Doch wer denkt, dass dies nur einige gut einstudierte Sprüche für die Fernsehzuschauer sind, der irrt. Auch später im Pressezentrum stellen die Journalisten ungewöhnlich kritische und politische Fragen - und viele Stars sind weiter in passender Stimmung, um über die gesellschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit nachzudenken. Das ist in diesem Jahr ein echtes Unikum, denn wer jemals bei einer solchen Preisverleihung dabei war, weiß, wie selten gehaltvolle Antworten in diesem Umfeld sind.
„Wir sind am 30. September wieder auf Sendung und werden dort weiter machen, wo wir aufgehört haben. Ich habe schon gesagt, dass ich zur Verfügung stehe“, sagt auch hier ein kämpferischer Alec Baldwin, längst noch nicht bereit zum Aufgeben. „Die Leute sind überwältigt. Eine kritische Masse von Menschen akzeptiert noch immer nicht, wo wir stehen und jeden Tag bestätigt der Mann dieses Gefühl,“ sagte Baldwin über Trump. „Ich habe das Gefühl, ein Blitzableiter für diese Menschen zu sein. Sie sind sehr frustriert, verwirrt und sie empfinden Schmerz.“
Wie kompliziert Trump die Arbeit bei „SNL“ macht, erklärt später Kollegin auch Kate McKinnon, die vier Tage nach der Wahl im vergangenen Jahr als klavierspielende Hillary Clinton eine der berührendsten TV-Szenen des Jahres lieferte. „Einige Male haben wir noch in der Nacht zuvor umgeschrieben, es war häufig wie ein Wettrennen gegen die Zeit“, sagt sie.
„Master of None“-Erfinder Aziz Ansari und Autorin Lena Waithe werden erneut auf ihre Ausnahmeposition angesprochen - sie als erste farbige Frau, die den Preis fürs Comedy-Drehbuch gewann; er wegen seiner Stellung im Showbusiness als US-Amerikaner mit indischem Hintergrund. „Ich hoffe einfach, dass die Entscheider sehen werden, dass Publikum auf solche Stoffe positiv reagiert und dass es sie anregt, mehr davon zu produzieren.“
Auch Vertreter des großen Drama-Gewinners des Abends verankerten ihre Serie in US-amerikanischer und internationaler Politik. „Die Menschen überall sind besorgt, dass ihre Regierungen Dinge tun, die sie nicht akzeptieren können“, sagt Bruce Miller nach seinem Drehbuch-Preis für „The Handmaid’s Tale“. Dass das zugrunde liegende Buch bereits dreißig Jahre alt ist, tut dem keinen Abbruch, denn Teile der Serie spielen auch in der heutigen Gegenwart. „Wir wollten die Serie in der Jetztzeit verankern, damit sie Menschen berührt“, so Miller im Gespräch mit DWDL.de.
Direkt prädestiniert für Trump-Kritik ist natürlich das Team der Politsatire „Veep". Immer wieder betonten sie auch wieder auf dem rotem Teppich, wie sehr es sie irritiere, dass die Realität ihre aufgedrehte Comedy überholt habe. Backstage verraten sie auf DWDL.de-Frage dagegen, welchen Teil der Show sie gerne einmal in der Realität sehen würden. Die Antwort zielt erneut auf Donald Trump: „Wenn Selina in der Serie bei etwas Schlimmen erwischt wird, dann wird sie wenigstens tatsächlich bestraft“, gibt Produzent David Mandel zurück.
Ob all das in Summe vielleicht doch zu viel Trump-Kritik war, wird die Branche in den nächsten Tagen entscheiden. Aber wirklich übel nehmen kann man es den Showautoren nicht, denn sie haben schon während der Show vorgebaut. Als Seth Meyers und James Corden den Preis für den besten Nebendarsteller in einer Comedy vergaben, machten sie sich über den üblichen Award-Smalltalk unter den Stars lustig. Angeblich saugten sich da alle einfach was aus den Fingern, egal, wie albern und oberflächlich. Der Spruch, mit dem Corden seinen Kollegen am meisten aus der Reserve locken wollte? „Dieser eine Spruch von Dir darüber, wie mies Trump ist? So erfrischend!“