von ARD-Sendern unter eben diesem Dach genannt sind.
Ausgezeichnet in der Kategorie "Beste Dokumentation/Reportage" | ||
1999 | Der Kandidat und 24 Stunden: Endstation Wien | ARD und Sat.1 |
2000 | Der Tunnel und 37° – Es geschah beim Schützenfest | ARD und ZDF |
2001 | Klein, schnell und außer Kontrolle und Die Entscheider – Anhörungen im Asylverfahren | 3sat und ARD |
2002 | Die Story: Gipfelstürmer – Die blutigen Tage von Genua und Menschen-Poker – Neue Wahrheiten über die Arbeitslosigkeit | ARD und ARD |
2003 | Andreas Baader – Der Staatsfeind und Irak-Berichterstattung und Reportagen von Antonia Rados | ARD und RTL |
2004 | Das Wunder von Bern – Die wahre Geschichte und In Gottes Namen – Die Rekruten des Heiligen Krieges | ZDF und RTL |
2005 | Kanalschwimmer und Die Story: Schusswechsel | ZDF und ARD |
2006 | Die Nacht der großen Flut und Und du bist raus | ARD und ARD |
2007 | Im Schatten der Blutrache und Der Gotteskrieger und seine Frau | ARD und ARD |
2008 | Das Schweigen der Quandts und Alt sein auf Probe | ARD und ARD |
2009 | Freundschaft! Die freie deutsche Jugend und Die Bombe | ARD und ZDF |
2010 | Ahget - Ein Völkermord und Somalia - Land ohne Gesetz | ARD und ZDF |
2011 | Wärst du lieber tot? und Die Story: Adel vernichtet | ZDF und ARD |
2012 | Nine Eleven und ZDFzoom: Mr. Karstadt | ZDF und ZDF |
2013 | Hudekamp - ein Heimatfilm und Staatsgeheimnis Bankenrettung | ARD und Arte |
2014 | Putins Spiele und Team Wallraff: Reporter Undercover | Arte und RTL |
2016 | Asternweg - Eine Straße ohne Ausweg | Vox |
2017 | auslandsjournal – die doku: Das Schicksal der Kinder von Aleppo - Neue Heimat Deutschland | ZDF |
2018 | Nervöse Republik: Ein Jahr Deutschland | ARD |
2019 | Kulenkampffs Schuhe | ARD |
2020 | Die Story im Ersten: Die unheimliche Macht der Berater | ARD |
2021 | Schwarze Adler | Prime Video/ZDF |
2022 | Wie Gott uns schuf - Coming-out in der katholischen Kirche | ARD |
2023 | ProSieben THEMA. Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban | ProSieben |
Anmerkung: Seit 2016 werden Dokumentationen und Reportagen zusammen in einer Kategorie ausgezeichnet, in der es dafür fünf Nominierungen gibt. Zuvor waren Dokumentationen und Reportagen zwei Einzelkategorien. |
Auf die ARD bzw. eine ihrer Landesrundfunkanstalten entfielen dann tatsächlich die bislang mit Abstand meisten Preise, insgesamt sind es 21 an der Zahl, das ZDF folgt dann in gebührendem Abstand mit zehn Fernsehpreisen in der Kategorie "Beste Dokumentation/Reportage". In keiner anderen Kategorie ist die öffentlich-rechtliche Dominanz damit so hoch wie hier. RTL Deutschland bringt es als stärkster privater Anbieter auf vier Preise, der letzte datiert aber schon aufs Jahr 2016 ("Asternweg"). Trotzdem gelangen den Privaten in jüngerer Vergangenheit Erfolge.
So wurde erst im letzten Jahr Thilo Mischke für "ProSieben THEMA. Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban" ausgezeichnet - und er könnte den Preis mit "Uncovered: Sucht aus der Pillen-Packung. Die weltweite Opioid-Krise" dieses Jahr sogar verteidigen - das ProSiebenSat.1-Konto könnte damit auf 3 anwachsen. Es wäre aber nach "Schwarzer Adler" 2021 auch eine zweite Auszeichnung für Prime Video möglich ("Das letzte Tabu"). Mit "Gekaufte Politik? Europa in der Korruptionskrise" (arte/ZDF), "Hamas-Angriff aufs Festival – Die Überlebenden des Wüsten-Raves" (arte/ZDF) und "Putins Bären (ARD) haben aber auch die Öffentlich-Rechtlichen wieder gute Chancen.
Die Doku-Kategorie hat in jüngerer Vergangenheit noch eine Erweiterung erfahren - denn der Trend dazu, dass auch hier zunehmend in serieller Form erzählt wird, schlägt sich inzwischen auch beim Deutschen Fernsehpreis nieder. Erstmals gab's die Kategorie "Beste Doku-Serie" schon 2014, dann allerdings bis 2018 nicht mehr und auch 2020 fehlte sie dann plötzlich wieder. Nun ist sie immerhin im vierten Jahr in Folge dabei - wenn auch diesmal nur mit drei statt fünf Nominierten wie im Vorjahr. Während sich da mit "Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show" Prime Video auch hier erste Meriten verdiente, ist das Nominiertenfeld diesmal allein durch ZDF-Produktionen besetzt. ("Einzeltäter", "frontal: White Angel - Das Ende von Marinka" und "ZDFzeit: Putins Krieger"). Das ZDF wird hier also in jedem Fall seine zweite Auszeichnung einheimsen.
Ausgezeichnet in der Kategorie "Beste Dokuserie / Mehrteiler |
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2014 | 24h Jerusalem | Arte/BR |
2016 | Kategorie nicht existent | - |
2017 | Kategorie nicht existent | - |
2018 | Kategorie nicht existent | - |
2019 | Terra X: Die Reise der Menschheit | ZDF |
2020 | Kategorie nicht existent | - |
2021 | Charité Intensiv: Station 43 | RBB |
2022 | Kevin Kühnert und die SPD | NDR |
2023 | Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show | Prime Video |
Ein Sammelbecken für alle Formen der Information war seit jeher die Kategorie "Beste Information". Waren es in den frühen Jahren vorrangig Formate, folgten in späteren Jahren häufiger monothematische Preisträgerinnen und Preisträger, 2020 wurde mal generell die Corona-Berichterstattung aller Sender für auszeichnungswürdig befunden, im vergangenen Jahr nun eine ganz spezielle "Tagesthemen"-Ausgabe, die live aus Kiew gesendet wurde. In diesem Jahr ist nun explizit eine besondere "heute-journal"-Ausgabe nominiert - und zwar jene vom 9. November für den Umgang mit dem durch die israelische Regierung bereitgestellten Videomaterial der Hamas-Angriffe.
Entscheidet sich die Jury für diesen Preisträger, dann baut das ZDF seinen Spitzenplatz mit Auszeichnung Nummer 9 aus - ansonsten zieht die ARD mit einem achten Fernsehpreis in der Kategorie Beste Information gleich mit dem ZDF, nominiert sind hier nämlich noch die Talks "Hart aber fair" und "Maischberger". Sandra Maischberger erhielt den Fernsehpreis für die Beste Information übrigens auch schon 2020 - damals noch für ihren Talk bei ntv. Stärkster privater Anbieter war in der Vergangenheit in dieser Kategorie RTL Deutschland mit vier Auszeichnungen, ProSiebenSat.1 ist hier noch ohne jeden Fernsehpreis, woran sich auch 2024 nichts ändern wird. Erstaunlich gut vertreten hingegen: 3sat mit drei Auszeichnungen, auch N24 (heute Welt) und RTLzwei waren einmal siegreich.
Ausgezeichnet in der Kategorie "Beste Information" | ||
1999 | Kulturzeit | 3sat |
2000 | Maischberger | ntv |
2001 | Friedman | ARD |
2002 | Das TV-Duell | ARD/ZDF |
2003 | Hart aber fair - Das Reizthema | WDR |
2004 | Berlin Mitte | ZDF |
2005 | Fall Deutschland | ZDF |
2006 | ZDF Spezial: Krieg ohne Ende | ZDF |
2007 | RTL Aktuell | RTL |
2008 | neues | 3sat |
2009 | ZDF-Wahlforum | ZDF |
2010 | Logo! Die Welt und ich | Kika/ZDF |
2011 | Ranga Yogeshwar in der Fukushima-Berichterstattung | ARD |
2012 | Stern TV | RTL |
2013 | Auslandsjournal XXL: Brasilien | ZDF |
2014 | Snowden exklusiv: Das Interview | ARD |
2016 | An der Grenze - 24 Stunden an den Brennpunkten der Flüchtlingskrise | N24 |
2017 | Panama Papers: Im Schattenreich der Offshorefirmen | ARD |
2018 | Endlich Klartext! Der große RTL II Politiker Check | RTLzwei |
2019 | Antonia Rados: Jemens langsamer Tod | ntv |
2020 | Die Corona-Berichterstattung | Diverse Sender |
2021 | Markus Lanz | ZDF |
2022 | Kulturzeit | 3sat |
2023 | August 2022: Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine - Tagesthemen live aus Kiew | ARD |
Anmerkung: Die Kategorie Information wurde über die Jahre mehrfach neu definiert, teilweise auch persönlich interpretiert. Wir berücksichtigen hier alle Preisträgerinnen und Preisträger, in Formatkategorien und jene persönlichen Auszeichnungen, die im Rahmen der allgemeinen "Beste Information" verliehen wurden. Preise, die explizit in einer seperaten Personenkategorie vergeben wurden, sind nicht berücksichtigt. |
Bleibt abschließend noch die Kategorie "Bestes Infotainment" - gedacht für die etwas leichteren Stoffe oder zumindest die etwas leichtere Aufbereitung. Die Kategorie wurde erst 2017 eingeführt, öffentlich-rechtliche und Private sind hier bislang auf Augenhöhe: Je zwei Auszeichnungen gingen bislang an RTL Deutschland, ProSiebenSat.1 und das ZDF, einmal war die ARD erfolgreich. Diesmal ist auch hier das Nominiertenfeld ungewöhnlicherweise mit "Die 100 - was Deutschland bewegt", "MaiThink X" und "Tracks East" rein öffentlich-rechtlich geprägt.
Ausgezeichnet in der Kategorie "Bestes Infotainment" | ||
2017 | Galileo | ProSieben |
2018 | Terra X: Der große Anfang – 500 Jahre Reformation | ZDF |
2019 | Jenke von Wilmsdorff für "Jenke macht Mut! Leben mit Brustkrebs", "Das Jenke-Experiment" und "Jenke Über Leben" (RTL) | RTL |
2020 | Leschs Kosmos | ZDF |
2021 | Joko & Klaas LIVE: Pflege ist #NichtSelbstverständlich | ProSieben |
2022 | Konfrontation: Markus Feldenkirchen trifft Robert Habeck / Karl Lauterbach | ARD |
2023 | Sterben für Anfänger | RTL+ |
Zieht man nach den ersten 25 Jahren eine Bilanz der ausgezeichneten Leistungen in all diesen Kategorien, so liegt die ARD in der Historie des Deutschen Fernsehpreises bei der Information mit 32 Auszeichnungen vor dem ZDF mit 21 Preisen. Bei den Privatsendern liegt RTL mit zehn Auszeichnungen deutlich vor Seven.One Entertainment mit vier Deutschen Fernsehpreisen in der Information - genauso viele wie auch 3sat für sich reklamieren kann. Wenig überraschend ist die Information also bislang die große Domäne der Öffentlich-Rechtlichen - und wird es in diesem Jahr angesichts der Nominierungen auch bleiben.