John Oliver, Trevor Noah und Samantha Bee - gibt es da nicht noch mehr? Aber natürlich. Auch in diesem Jahr sind erwartungsgemäß einige der meistgesehenen LateNight-Shows im Rennen um die Auszeichnung, aber ausgerechnet NBC - in diesem Jahr Ausrichter der 70th Primetime Emmys - ist außen vor. Hoffnungen machen können sich „Jimmy Kimmel live!“ von ABC und die beiden CBS-Shows „The Late Show with Stephen Colbert“ sowie „The Late Late Show with James Corden“. Doch letztgenannter geht als Außenseiter ins Rennen um den Emmy in dieser Kategorie.

James Corden und sein Team werden es verkraften können: Sie wurden bereits vergangene Woche mehrfach ausgezeichnet für ihre Innovationen, einmal „Carpool Karaoke - The Serie“, die Apple den ersten Emmy in der Firmengeschichte einbrachte. Und „James Corden’s Next James Corden“, ein Format für Snapchat, räumte ebenso ab. Diese beiden Erfolge sind für viele Beobachter im Umkehrschluss das Argument, warum Corden in der Königskategorie auch diesmal leer ausgehen wird: Er punktet mit Aktionen und SpinOffs und hält sich als Brite aus der Kommentierung der US-Politik weitgehend raus.



Trevor Noah kennt da keinen Zurückhaltung. Der Comedian aus Südafrika war ein Noname als er 2015 nach dem Ausscheiden von Jon Stewart das schwere Erbe der „Daily Show“ antrat. Zuvor wurde wild über die Nachfolge spekuliert - niemand hatte einen Trevor Noah auf dem Zettel. Es dauerte einige Monate, in denen mancher Noah schon gescheitert sah, bis der heute 34-Jährige seinen Stil gefunden hat. Stärker als sein Vorgänger setzte er aufs Web und die internationale Ansprache, ohne wichtigen Themen oder Aufregern der US-Politik aus dem Weg zu gehen. Gerne spielt Noah die Karte des Eingewanderten, der sich über den Status Quo in den USA wundert.

Seit Herbst 2015 liefern sich Trevor Noah und der von Comedy Central zu CBS gewechselte Stephen Colbert ein Rennen um die politischste Late Night Show im US-Fernsehen. In der öffentlichen Wahrnehmung ein ungleiches Duell: Colbert ist der Quoten-König der Late Night, Noah nach Einschaltquoten ein kleineres Licht, aber genau hier hilft die Digitalstrategie der „Daily Show“ und hat so dafür gesorgt, dass die Comedy Central-Show nach drei Jahren Pause wieder verdient zurückgekehrt ist ins Feld der Nominierten. Colberts Erfolg beim Publikum macht ihn beinahe zu einem der Favoriten, doch sein Stil polarisiert auch. Etwas aus der Reihe tanzen Favorit „Last Week Tonight with John Oliver“ (HBO) und „Full Frontal with Samantha Bee“ (TBS). Beide Shows sind wöchentliche Late Night-Formate.

Und dieses Genre hat John Oliver beeindruckend geprägt und wurde dafür zu Recht bereits mit Preisen überhäuft. Bei den Buchmachern ist Oliver der klare Favorit in dieser Kategorie, doch es stellt sich die Frage: War er auch in den vergangenen 12 Monaten so prägend? Oder sind sein Stil und seine stärksten Stücke von davor nur so gut in Erinnerung? Trevor Noah könnte ihm dieses Mal gefährlich werden. Oder auch Samantha Bee, die als einzige Frau im Rennen einen neuen Stil in die US-Late Night gebracht hat: Voll auf die Zwölf, Full Frontal eben. Arbeiten andere mit Understatement und herablassender Bissigkeit, nicht so Bee und ihr Team: Sie regt sich auf, so eloquent wie lautstark.

Und „Jimmy Kimmel Live!“? Nun, ein Publikumsliebling und Everybody’s Darling. Immer und immer wieder nutzt er die Plattform seiner Show auch, um Amerika ins Gewissen zu reden. Einzelne Aktionen (etwa zu Halloween) haben auch schon für große Aufmerksamkeit gesorgt. Doch auch 2018 droht Kimmel ein Opfer der politischen Lage zu werden: Mit einem US-Präsident Donald Trump ist die Late Night für viele US-Amerikaner ein dringend benötigtes Ventil, um den Irrsinn in Washington zu verarbeiten. Und da kann der insgesamt weniger politische Kimmel nicht immer punkten.

Trump, er schien einst als Segen für Comedy. Längst ist er zum Fluch geworden. „Es ist noch schlimmer geworden. Wir haben immer noch den gleichen Präsidenten!“, sagt Autorin Melinda Taub, die für „Full Frontal with Samatha Bee“ arbeitet. Ihr Autorenkollege Pat King ergänzt: „Ich wünsche mir manchmal es wäre langweiliger. Aber dann kommt wieder ein Tweet von Donald Trump.“ Aus dem vermeintlich dankbaren Comedy-Material dieses US-Präsidenten ist längst ein Problem geworden, auch aus Sicht von Late-Night-Autoren. Wenn die Realität selbst immer häufiger eine groteske Form annimmt, fällt es schwerer, noch Ansatzpunkte für einen Witz zu finden.

Und das Klima für Comedy ist rauer geworden. Über sich und die eigene Haltung lachen zu können, hätten manche fanatischen Anhänger des US-Präsidenten längst verlernt, wie Autoren mehrerer nominierter LateNight-Shows bei den Creative Arts Emmys im Gespräch mit DWDL.de beklagen. Die Empörungsspirale über früher selbstverständliche Gags ist eskaliert. Längst wird - ganz wie US-Präsident Donald Trump es auch mit unliebsamen Medien macht - versucht mit Boykotten oder Kündigungsforderungen einen Shitstorm auszulösen. Und das verwickelt ein Land in lähmende Pseudo-Debatten und früher undenkbare Diskussionen über selbstverständliches, wie ein Autor von „Last Week Tonight with John Oliver“ beklagt.

Das Team der „Daily Show with Trevor Noah“ profitiert zwar von der hochpolitischen Lage. Aber auch im Gespräch mit Autorinnen und Autoren der Comedy Central-Show kommt zur Sprache, was Alison Camillo, Produzentin von „Full Frontal with Samantha Bee“ zusammenfasst: „Momentan sind da so viele Geschichten draußen, die wir uns gar nicht vornehmen können, einfach weil wir dafür keine Zeit haben, weil wir einen völlig unberechenbaren US-Präsidenten haben. Man kann ihn ja nicht mal zwei Tage aus den Augen lassen.“