Die Gewinner des Goldenen Günter 2017
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Zweifelhafter Medienpreis" geht an
die Verleihung der Goldenen Kamera (Funke Mediengruppe / ZDF).
Was für ein gelungener Coup! Bei der Verleihung der Goldenen Kamera im März entlarvte das Team von „Circus Halligalli“ die Wertlosigkeit dieser von Gebührengeldern finanzierten Preisverleihung der Funke Mediengruppe: Sie boten über eine erfundene Agentur Ryan Gosling als Gast der Verleihung an - aber nur, wenn ihm auch ein Preis verliehen werden würde. Und was geschah dann? Ist die Goldene Kamera quasi käuflich? In der Tat. Kurzerhand wurde eine Kategorie für ihn geschaffen, doch auf die Bühne kam dann bekannterweise nur ein Doppelgänger. Dass die Funke Mediengruppe danach ernsthaft die Trophäe zurückforderte, setzt der Peinlichkeit die Krone auf. Nachdem vor Jahren schon der Integrations-Bambi für Bushido einen Goldenen Günter erhielt, darf sich jetzt auch die zweite Verlagspromotion im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über die Auszeichnung freuen.
(Foto: ZDF)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Journalismus deluxe" geht an
die Bauer Media Group und ihre „TV Movie“.
Journalistische Bankrotterklärung der Bauer Media Group: Als das Medienmagazin DWDL.de im Januar beim Verlag nachfragt, wie die „TV Movie“ bereits eine Filmkritik inklusive Wertung zu „Fifty Shades of Grey 2“ veröffentlichen konnte, obwohl der Film der Presse vorab noch gar nicht gezeigt wurde, bestreitet die Pressestelle nicht einmal, dass das Werk nicht gesehen wurde. Aufbauend auf einem exklusiven Interview, „bekannten Fakten über die Dreharbeiten sowie öffentlich verfügbaren Hintergrundinformationen seitens der Produzenten entstand der Kurzbericht zum Film.“ Zudem seien Inhalte des zweiten Teils durch die Romanvorlage und den bereits veröffentlichten Trailer schon bekannt. Soll niemand sagen, er sei nicht gewarnt: „TV Movie“ urteilt über Produktionen, die man noch gar nicht gesehen hat - und findet das auch voll okay.
(Foto: Bauer Media Group)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Beleidigung des Jahres" geht an
den ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzenden Thomas Ebeling.
„Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen. Das ist eine Kernzielgruppe, die sich nicht ändert.“ Im Rahmen einer Telefonkonferenz mit Analysten nach der Bekanntgabe von Geschäftszahlen ist Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media SE, bei der Verteidigung des werbefinanzierten Fernsehens über das Ziel hinaus geschossen. Die Aufregung war groß, extern aber auch im eigenen Haus. Dort weiß man: Ein Freund der klaren Worte war Ebeling immer schon. Vier Tage später kündigte er nach verheerendem Echo auf seinen Ausrutscher den vorzeitigen Abschied aus dem DAX-Konzern an.
(Foto: ProSiebenSat.1)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Sprachlosigkeit des Jahres" geht an
den Burda-Vorstand Philipp Welte.
Wir haben uns offenbar alle schon so sehr an die üblichen deutschen Wohlfühlkonferenzen gewöhnt, dass eine legitime Frage von Klaas Heufer-Umlauf bei der Moderation der Medientage München für einen vielsagenden Moment der Fassungslosigkeit bei Burda-Vorstand Philipp Welte sorgte. Ob er eigentlich einen Wettbewerbsvorteil bei Alternative Facts habe, weil sein Verlagshaus sich ja auch mit Yellow Press beschäftige, wollte Heufer-Umlauf wissen. Die Frage erwischte Welte auf dem falschen Fuß. Erst Sprachlosigkeit, dann ein misslungener Gag und schließlich die gegenüber Heufer-Umlauf herablassende Äußerung „Sie kommen vom Fernsehen, Sie kennen sich mit Journalismus nicht so aus“. Wie schnell ein Manager aus dem Konzept kommt, wenn man ihn daran erinnert, mit welchem Schund sein Unternehmen Geld verdient. Das ist einen Goldenen Günter wert.
(Foto: Medientage München)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Schwindel des Jahres" geht an
Discovery Channel und Michael Phelps.
Es sollte das große Highlight der diesjährigen „Shark Week“ werden - jener Woche im Jahr, in der der Discovery Channel sich seit Jahren intensiv mit Haien, dem Ökosystem unserer Meere und dem Umweltschutz beschäftigt: Rekord-Olympionike Michael Phelps tritt zum Wettschwimmen mit einem Hai an. Ein monumentaler Wettkampf wurde angekündigt, den sich so zuvor niemand getraut hatte. Die Presse bekam die Doku im Vorfeld nicht zu sehen - aus gutem Grund. Denn die vermeintliche Sensation entpuppte sich als Schwindel: Phelps trat gegen einen CGI-Hai an. Denkt man einen Moment darüber nach, wäre alles andere auch unverantwortlich gewesen. Aber die Superlative von Discovery suggerierten das Unglaubliche. Entsprechend wütend waren die Zuschauer nach der Ausstrahlung der Doku, die eine Stunde lang auf den Wettkampf hinarbeitete - nur um am Ende ein vom Computer simuliertes Rennen zu zeigen.
(Foto: Discovery Channel)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Homophobie" geht an
die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Als Deutschland im Sommer überraschend die Ehe für alle bekam, erschien in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ein Kommentar unter dem Namen oder Pseudonym Johannes Gabriel. Darin hieß es: „Und ist es wirklich so abwegig, was manche Gegner der Homo-Ehe behaupten, dass adoptierte Kinder ungleich stärker der Gefahr sexuellen Missbrauchs ausgeliefert sind, weil die Inzest-Hemmung wegfällt und diese Gefahr bei homosexuellen Paaren besonders hoch sei, weil die sexuelle Outsider-Rolle eine habituelle Freizügigkeit erotischer Binnenverhältnisse ohne alle sexual-ethischen Normen ausgebildet habe?“ Der Text sorgte unmittelbar für Empörung, die man bei der „FAZ“ zunächst nicht verstehen wollte. Im September urteilte dann der Presserat: Die Behauptung, für die es keinen wissenschaftlichen Beleg gebe, stelle einen schweren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex dar.
(Foto: FAZ)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Flexible Prinzipien" geht an
den neuen LMK-Direktor Marc-Jan Eumann.
Wie offen die Wahl des neuen Direktors der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt wirklich war, wird noch die Justiz beschäftigen. Doch von der Wahl selbst und dem knappen Ergebnis für Marc Jan Eumann ganz abgesehen: Es hat schon Geschmack, wenn der ehemalige Medien-Staatssekretär aus Nordrhein-Westfalen nun in Rheinland-Pfalz ein Amt bekleidet, dem er sich selbst in NRW nicht würdig genug wäre. Unter Mitwirkung Eumanns wurde in NRW ein Gesetz verabschiedet, nach dem der Direktor der dortigen Landesmedienanstalt neuerdings Volljurist sein muss. Der damals amtierende LfM-Direktor Brautmeier musste aufgrund dessen seinen Posten abgeben. Von einer „Lex Brautmeier“ war die Rede. Eumann verteidigte die Änderung mit den hohen Ansprüchen des Amtes. Doch er selbst ist kein Volljurist. In NRW hätte er selbst also nicht werden können, was er in Rheinland-Pfalz nun ist.
(Foto: Land NRW)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Ehrlichster Kundenservice" geht an
den Sky-Kundenservice ("Somit haben wir Sie im Sack“)
Als sich ein Sky-Abonnent aufgrund des Verlusts der Übertragungsrechte an einigen Spielen der Fußball-Bundesliga auf ein Sonderkündigungsrecht beruft, wird der Kundenservice des PayTV-Anbieters frech: "Sie sehen dort Fußball, und nichts anderes. Daraus folgt – da Sie Bundesliga gebucht haben, und Bundesliga bekommen – haben Sie kein Sonderkündigungsrecht. Alles andere, wie zum Beispiel dieses Gerede um Verbrauchertäuschung und so, ist alles Kokolores ohne Relevanz, da Sie ja die AGB jederzeit aufrufen und lesen konnten. Sie haben die AGB bei Vertragsabschluss anerkannt, und Ihren Vertrag innerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist nicht widerrufen. Somit haben wir Sie im Sack.“ Sky entschuldigte sich für den Tonfall des Kundenservice und kündigte an, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu prüfen.
(Foto: Sky Deutschland)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "'Bild' sprach zuerst mit dem Toten" geht an
den Eilmeldungswahnsinn deutscher Medien.
Am 17. Januar diesen Jahres ist der zweite Versuch, die rechtsextreme NPD verbieten zu lassen, gescheitert. In Erinnerung bleibt dieser Tag allerdings auch als der, an dem reihenweise deutsche Online-Redaktionen im wahnsinnigen Wettkampf um die schnellste Eilmeldung eine Falschmeldung zum Urteil verbreiteten bevor sie überhaupt verstanden hatten, was Andreas Voßkuhle (Foto), Vorsitzender des Bundesverfassungsgerichts, zu erzählen hatte. Was war passiert? Den Anträgen auf ein NPD-Verbot wurde stattgegeben. Dies deuteten zahlreiche Medien falsch - war damit schließlich nur der Antrag gemeint und nicht die Entscheidung des Gerichts darüber. In Zeiten, in denen der Journalismus mehr denn je um sein Ansehen kämpft, haben hier dutzende deutsche Redaktionen der Verlässlichkeit im Rausch des Tempos einen Bärendienst erwiesen.
(Foto: Phoenix)
Der Goldene Günter 2017 in der Kategorie "Beleidigte Leberwurst" geht an
den Abgang des Mehmet Scholl.
Weil er während des Confed-Cups in Russland nicht über den russischen Doping-Skandal sprechen wollte, wie es die Redaktion plante, verließ Mehmet Scholl im Juni als beleidigte Leberwurst das Studio. Das war nicht kollegial und offenbarte ganz nebenbei ein zweifelhaftes Verständnis seiner Rolle. Vielleicht mag sich Scholl als eine Art Redaktionsleiter gesehen haben, als er das Weite suchte. De facto verpflichtete ihn die ARD zwar wegen seiner Meinung – aber eben zum Spiel und nicht zu redaktionellen Inhalten. Die endgültige Trennung von Scholl und ARD folgte wenig später.
(Foto: Das Erste)