Die Erschaffung einer puritanischen Gesellschaft im Hier und Jetzt war mit Blick auf das Produktionsdesign keine leichte Aufgabe. "Die Kleider der Frauen waren eine große Herausforderung. Sie sollten nicht wirken wie aus einem Period Drama, also haben wir um sie herum eine eigene Designsprache und einen Stil entwickelt, um eine moderne puritanische Welt zu erschaffen. Das Innere des Hauses mit all seinen drei Etagen wurde extra von meinem Team für die Serie erschaffen", erklärt Produktionsdesignerin Sophie Neudorfer im Gespräch mit DWDL.de. "Schwierig war dann, die passenden Locations für Außendrehs zu finden. Wir brauchten moderne Locations aus dem Hier und Jetzt aber ohne all die heutzutage üblichen Werbungen und Schriftzüge, um dann dort mit den klassischen Kostümen diesen modernen puritanischen Look von Gilead zu bekommen."



„The Handmaid’s Tale“ ist definitiv auch ein Showcase für Elisabeth Moss. Zum neunten Mal war sie für einen Emmy nominiert, zuvor meistens für ihre Rolle als Peggy in „Mad Men“, jetzt hat sie zum ersten Mal den Emmy auch gewonnen. Keine Frage: Sie trägt die Serie exzellent und der Preis ist das verdiente Lob für eine ungewöhnlich trittfeste Karriere. Trotzdem blieb ihre Auszeichnung nicht komplett ohne Kritik, denn manche werfen der Scientologin Moss vor, dass sie ihre Berühmtheit nutzt, um auf ihre Religion aufmerksam zu machen. Ausgerechnet als Sektenmitglied die Hauptrolle in einer Serie zu spielen, die vom Auflehnen gegen ein repressives System handelt, sei verlogen, argumentieren sie. Moss selbst schweigt meist zu ihrer Religion und ist in den USA deutlich weniger öffentlich mit Scientology verbunden als beispielsweise ihre männlichen Kollegen Tom Cruise und John Travolta.

Auf Anbieterseite markiert „Handmaid’s Tale“ den Durchbruch der Streamingplattform Hulu auf dem umkämpften Markt der Eigenproduktionen. Es ist nicht die erste, aber die erste von diesem Kaliber. Bisher hatte die Nummer drei im Markt der SVoD-Angebote hinter Netflix und Amazon Prime vor allem mit jenen Fernsehsendungen gepunktet, die am Tag nach der Ausstrahlung bei den großen Networks dort gebündelt zu finden waren. Mit diesem Konzept war Hulu vor zehn Jahren gestartet. Weil aber immer mehr Sender ihre eigenen Plattformen aufbauen, hat Hulu die Strategie angepasst und setzt seit einiger Zeit schon auf eigenen Content als Mittel zur Differenzierung. „The Handmaid’s Tale“ ist das erste Prestige-Projekt für Hulu.

Und es soll erst der Anfang sein. Es mangelt, wie auch bei Netflix und Amazon Prime, nicht an hochkarätigen Projekten in Vorbereitung. „The Looming Tower“ mit Alec Baldwin und Jeff Daniels über den 11. September 2001 steht genauso in den Startlöchern wie Seth Rogen’s Science-Fiction Comedy „Future Man“ und die Weltraumbesiedelungsserie „The First“ von „House of Cards“-Mastermind Beau Willimon. Interessanter Unterschied zwischen Hulu und seinen Wettbewerbern: „The Handmaid’s Tale“ wurde nach der Veröffentlichung der ersten drei Folgen danach wöchentlich fortgesetzt. Auch hier probiert die Plattform also mehr aus als die Konkurrenz, die interessanterweise aber auch längst Zweifel bekommen hat, ob die Veröffentlichung ganzer Staffeln auf einen Schlag die klügste Variante ist.

Obwohl „The Handmaid’s Tale“ in den intellektuellen Zirkeln an Ost- und Westküste der USA großes „Must See“-TV wurde, ist sie ein vermuteter Nischen-Erfolg. Zahlen zur Nutzung gibt auch Hulu nicht heraus. Aber mit ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz und der dem Thema eigenen Schwere ist sie nicht unbedingt für die breite Masse gemacht. So haben auch deutsche Free-TV-Sender die Serie zwar als höchst interessant bewertet, aber im werbefinanzierten Umfeld als schwer verdaulich eingestuft. So nutzt jetzt Telekom Entertain TV Serien den Emmy-Abräumer als aufmerksamkeitsstarken Start. Das On-Demand-Angebot kann allerdings nur von Kunden des Telekom-Festnetzanschlusses Entertain genutzt werden. Mit Abstand könnte die Serie dann aber noch den Weg ins frei empfangbare Fernsehen schaffen.