Der Goldene Günter 2011: Hier sind die Gewinner

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Verantwortungslosigkeit des Jahres" geht an
Hubert Burda Media für den Integrations-Bambi an Bushido
Begründung der Jury: Courage, Anstand und Verstand spielt bei Hubert Burda Media keine Rolle, wenn es darum geht, billige PR für die seit Jahren nicht mehr ernstzunehmende Bambi-Verleihung zu bekommen. Ein Integrations-Bambi für Bushido - das hielt Jury-Chefin Patricia Riekel offenbar für eine gute Wahl. Gelobt wurde der Rapper von der Jury für sein "respektvolles Miteinander". Die Laudatio hielt Peter Maffay, der sich inzwischen jedoch von Bushido distanzierte. Bei Burda beschämt das niemanden. Der PR-Effekt war alles, was zählt. Wie schon damals, als man Tom Cruise ausgerechnet für Courage auszeichnete.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Unverschämtheit des Jahres" geht an
Vera Int-Veen und Imago TV für "Mietprellern auf der Spur"
Begründung der Jury: Man mag schon geahnt haben, dass bei so mancher Dokusoap gerne mal nachgeholfen wird - doch der Eindruck, den das an die "Bild"-Zeitung zugespielte Roh-Material zur RTL-Sendung "Mietprellern auf der Spur" vermittelte, ließ Moderatorin Vera Int-Veen in ganz schlechtem Licht dastehen. In einer Folge soll sie sich gemeinsam mit ihrem Kamerateam Zutritt zur Wohnung einer schwerbehinderten Frau verschafft haben. Obwohl es deren ebenfalls behinderter Sohn nicht erlaubte, folgte die Moderatorin ihm in die verwahrloste Wohnung. Pikant: Im Fernsehen wird aus dessen "Nein" ein "Ja" geschnitten. Schließlich wird es dem 17-Jährigen zu viel - um seine Flucht zu verhindern, forderte Vera Int-Veen ihr Team dazu auf, dem Jungen zu folgen: "Hinterher, Leute! Kommt! Hopp, hopp, hopp! Bewegt euch! Hopp, hopp, hopp!", rief sie und kommentierte all das lachend mit dem Wörtchen "Geil". Der Schnittredakteur wurde nach Auftauchen des Videos als Bauernopfer gefeuert, doch die Liste der Verlierer ist lang: Von RTL als "Helferin mit Herz" positioniert, kommt Int-Veen alles andere als gut weg - ein Image-Desaster für die Moderatorin, aber auch für RTL und die Produktionsfirma Imago TV.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Fehleinschätzung des Jahres" geht an
ZDF-Chefredakteur Peter Frey
Begründung der Jury: "Eine Übertragung der elf Minuten langen Mubarak-Rede wäre im übrigen eine Zumutung gewesen", rechtfertigte ZDF-Chefredakteur Peter Frey im Februar die mangelhafte ZDF-Berichterstattung über die Anfänge der Revolution in Ägypten. Eine Woche später jedoch, bei der nächsten Mubarak-Rede, war die ARD dann fast 20 Minuten live drauf. Man unterbrach extra das "Star Quiz" und erzielte mit Mubaraks Rede die höchste Einschaltquote des Abends - 6,2 Millionen Zuschauer sahen jenes "Tagesthemen Extra". Das Publikum strafte den ZDF-Chefredakteur Lügen, der in dieser Situation als erster Journalist auf dem Lerchenberg ein merkwürdiges Verständnis von umfassender Berichterstattung bewies.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Interview des Jahres" geht an
Frank Elstner für sein Gespräch mit Lena Meyer-Landrut
Begründung der Jury: Frank Elstner, der Erfinder von "Wetten, dass..?" und deshalb - trotz reihenweise Flops - so etwas wie ein Heiliger im deutschen Fernsehen, lieferte in der Vorberichterstattung zum Eurovision Song Contest im Ersten ein Interview zum Fremdschämen. Das im Rahmen des ESC-Countdowns gezeigten Gespräch mit Lena Meyer-Landrut glänzte Elstner erst mit falschen Fakten, dann mit einem Tonfall, der nicht nur seine Gesprächspartnerin nervte. Das war keine Glanzstunde von Elstner, der immerhin beim Sommer-"Wetten, das..?" wieder demonstrierte, dass er noch nicht ganz zum alten Eisen gehört.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Peinlichkeit des Jahres" geht an
Die Jury des Henri-Nannen-Preises
Begründung der Jury: Eigentlich hielt "Spiegel"-Redakteur René Pfister seinen Preis für die beste Reportage bereits in den Händen - ärgerlich, dass es sich dabei gar nicht um eine Reportage, sondern um ein Porträt über Horst Seehofer handelte, das noch dazu eine Passage über die Modelleisenbahn des bayerischen Ministerpräsidenten enthielt, von der er nur vom Hörensagen wusste. Pfister war sich jedenfalls keiner Schuld bewusst, als er noch während der Preisverleihung zugab, die Bahn nie wirklich gesehen zu haben. Die Folge: Er musste den Henri-Nannen-Preis zurückgeben. Was bleibt, ist vor allem Unverständnis über die Jury: Warum wurde ein Politikerporträt überhaupt für den Reportagepreis nominiert und schließlich zum Sieger erkore?. Förderlich für das Ansehen des Preises war das jedenfalls ganz sicher nicht.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Kampagnenjournalismus des Jahres" geht an die
Medienseiten der "SZ" und "FAZ"
Begründung der Jury: Nicht erst mit der Berichterstattung über die Verleger-Klage gegen die "Tagesschau"-App wurde ersichtlich, welche Agenda die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die "Süddeutsche Zeitung" beim Thema Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk haben. Schamloser Kampagnenjournalismus im Interesse des eigenen Verlages ersetzt das, was mal unabhängiger Qualitätsjournalismus war. Höhepunkt des Jahres: Ein gänzlich unkritisches "Interview" mit RTL-Chefin Anke Schäferkordt in der "SZ" gegen den gemeinsamen Gegner ARD/ZDF.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Aussage des Jahres" geht an
Andreas Bartl
Begründung der Jury: Vielleicht gibt es einfach zu viele Interpretationsmöglichkeiten seiner Aussage: Als Andreas Bartl Ende September die Geschäftsführung von Sat.1 an Joachim Kosack abgab, tat er dies mit den Worten: "Als ich Sat.1 übernommen habe, habe ich versprochen, ein bestelltes Haus zu übergeben. Ich habe den Eindruck, es ist so weit." Doch dieses "bestellte Haus" sorgte in diesem Jahr für so viele E-Mails an die DWDL.de-Redaktion wie kein anderes Thema - denn in Unterföhring selbst schien man diese Einschätzung des TV-Vorstandes der ProSiebenSat.1 Media AG nicht ganz zu teilen. Dass der erste Monat nach Bartls Übergabe auch noch der schlechteste Sat.1-Monat seit viele Jahren war, bekräftigte das. Immerhin: Inzwischen erholt sich Sat.1 wieder.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Anstalt des Jahres" geht an den
Mitteldeutschen Rundfunk
Begründung der Jury: Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll und wo es - nach bisherigem Kenntnisstand - aufhört. Der MDR machte der Bezeichnung Anstalt jedenfalls alle Ehre. Erst gab es ein Skandal beim an den MDR angedockten Ki.Ka, dann kam der Fall des inzwischen fristlos gekündigten Unterhaltungschef Udo Foht und seines dubiosen Netzwerks. Schließlich ergab eine vom MDR selbst eingesetzte Prüfkommission, dass es über Jahre reihenweise Pannen und Versäumnisse gab - und zu allem Übel tanzte das MDR-Fernsehballett im Oktober auch noch für Tschetscheniens Diktator. Was für eine Anstalt.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Nervigstes Thema des Jahres" geht an
Die "Wetten, dass...?"-Nachfolgedebatte
Begründung der Jury: Über Monate hinweg kannte der Medien-Journalismus bei Themenarmut oder vermeintlich gesicherten Informationen in diesem Jahr nur ein Thema: DIe Zukunft von "Wetten, dass..?". Mal wurde über die Zukunft des Formats an sich diskutiert, mal über die Frage, wer auf Gottschalk folgen könnte. Nach Hape Kerkelings Absage dann verkehrte sich der Wahnsinn ins Gegenteil: Plötzlich wurde es schick abzusagen, obwohl man nie gefragt worden wäre. Schuld daran ist in erster Linie das ZDF, dem selbst die XXL-Abschiedstournee von Thomas Gottschalk nicht lang genug war, um die Nachfolge-Debatte zu beenden. Stattdessen werden die Spekulationen bis heute am Kochen gehalten.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Nazi-Skandälchen des Jahres" geht an
Ken Jebsen bzw. Radio Fritz
Begründung der Jury: Über zehn Jahre lang moderierte Ken Jebsen für den RBB-Sender Fritz die auf ihn zugeschnittene Radioshow KenFM. Am 6. November jedoch fiel die Sendung kurzfristig und zunächst ohne Erklärung aus. Am Tag danach hieß es, es gebe Antisemitismus-Vorwürfe gegen Moderator Ken Jebsen - angetrieben vom Publizisten Henryk M. Broder, der eine private Mail des Moderators an einen Hörer veröffentlichte. Am 9. November verkündete der RBB: Jebsen darf unter Auflagen weiter moderieren. Genau zwei Wochen später ruderte man jedoch zurück: Die Auflagen habe Jebsen nicht eingehalten, deswegen beende man die Zusammenarbeit. Aber nicht nur das: Stefan Warbeck, der seit 2005 Programmchef bei der Jugendwelle des RBB war, erklärte mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt, da er jetzt erst gemerkt habe, was da überhaupt über den Sender ging. Dass ein Programmchef sein Programm eigentlich kennen sollte, war bei Fritz offenbar optional. Ken Jebsen bestreitet im Übrigen alle Vorwürfe.

Der Goldene Günter 2011 in der Kategorie "Verzweiflung des Jahres" geht an
Die Klage gegen die "Tagesschau"-App
Begründung der Jury: Die "Tagesschau"-App macht den Verlegern Angst. Wer an die Qualität seiner eigenen Produkte nicht glaubt, muss die Schuldigen eben woanders suchen: Da wird eine "Tagesschau"-App zum Aufreger, die jedoch nicht mehr bietet als die mobile Website der "Tagesschau" schon seit vielen Jahren. Das ist den Verlegern bisher nur nicht aufgefallen. Doch jetzt, wo sie - und nur sie - in Apps die Rettung für ihre Geschäfte sehen, stört ein gut gemachtes gebührenfinanziertes Angebot. Man könnte Leser natürlich auch mit Leistung überzeugen. Doch das liegt deutschen Verlegern seit vielen Jahren fern. Niemand jammert so schön und regelmäßig.