Wenn es um die Bemühungen internationaler Streamingdienste hinsichtlich lokaler Eigenproduktionen geht, dann winken Vertreter eingesessener deutscher Medienhäuser gerne ab und verweisen darauf, wie wenig dort doch produziert werde, wenn man es mit dem enormen Output deutscher Sender vergleicht. Um so bemerkenswerter ist, wie hoch der Anteil an wahrhaft Preiswürdigem ist, der dabei heraus kommt.
Fürs deutsche Content-Team von Netflix unter der Führung von Katja Hofem war es in dieser Hinsicht ein wirklich herausragendes Jahr, das schon im Januar damit begann, dass die von Edward Berger für Netflix inszenierte Neuauflage von „Im Westen nichts Neues“ die meistnominierte Produktion bei den BAFTA Film Awards in Großbritannien war, wenig später zudem satte neun Oscar-Nominierungen einheimste – und letztlich auch sieben BAFTA-Awards und vier Oscars mit nach Hause nahm, darunter den Preis für den besten internationalen Film. Damit war es das meistprämierte deutsche Werk der Filmhistorie bei diesen beiden Auszeichnungen.
Doch neben einem Oscar konnte eine deutsche Netflix-Produktion in diesem Jahr auch einen Emmy gewinnen, einen International Emmy um genau zu sein. Die von Sommerhaus Serien produzierte Sisi-Serie „Die Kaiserin“ von Showrunnerin Katharina Eyssen schaffte es, die aus deutscher Sicht schon fünf Jahre anhaltende Durstrecke bei dieser Verleihung endlich zu beenden und den Preis als beste Serie abzuräumen.
Nun mag man einwenden, dass Netflix-Produktionen es auf internationalem Parkett immer etwas einfacher haben, weil sie von vornherein ja weltweit verfügbar und damit wohl auch etlichen Jurorinnen und Juroren schon bekannt sind, doch in diesem Jahr räumte Netflix im fiktionalen Bereich auch auf nationaler Bühne ab. Den Grimme-Preis gab’s in diesem Jahr nicht nur für „Kleo“, sondern auch für „Queer Eye Germany“. Und beim Deutschen Fernsehpreis gab’s in der Fiction geradezu Netflix-Festspiele.
„Kleo“ wurde dort als beste Drama-Serie ausgezeichnet, „King of Stonks“ war aus Sicht der Jury die beste Comedy-Serie, mit Jella Haase („Kleo“) und Philip Froissant („Die Kaiserin“) gingen obendrein auch noch die Schauspiel-Preise sowie die Auszeichnungen in den Kategorien Schnitt („King of Stonks“) und Ausstattung („Die Kaiserin“) an Netflix-Produktionen.
All diese Auszeichnungen gebühren in erster Linie natürlich den Kreativen, die die Produktionen konkret zu verantworten hatten. Doch Katja Hofem und ihr Team haben offensichtlich vieles richtig gemacht, wenn sie so vielen preisgekrönten Werken eine Bühne und Heimat bieten. Wenn Netflix nun international also die Marschroute ausgibt, mehr auf Klasse statt Masse setzen zu wollen, dann könnten die Kolleginnen und Kollegen ja vielleicht schonmal in Deutschland vorbeischauen – da hat das zuletzt nämlich offenbar schon ziemlich gut geklappt.