Während fast alle globalen Riesen im Mediensektor derzeit auf Sparkurs sind, ihr Wachstumstempo und ihre Belegschaften verringern, scheint Fred Kogels Strategie weiterhin nur eine Richtung zu kennen: aufwärts. Nach der Übernahme der preisgekrönten Berliner Produktionsfirma Hyperbole Medien ("13 Fragen", "Germania") im ersten Halbjahr langte er im vierten Quartal beim Doku-Spezialisten Gebrüder Beetz Filmproduktion und beim Animationsstudio Toon2Tango zu. So wie der Kogel-Konzern Leonine Studios die Logos seiner Tochterfirmen und Labels auf der Website angeordnet hat, sind es mittlerweile zu viele, um sie noch auf einen Blick ohne Scrollen erfassen zu können.
Mit einem geschätzten Umsatz zwischen 350 und 400 Millionen Euro im laufenden Jahr ist Leonine der deutschen Konkurrenz im Produktions- und Programmvertriebssektor ein Stück davongelaufen. Mit seinem Hauptgesellschafter, dem US-Finanzinvestor KKR, hat CEO Kogel zweifellos eine langfristige Wachstumsfinanzierung ausgemacht, so dass von der Kapitalseite her keine großen Überraschungen zu befürchten sind. Freilich kann er sich nicht völlig von einem TV- und Streaming-Markt abkoppeln, der auf Sättigung und Rezession mit verminderter Programmakquisition reagiert. "Mehr denn je wird es darauf ankommen, eine gute Nase für die richtigen Nischen zu haben und Qualität auf höchstem Niveau abzuliefern", analysierte DWDL.de im Juli die Leonine-Performance.
Die Bestandsaufnahme gilt nach wie vor. Und man kann Kogel attestieren, dass er seine Übernahmeobjekte genau danach auswählt, statt einfach nur irgendwie zu wachsen. Die Gebrüder Beetz haben im Herbst mit ihrer True-Crime-Serie "Reeperbahn Spezialeinheit FD65" einmal mehr unter Beweis gestellt, wie gekonnt sie aufwendige deutsche Stoffe für ein verwöhntes internationales Doku-Publikum aufbereiten. Die strategische Minderheitsbeiteiligung an Toon2Tango wiederum zahlt auf den Bedarf und die relative Krisensicherheit im Segment Kids- und Family Entertainment ein. Schon zuvor hatten Hyperbole und die Inhouse-Neugründung Madame Zheng Production für eine Stärkung der Zeitgeist-Komponente mit sozial-relevanten und divers angelegten Inhalten gesorgt.
Dabei lockt Kogel nicht nur mit der gut gefüllten Brieftasche, sondern ganz offensichtlich auch mit einer attraktiven Talent-Einbindung ins Leonine-Geflecht. "Niemals wären wir Teil eines Konzerns geworden, in dem wir am Ende des Tages zu einer Werkbank degradiert worden wären, die zwischendurch noch die Umsetzung diverser Katalogformate voranbringen soll", berichtete etwa Reinhardt Beetz im Oktober im DWDL.de-Interview. "Bei Leonine ist das anders. Wir freuen uns, Teil einer sehr dynamischen Gruppe zu sein mit all ihren kreativen Köpfen und Firmen, die schon heute in ihr vertreten sind."
In diesem Zusammenhang horchte die Branche auch auf, als Benjamin Benedict, einer der engsten Weggefährten von UFA-Boss Nico Hofmann, im November als Geschäftsführer zur Leonine-Tochter W&B Television wechselte. Dort ist jetzt – zusammen mit Quirin Berg, Max Wiedemann und Oliver Vogel – ein echtes A-Team der deutschen Fiction versammelt, das allein in diesem Jahr die Wolfgang-Hohlbein-Verfilmung "Der Greif" für Amazon Prime Video, die Comedyserie "Greenlight – German Genius" für Warner TV, die zweite Staffel von "Para – Wir sind King", die dritte von "Der Pass", die neue ARD-Degeto-Reihe "Eva Schatz" und die neue Netflix-Fantasyserie "The Grimm Reality" produziert hat.
Die eindrucksvolle Liste dürfte Konzernchef Kogel über das hinwegtrösten, was 2022 schief gelaufen ist: Seine Amazon-Comedyshow "One Mic Stand" verfolgte zwar das theoretisch reizvolle Konzept, Promis zu Comedians weiterzubilden, scheiterte jedoch an der zähen, unentschlossenen Umsetzung. Und an den Kinokassen floppte der teure Roland-Emmerich-Katastrophenfilm "Moonfall". Alles in allem ist Kogel seinem strategischen Ziel, "in unseren Geschäftsfeldern [...] möglichst immer die gesamte Auswertungskette abzubilden", dennoch ein ganzes Stück näher gekommen. Eine gute Ausgangsbasis für Zeiten, in denen scheinbar allmächtige Streaming-Plattformen sich keine weltweiten Buyouts wie am Fließband mehr leisten können und die Rechtebestände von Independents wie Leonine umso wertvoller werden. Über das Joint Venture mit der französischen KKR-Beteiligung Mediawan fiel kurz vor Jahresende sogar noch die Mehrheit an Brad Pitts Produktionsfirma Plan B in den Schoß der Großfamilie.