Man nehme bestens bekannte und beliebte Franchises aus dem Kino, produziere eine Serien-Adaption für den eigenen Streaming-Dienst, fertig ist der Erfolg? Das klingt nach einem einfachen Erfolgsrezept, in das man gar nicht allzu viel Hirnschmal stecken müsste, Disney stellte aber schon bei der Star-Wars-Serie "The Mandalorian" unter Beweis, dass man sich durchaus viele Gedanken gemacht hat, wie eine starke Serien-Umsetzung aussehen könnte - und heimste dafür nicht nur starke Abrufzahlen, sondern auch tolle Kritiken und viele Emmy-Nominierungen ein. Und ähnliches gelang nun auch mit "WandaVision", der ersten Realserie aus dem Marvel Cinematic Universe.
Die Serie fungiert dabei teils wie eine Hommage an vergangene TV-Zeiten, die ersten Folgen sind etwa komplett im Stil einer Sitcom der 50er in Schwarz-Weiß gedreht und versetzt die beiden Hauptfiguren Wanda und Vision als Superhelden in eine vermeintliche Vorstadt-Idylle. Danach geht's in die 70er, es wird farbig und so weiter. Gleich 23 Nominierungen sammelte diese außergewöhnliche Produktion ein, konnte in den Creative-Arts-Kategorien allerdings erst drei davon in eine tatsächliche Auszeichnung umwandeln, während "The Queen's Gambit" aus seinen insgesamt 18 Nominierungen bereits neun Preise gemacht hat.
Die Netflix-Serie über eine Waise, die in den 50ern in einem Heim ihr Talent fürs Schachspiel entdeckt und im damals männerdominierten Sport trotz Medikamenten- und Alkoholabhängigkeit eine Karriere bis an die Weltspitze hinlegt, hat dabei - ebenso wie "WandaVision" - noch in sechs weiteren Kategorien die Chance auf eine Auszeichnung, darunter natürlich als beste Miniserie selbst. In direkter Konkurrenz treten dabei auch die beiden Hauptdarstellerinnen an: Anya Taylor-Joyn in der Rolle der Schachspielerin Beth Harmon und Elizabeth Olsen, die in "WandaVision" noch mehr Seiten der Figur Wanda Maximoff zeigen konnte als in den "Avengers"-Filmen.
Anya Taylor-Joy hat schon bei den Critics Choice Awards, den Golden Globes und Screen Actors Guild Awards abgeräumt, hat hier aber nicht nur starke Konkurrenz durch Elizabeth Olsen, auch mit Kate Winslet ist natürlich zu rechnen. Sie ist die einzige im Rennen, die 2011 schon einmal einen Emmy gewann (damals für "Mildred Pierce"), nun ist sie in der Rolle der Kleinstadt-Polizistin Mare, deren Leben in der HBO-Serie "Mare of Easttown" nicht ganz so verlief wie erhofft und die sich im Zuge der Ermittlungen in einem Mordfall der eigenen Vergangenheit stellen muss, nominiert. Komplettiert wird das Feld von Cynthia Erivo, die in der National-Geographic-Serie "Genius: Aretha" die Rolle der Aretha Franklin übernahm, sowie Michaela Coel aus "I May Destroy You". Coel spielt in der Serie eine junge Schriftstellerin, die nach einer Vergewaltigung versucht, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen.
"Mare of Easttown" und "I May Destroy You" sind neben den schon erwähnten "The Queen's Gambit" und "WandaVision" auch im Rennen um den Emmy als "Outstanding Limited or Anthology Series". Das Quintett wird hier komplettiert von "The Underground Railroad" von Prime Video. Die Serie spielt in der Zeit um 1800 und porträtiert Menschen, die im Süden der Vereinigten Staaten versuchen, der Sklaverei zu entkommen. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Colson Whitehead.
Bei den männlichen Hauptdarstellern ist von den nominierten Miniserien nur "WandaVision" in Person von Paul Bettany vertreten, er hat aber namhafte Konkurrenz unter anderen durch Hugh Grant für seine Rolle in "The Undoing" und Ewan McGregor, der in der Netflix-Serie "Halston" Aufstieg und Fall des gleichnamigen amerikanischen Modedesigners so authentisch dargestellt hat. In den Personen-Kategorien werden die Mini-Serien mit Filmen zusammengemixt, die beiden weiteren Nominierungen entfallen daher mit Lin-Manuel Miranda und Leslie Odom Jr. auf einen Film - nämlich das Musical "Hamilton", das es den Academy-Mitgliedern so angetan hat, dass in den Nebendarsteller-Kategorien insgesamt gleich fünf Nominierungen darauf entfielen, also fast das gesamte Ensemble die Chance auf einen Emmy hat.