ProSiebenSat.1 dominiert Shows, RTL Factual und Reality

Seit 1999 wird der Deutsche Fernsehpreis als gemeinschaftliche Auszeichnung der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender für besonders herausragende kreative Leistungen verliehen. DWDL.de wirft im Rahmen des Specials zum Deutschen Fernsehpreis einen Blick auf die Historie der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger in den am längsten existierenden Werkskategorien der drei Kategorien Fiktion, Unterhaltung und Information. In wessen Fußstapfen treten die diesjährigen Nominierten und wie fällt die bisherige Bilanz der Sender in den Kategorien aus? Heute im Fokus: Die Unterhaltung.

Kein Genre füllt so viel Sendezeit im deutschen Fernsehen wie die non-fiktionale Unterhaltung, wobei das Spektrum von klassischen Shows, über Comedy-Formate und Satire, bis zu Factual Entertainment und Reality-TV reicht. Bei Preisverleihungen wird diese "leichte" Unterhaltung häufig nur unzureichend abgedeckt, auch der Deutsche Fernsehpreis behandelte den Entertainment-Bereich früher teils etwas stiefmütterlich. Inzwischen gibt es aber vier fest Format-Kategorien sowie auch Auszeichnungen in diversen Gewerken, wie man es ja auch aus der Fiktion kennt.

Hier soll es aber nun um die Formatkategorien gehen, die eine unterschiedlich lange Historie haben und die teils auch unterschiedlich zugeschnitten waren. Schon von Beginn an wurde ein Fernsehpreis für die "Beste Show" vergeben - mit der Besonderheit, dass es beim allerersten Fernsehpreis 1999 die beiden Kategorien "Beste Show" und "Beste Unterhaltungssendung" getrennt gab - wir zählen sie nun in unserer Historie hier zusammen.

Tut man das, dann zeigt sich, dass die Show-Spezialisten offenbar in Unterföhring sitzen: Ganze 14 Mal ging der Preis in der Show-Kategorie an ProSieben oder Sat.1, darunter gleich in sieben der letzten zehn Jahre. Im vergangenen Jahr allerdings gelang dann der RTL-Gruppe ein Erfolg, weil sich das von Bill und Tom Kaulitz moderierte "That's my Jam" den Preis für die beste Show sicherte und das Konto der Sendergruppe damit auf acht erhöhte. In diesem Jahr könnte mit "Let's Dance" noch ein weiterer Preis hinzu kommen - wobei das Format 2019 den Preis schon einmal gewonnen hatte. Mit "Wer stiehlt mir die Show?" von ProSieben ist sogar ein schon zweifacher Fernsehpreisträger in dieser Katagorie erneut nominiert.

Einziger Neuling ist hier "Lass dich überwachen" des ZDF. Das existiert zwar als eigenständige Show auch schon seit 2018, als Rubrik in den Böhmermann-Shows sogar noch deutlich länger, wurde im zurückliegenden Jahr nun aber erstmals in die Primetime befördert - und hat damit nun mehr als Außenseiterchancen. Setzt sich die Show durch, dann wäre es erst das zweite Show-Format des ZDF überhaupt, das einen Fernsehpreis als Format gewinnen könnte. Seit Bestehen des Deutschen Fernsehpreises gelang das sonst nur "Wetten, dass..?" - und zwar 1999 und 2009 gleich zwei Mal. Auch die ARD hat als zweites öffentlich-rechtliches System übrigens nicht mehr auf dem Konto, hier sind es bislang lediglich "Unser Star für Oslo" - für das man gemeinsam mit ProSieben ausgezeichnet wurde - sowie der Heim-ESC im Jahr darauf, die einen Preis für die Beste Show gewannen.

Manche der Ausgezeichneten in der Kategorie "Beste Unterhaltung Show" würde man heute vermutlich eher in der Kategorie "Beste Comedy / Late Night" einsortieren. "Die Harald Schmidt Show" von 2001 beispielsweise, die zwei Jahre später nochmal einen Preis dann als "Beste Comedy" bekam. Oder auch "TV Total", mit dem ProSieben 1999 gewann, vergangenes Jahr dann aber in der Comedy-Kategorie. Andererseits würde man den Sieger "Late Night Jews" aus dem Jahr 2021 wohl eher nicht als Comedy bezeichnen, hier greift stattdessen Teil 2 der Zwitter-Beschreibung "Comedy / Late Night". Zwischen 2016 und 2019 waren diese beiden Kategorien noch getrennt, wir haben sie in unserer Historie hier nun beide aufgeführt.

Blickt man nun zurück, liegt nach Anzahl der Auszeichnungen Seven.One Entertainment dank des Preises für "TV Total" im vergangenen Jahr mit nun neun Trophäen an der Spitze. Zuvor war es mit Ausnahme von "Switch Relaoded" im Jahr 2008 vor allem Sat.1 gewesen, das hier für die Sendergruppe aus Unterföhring punkten konnte, die letzte Auszeichnung datiert hier aber nun schon aufs Jahr 2018. Und auch 2024 müsste es ein ProSieben-Format sein, das für Seven.One punktet: "Bratwurst & Baklava - Die Show" ist hier im Rennen.

Dicht hinter ProSiebenSat.1 rangieren im Comedy/Late Night-Bereich das ZDF und die ARD, die beide allerdings nicht im Rennen sind - zumindest wenn man "Bosetti Late Night" nicht dem ZDF, sondern dem ausstrahlenden Sender 3sat zuordnet. Für 3sat wäre es ebenso der erste Comedy-Fernsehpreis, Prime Video, das mit der "Teddy Teclebrhan Show" im Rennen ist, war im vorletzten Jahr hingegen schon einmal mit "LOL - Last One Laughing" siegreich. Damit könnte Prime Video übrigens im Ranking sogar an RTL vorbeiziehen, das sich in der langen Fernsehpreis-Geschichte hier erst ein einziges Mal durchsetzen konnte - und zwar 2009 für das Format "TV-Helden", das es damals auf gerade mal zwei Folgen brachte und mit Jan Böhmermann, Caroline Korneli und Pierre M. Krause auf eine RTL-untypische Besetzung setzte.

Während RTL im Bereich beste Show also Seven.One trotz des Erfolges im Vorjahr noch weit hinterherhinkt und im Comedy-Segment fast gar nicht auftaucht, ist die Kategorie "Bestes Factual Entertainment" ganz klar die Domäne der Kölner. Neun der zwölf bislang vergebenen Fernsehpreise gingen an RTL Deutschland - wobei gleich acht davon genau genommen aufs Konto von Vox gehen. Auch im Vorjahr lieferte Vox mit dem "Schwarzwälder Hirsch" wieder das aus Sicht der Jury beste Factual Entertainment. Diesmal könnte die Siegesserie mit "Mälzer und Henssler liefern ab" fortgesetzt werden - quasi als Abschiedsgeschenk für Henssler, der aus dem Format aussteigt.

Das Thema Kochen war übrigens immerhin in vier von zwölf Jahren das Gewinner-Thema beim Fernsehpreis - und das sich das in diesem Jahr fortsetzt, ist gar nicht so unwahrscheinlich, weil zwei der drei Nominierungen ebenfalls auf Köche zurückgehen. Neben Mälzer und Henssler ist das Tim Raue mit seinem Prime Video-Format "Star Kitchen". Für Prime Video würde eine Auszeichnung die Eroberung einer weiteren Fernsehpreis-Kategorie bedeuten - wobei es harte Konkurrenz durch das ZDF-Format "Buchstäblich lesen" gibt, in dem Menschen mit geringer Literalität dabei begleitet wurden, wie sie ihre Lese- und Schreibfähigkeiten verbesserten. Fürs ZDF wäre es nach "Auf der Flucht", "Bares für Rares" und "Don't stop the Music" schon der vierte Preis in dieser Kategorie - während die ARD bislang völlig leer ausging und auch diesmal gar nicht im Rennen ist. Und auch die Bilanz von ProSiebenSat.1 fällt sehr mau aus, nur Kabel Eins steuerte mit "Stellungswechsel: Job bekannt, fremdes Land" 2011 einen Preis bei, mehr werden es mangels Nominierung auch 2024 nicht werden.

Die Kategorie "Beste Unterhaltung Reality" ist trotz ihres Trash-Rufs nicht naturgegeben in privater Hand, vor zwei Jahren etwa war auch "Stadt+Land=Liebe" vom SWR nominiert. Doch klar: Es ist die Domäne der Privaten. Und so haben mit dem "Sommerhaus der Stars", "Princess Charming" und "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" schon drei Formate von RTL sowie mit "Kampf der Realitystars" eines von RTLzwei gewonnen - länger als bis 2020 reicht die Historie hier nicht zurück, weil man erst dann entschied, diesen insbesondere auch im Streaming immer dominanteren Genre eine eigene Kategorie zuzugestehen.

Auch in diesem Jahr stehen die Chancen gut, dass die RTL-Gruppe erneut siegreich ist, weil mit "Die Verräter" und "Alone - Überlebe die Wildnis" gleich zwei Formate im Rennen sind - komplettiert von "Kaulitz & Kaulitz", wo sich offenbar Bill mit seiner Definition, es handle sich um Reality und nicht wie von Tom vorgeschlagen, eine Doku, durchgesetzt hat. Die Kaulitz-Zwillinge sind übrigens auch die einzige Chance von Netflix in diesem Jahr, in der Unterhaltung zu punkten. Es wäre auch der erste Fernsehpreis für Netflix in der Unterhaltung überhaupt.

Dass RTL Deutschland im vergangen Jahr in drei der vier Formatkategorien siegreich war, verkürzte den Rückstand auf ProSiebenSat.1 deutlich - mit 24 zu 21 Entertainment-Fernsehpreisen liegen die Unterhaltungs-Spezialisten aus Unterföhring aber nach wie vor vorn. RTL hat in diesem Jahr in drei Kategorien die Chance auf einen Preis, ProSiebenSat.1 in zwei. Das ZDF liegt mit 13 Preisen deutlich vor der ARD, die es auf neun Auszeichnungen bringt - und in diesem Jahr übrigens wie schon im Vorjahr erneut in keiner Format-Kategorie nominiert ist, also eher noch weiter zurückfallen dürfte. Einziger Streamer, der schon einen Fernsehpreis hat und in diesem Jahr noch einen weiteren dazu bekommen könnte, ist Prime Video.