Titelseiten-Check zum Tode von Helmut Schmidt

Der Tod von Helmut Schmidt bewegt und schockiert - und doch machten die in letzter Zeit bereits besorgniserregenden Schlagzeilen über seinen Gesundheitszustand und sein hohes Alter die Reaktionen der Redaktionen auf seinen Todesfall auf vielleicht zynische, aber durchaus übliche Weise planbar. Das Medienmagazin DWDL.de wirft einen Blick darauf, wie die deutschen Zeitungen am Tag danach den Altkanzler würdigen.
Die "Süddeutsche Zeitung" bleibt an diesem Tag in der Überschrift zwar klassisch, aber räumt Helmut Schmidt mit großer Bildoptik den Raum ein, den er verdient.

Wie so oft setzen die Boulevard-Zeitungen des Landes bei einem Thema, das die Nation bewegt, weit stärker auf Emotionalität. Schon am Dienstagabend verbreitete sich der Aufmacher des Kölner "Express". Das Schwesterblatt "Hamburger Morgenpost" hat die Zeile übernommen: Neben dem seitenfüllenden Bild des Altkanzlers steht die vielleicht schönste Zeile zum Tod von Helmut Schmidt: "Jetzt erklärt er Gott die Welt". Eine rundum gelungene Würdigung für die Zielgruppe einer Boulevardzeitung.

Ähnlich gut ist es auch der Berliner "B.Z." aus dem Hause Axel Springer gelungen. Altkanzler Helmut Schmidt in seiner bekanntesten Pose: Als denkendes, rauchendes Gewissen der Nation. Das große Bild wird begleitet mit vergleichsweise viel Text ohne dass es stört - allen voran dank der wunderbaren Überschrift "Rauche in Frieden, alter Kanzler".

Bildgewaltig und auch noch in Farbe: Das "Hamburger Abendblatt" sticht mit seiner Titelseite zweifelsohne hervor. Es ist eine willkommene Abwechslung zur üblichen Traueroptik in schwarz-weiß. Schön auch: Die 24 Sonderseiten umfassen auch die wichtigsten, alten Titelseiten der Zeitung zu den großen Momenten in Schmidts Leben.

Das "Handelsblatt" widmet dem Tod von Helmut Schmidt ebenfalls gleich mehr als 20 Sonderseiten in der Mittwochsausgabe. Bemerkenswerter aber ist die Titelseite der sonst selten emotional ergriffenen Wirtschaftszeitung. Die monumentale Aufmachung wird dabei erfreulicherweise durch die überaus gelungene Bildauswahl in positivem Sinne gebrochen: Das verschmitzte Lächeln des Altkanzlers löst auch beim Leser ein wohltuendes Schmunzeln aus.

Im Süden der Republik ist die Optik der Titelseite nicht der Rede wert: EIn bisschen Trauer in schwarz, dazu aber ein farbiges Foto. Schön an der Titelseite der Münchener "Abendzeitung" ist der Mut zu einer Überschrift wie "Sein Rat wird uns fehlen". In einer Zeit der Eilmeldungen und Push-Benachrichtigungen braucht die Zeitung am nächsten Morgen eine Deutung. Hier wurde sie geliefert.

Erschreckend einfallslos zeigt sich die "Bild" an diesem Mittwoch: Statt einer kreativen Headline oder interessanten Optik setzt man allein auf monumentale Größe. Oberhalb des Bruchs wirkt es an den Kiosken des Landes auch so, doch zusammen mit Beckenbauer in der unteren Hälfte wirkt die Titelseite von Deutschlands größter Boulevardzeitung verglichen mit anderen Medien erstaunlich uninspiriert.

Zurück zu den gelungenen Titelseiten an diesem Morgen: Mit einer ungewöhnlichen Bebilderung und der schönen Überschrift "Friede seiner Asche" nimmt die "taz" aus Berlin Abschied von Altkanzler Helmut Schmidt. Während "Express" und "Hamburger Morgenpost" die schönste Zeile zum Abschied liefern, so beeindruckt diese Titelseite durch die bei aller Trauer erfrischendste Optik. Sie schafft es, der Tragik ein Lächeln abzugewinnen.

Diese Titelseite fällt auf: Die "Welt Kompakt" verzichtet wie auch die "taz" auf ein Foto des verstorbenen Altkanzlers und setzt dafür auf eine starke Headline und eine aufgeräumte und damit besonders stark wirkende Titelseite. Hanseatisch nüchtern, könnte man es nennen. Den "kompakten" Kollegen gelingt damit eine bessere Titelseite als den Kollegen der großen "Welt" die weitaus traditioneller, unaufgeregter daher kommen.

Von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist nicht viel Emotionalität zu erwarten. Das ist okay. Doch während die "Süddeutsche Zeitung" es im Rahmen der Erwartungen an eine Qualitätszeitung dennoch den Raum geschaffen hat, die Meldung vom Ableben Helmut Schmidts herauszustellen, fehlt dies hier. Noch dazu gibt es eine in vielfacher Hinsicht gestrige Überschrift: "Helmut Schmidt gestorben".

Wenn sich Journalisten keine Gedanken machen, kommt so etwas heraus: Die "WAZ" aus der Funke Mediengruppe ist so einfallslos, dass es weh tut. Schwarzer Hintergrund, farbiges Foto. Dazu die gestrige Überschrift "Trauer um Helmut Schmidt". Hier hätte eine Orientierung etwa an der Münchener "Abendzeitung" gut getan, die zeigt, wie eine Regionalzeitung sich ein Stück weit mehr Emotionalität erlauben kann.

Die "Zeit" erscheint am Mittwoch mit einer Sonderausgabe. "Zeit Extra" widmet sich auf 28 Seiten dem Leben und Wirken von Helmut Schmidt, der von 1983 bis zu seinem Tod auch einer der Herausgeber der Wochenzeitung war. Ist die Titelseite über dem Bruch noch sehr klassisch gehalten, fragt Chefredakteur Giovanni di Lorenzo darunter "Wie geht das - ohne ihn?". Es ist ein starker Text.

Und zum Abschied noch ein Beispiel aus der Kategorie "Schön gedacht, schlecht umgesetzt": Der "Berliner Kurier" hat sich eine schöne Zeile gefunden, doch das Layout dieser Titelseite schmerzt. Wechselnde Schriftarten. Mal mit, mal ohne Schatten. Unglücklich platziert. Eine leider sehr stümperhafte Umsetzung.