Sind die 70th Primetime Emmys am Montagabend für eine Überraschung gut? Vier nominierte „Limited Series“ hoffen darauf und kämpfen in dieser Kategorie in Abwesenheit von HBO-Produktionen gegen den klaren Favoriten „American Crime Story: The Assassination of Gianni Versace“ von FX, allerdings zeichnete sich schon vergangenes Wochenende mit vier Preisen die Liebe der Academy-Mitglieder für die Produktion von Ryan Murphy ab. Aber kann die zweite Staffel von „American Crime Story“ den Erfolg der Staffel über den Fall O.J. Simpson auch in der Werkskategorie wiederholen?

Zu denen, die das gerne verhindern würden, gehört u.a. die Netflix-Serie „Godless“, die in Deutschland eher unter dem Radar flog. Die siebenteilige Westernserie aus der Feder von Scott Frank, der auch Regie führte, spielt im späten 19. Jahrhundert. Bei denn Creative Arts Emmys ging die Produktion fünf Mal leer aus, konnte aber den Emmy für den besten Titelsong gewinnen. Die u.a. mit Jeff Daniels und Michelle Dockery („Downton Abbey“) besetzte Serie hat bei der TV-Gala noch sechs Chancen auf eine Trophäe.

Die drei weiteren nominierten Produktionen - „The Alienist“ (TNT), „Genius: Picasso“ (NatGeo) und „Patrick Melrose“ (Showtime) - haben zwei Gemeinsamkeiten: Sie sind stark und mit deutscher Beteiligung entstanden, was per se kein Qualitätskriterium ist, aber aus deutscher Sicht natürlich Spannung in diesen vermeintlichen Nebenschauplatz bringt. Am offensichtlichsten ist die Beteiligung bei „The Alienist“. Die Hauptrolle der Serie, die in Deutschland bei Netflix unter dem Titel „Die Einkreisung“ verfügbar ist, spielt Daniel Brühl.

Er selbst ist nicht nominiert, aber die Serie als Ganzes. Anfangs von Kritikern durchwachsen bewertet, erwies sich „The Alienist“ für den US-Kabelsender TNT die Staffel hindurch als konstant erfolgreiche Serie, so dass der Publikumsliebling in eine zweite Staffel gehen wird. Bei den Creative Arts Emmys war die Serie fünf Mal im Rennen und konnte letztlich den Emmy für „Outstanding Special Visual Effects in a Supporting Role“ gewinnen. Eine verdiente Auszeichnung für ein stimmungsvolles Period Drama. Mit nur der einen Nominierung als beste Limited Series ohne flankierende Nominierungen in weiteren Kategorien, wäre ein Sieg definitiv eine große Überraschung.

„Genius: Picasso“ war der zweite Ausflug von Nat Geo ins fiktionale Feld und ein Volltreffer. Eine faszinierende Produktion. Schon „Genius: Einstein“ wurde mit zahlreichen Nominierungen bedacht, gewann aber keinen Emmy. Die zweite Staffel mit Antonio Banderas in der Hauptrolle gewann bei den Creative Arts Emmys schon zweifach für Sound Mixing und Cinematography. Letztere verantwortete der gebürtige Münchener Mathias Herndl. Kommt zusammen mit dem Team noch der Preis als beste Limited Series dazu?

Showtime und Sky hätten sicher was dagegen. Sie drücken die Daumen für die europäisch-amerikanische Koproduktion „Patrick Melrose“ mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle und in der Tat ist die fünfteilige Miniserie der schärfste Konkurrent für „American Crime Story: The Assassination of Gianni Versace“ und kann gleich mehrfach hoffen: Auf einen Emmy für das beste Buch, die beste Regie und die beste Hauptrolle sowie eben als beste Limited Series. Regie führte übrigens Edward Berger. Der in Berlin lebende Wolfsburger hatte zuletzt an „Deutschland 83“ gearbeitet. Gerade die gewagte Visualität und Inszenierung des manischen Titelhelden prägt „Patrick Melrose“ und macht Berger damit zu einem der Favoriten in seiner Kategorie.