Herr Lacher, der Deutsche Fernsehpreis kommt zurück ins Fernsehen. Wie absurd ist es rückblickend eigentlich, dass er jemals weg war?

Der Deutsche Fernsehpreis ist über die Jahre hinweg unterschiedliche Wege gegangen.  Vor zweieinhalb Jahren haben wir gemeinsam mit den Stiftern überlegt, wie wir den Preis in Zukunft ausrichten wollen. Bei allen war der Wille und die Ambition spürbar, den Preis wieder groß zu machen und damit auch wieder im Fernsehen zu verankern. 

Was haben Sie sich vorgenommen?

Es gibt gleich drei Dinge, die uns wichtig sind. Wir wollen zum einen die Spitzenleistungen des deutschen Fernsehens auszeichnen - und zwar in ihrer ganzen Breite. Daher haben wir schon im vergangenen Jahr das Kategorien-Tableau deutlich erweitert. Inklusive Förder- und Ehrenpreis sind es 30 Kategorien. Mit dieser Fülle möchten wir das kreative Wirken in allen Programm-Genres abbilden und auch die Kreativen hinter der Kamera gleichwertig auszeichnen. Gleichzeitig haben wir Streamingprogramme in den Wettbewerb integriert. Der zweite Aspekt ist in den vergangenen 18 Monaten noch wichtiger geworden: Wir wollen die Branche zusammenbringen. Leider fehlte zuletzt an vielen Stellen der persönliche Austausch. Nun sehen wir die Chance, zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder alle verantwortungsvoll zusammenzubringen. Das ist uns eine echte Herzensangelegenheit. 

Und der dritte Punkt?

Wir wollen gemeinsam mit dem Publikum feiern, sowohl zuhause als auch vor Ort, wo es erstmals einen Fanblock geben wird. Der Fernsehpreis soll auch auf diese Weise wieder in der Mitte der Zuschauerinnen und Zuschauer ankommen.

Eigentlich sollte der Fernsehpreis schon im vergangenen Jahr sein TV-Comeback feiern. Doch dann kam Corona und machte die Pläne zunichte. Was ist 2021 anders als es 2020 sein sollte?

Wir hatten uns wirklich viel vorgenommen. Neben dem Comeback der großen Show gab es den Gedanken, eine „Week of Television“ zu kreieren, mit Fachveranstaltungen sowie weiteren Kommunikations- und Treffpunkten. In den Gesprächen mit vielen Verbänden sind wir offene Türen eingerannt, weil alle Lust verspüren, über die Preisverleihung hinaus eine zentrale Branchen-Plattform zu schaffen. Dazu sollte es wegen der Pandemie leider nicht kommen. Aber wir waren froh, dass wir zumindest die Preise vergeben durften, denn es ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, dass unter diesen besonderen Bedingungen so viel gutes Programm entstanden ist.

Ist der Gedanke der „Week of Television“ zu den Akten gelegt worden?

Nein, überhaupt nicht. Das ist nach wie vor eine Idee, die uns treibt. Perspektivisch gibt es viele Gedanken, wie wir den Preis weiter entwickeln können. Uns ist es wichtig, die Branche einzuladen, uns aktiv Feedback zu geben und bei der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken.

Das Fernsehpreis-Comeback ist nun in Form einer Open-Air-Show im Kölner Tanzbrunnen geplant. Welcher Gedanke steckt dahinter?

Für diese Form haben wir uns Anfang des Jahres gemeinsam entschieden, weil wir davon überzeugt waren, dass es die einzige Chance ist, eine gewisse Planbarkeit zu erhalten. Thomas Hermanns, den wir für die künstlerische Leitung gewinnen konnten, hat bei einem unserer ersten Treffen gesagt, dass wir in diesem Jahr eine „stilvolle Gartenparty“ feiern - und das trifft es ganz gut. Wir treffen uns an einem der schönsten Plätze Kölns mit Blick auf Dom und Rhein. Mit dem großzügigen Areal des Tanzbrunnens und der Rheinterrassen besteht die Möglichkeit, uns in einem verantwortungsvollen Rahmen auszubreiten. Dafür wurde in enger Abstimmung mit den Behörden ein 3G-Konzept entwickelt.

Früher gab es mal drei Gänge, heute 3G.

(lacht) Keine Sorge, es werden trotzdem alle Gäste gut versorgt sein. Sowohl beim Empfang nach dem Roten Teppich als auch nach der Show, wenn wir den Abend auf den Rheinterrassen ausklingen lassen. Und da wir die ganze Veranstaltung als Pilotprojekt im Zuge der Green-Production-Initiative nachhaltig aufsetzen, hat das auch Einfluss aufs Catering, sprich: Wir setzen vor allem auf regionale Zutaten. Abgesehen davon wollen wir übrigens mehr als ein Drittel der Emissionen einsparen. Dazu tragen viele verschiedene Maßnahmen bei, vom Reisemanagement bis zur energieeffizienten Produktion. Das ist ein wichtiges Signal, das in die Zeit passt: Als Branche sind wir uns unserer Verantwortung bewusst und machen gemeinsam einen ersten Schritt.

 

"Unser Ziel ist es, den Preis modern und dynamisch zu inszenieren - so, dass das Publikum zuhause ebenso Freude daran hat wie das Publikum vor Ort."

 

Und bei schlechtem Wetter fällt der Fernsehpreis ins Wasser?

Sollte es ein großes Unwetter geben, dann müssen wir tatsächlich schauen, wie der Abend läuft. Alle anderen Szenarien sind aber gut geplant. So gibt es etwa ein großzügiges Regendach fürs Publikum, das Florian Wieder, ebenso wie die großartige Bühne, konzipiert hat. Sollte das Wetter richtig schlecht werden, wovon wir aktuell nicht ausgehen, dann stünden in den Rheinterrassen und im Theater am Tanzbrunnen großzügige Flächen zur Verfügung. Auch hier gibt es einen Plan, der mit dem Gesundheitsamt abgestimmt ist.

Dass die Gala leicht zeitversetzt bei RTL ausgestrahlt wird, ist kein Problem?

Ich gehe davon aus, dass dies der Stimmung keinen Abbruch tun wird. Der Zeitversatz ist der relativ strengen Regelung geschuldet, nach der im Tanzbrunnen nur bis 22 Uhr produziert werden darf. Dazu kommt, dass es ab einer bestimmten Uhrzeit draußen etwas frischer wird.

Sie stehen bei der Preisverleihung vor der Herausforderung, 30 Kategorien unterzubringen und damit einerseits die Branche zu ehren, andererseits aber auch das Publikum zu unterhalten. Wie soll das gelingen?

Die Gewinnerinnen und Gewinner der kreativen Personenkategorien werden wir bereits zwei Tage vor der Gala bekanntgeben, um ihnen schon vorab eine starke öffentliche Sichtbarkeit zu gewähren.  Im Rahmen der Show werden sie einen großen Auftritt haben und ihre Preise erhalten. Es ist uns wichtig, alle Preisträgerinnen und Preisträger in den Mittelpunkt der Verleihung zu stellen und ihnen einen besonderen Moment zu schenken. Gleichwohl soll die Show humorvoll und kurzweilig werden. Unser Ziel ist es, den Preis modern und dynamisch zu inszenieren - so, dass das Publikum zuhause ebenso Freude daran hat wie das Publikum vor Ort. Das ist ohne Zweifel eine kreative Herausforderung, der wir uns aber gerne stellen, indem wir die gelernte Dramaturgie von Preisverleihungen in die Jetztzeit transferieren. 

Mit welchem Personal soll das gelingen?

Barbara Schöneberger führt durch den Abend, unterstützt von Nazan Eckes und vielen prominenten Gästen. Mit Hape Kerkeling haben wir einen Ehrenpreisträger, der alle begeistert. Hinter den Kulissen setzen wir neben Thomas Hermanns und Florian Wieder auf die Regie von Mark Achterberg. Das Team der Riverside, das den Fernsehpreis erstmals produziert, und die RTL-Kollegen aus Unterhaltung und Produktion sind seit Monaten engagiert dabei, einen unterhaltsamen Abend auf die Beine zu stellen. Die Basis dafür liefert wie immer die Arbeit der Jury unter der Leitung von Wolf Bauer, die erneut unter schwierigen Bedingungen unzählige Stunden Programm gesichtet hat.

Ist es nicht ein Problem, dass das Fernsehen inzwischen so viele unterschiedliche Zielgruppen bedient, dass das Publikum die Nominierten im Zweifel gar nicht mehr kennt - und daher nicht zwangsläufig mitfiebern kann?

Es ist vor allem eine große Chance, weil wir zeigen, was das Medium in seiner Bandbreite bietet. Es gab noch nie so viele spannende Inhalte wie jetzt. Die Aufgabe der Jury ist es, ein vielfältiges Tableau zusammenzustellen, das einerseits die Massendimension würdigt, gleichzeitig aber auch besonders kreative Leistungen in der Nische erkennt.

Wie viele sollen denn eigentlich zuschauen?

Die Zuschauerinnen und Zuschauer müssen den Fernsehpreis erstmal wiederentdecken. Daher wäre es vermessen, eine Erwartungshaltung zu definieren. Wir werden sicher nicht alles richtig machen, aber freuen uns über Kritik und Anregungen, um es in Zukunft noch besser zu machen.

Herr Lacher, vielen Dank für das Gespräch.