Um mit dieser Ehrung zu beginnen, müssen wir zurück ins Jahr 2016 gehen. Damals nämlich untersuchte Prof. Dr. Elizabeth Prommer, Direktorin des Instituts für Medienforschung an der Uni Rostock, erstmals, wie es um die Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Fernsehen bestellt ist. Das 2017 vorgestellte Ergebnis war niederschmetternd und sorgte für eine breite Debatte in der Branche - und tatsächlich verbesserte sich in den Jahren danach einiges.
Viele Unternehmen, von Sendern bis hin zu Produktionsfirmen, haben sich das Thema Vielfalt auf die Fahnen geschrieben. Doch manchmal ist es eben gut, wenn man ein gutes Gefühl noch einmal auf seinen Wahrheitsgehalt abklopft. Und deshalb startete Prommer im vergangenen Jahr eine weitere Untersuchung - und legte sie sogar noch größer an. Es ging nicht mehr nur um die Anzahl von Frauen auf dem Bildschirm, sondern auch um die Sichtbarkeit von behinderten Menschen sowie die Vielfalt anhand weiterer Kriterien (sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft).
Die vor einigen Wochen vorgestellten Ergebnisse sind ernüchternd: Die Situation hat sich im Vergleich zu 2016 zwar in einigen Punkten leicht verbessert, noch immer aber herrscht in vielen Bereichen eine große Unwucht. Frauen sind nach wie vor unterrepräsentiert, vor allem in der non-fiktionalen Unterhaltung und im Kinderfernsehen. Hinzu kommt: Unterrepräsentiert im deutschen Fernsehen sind queere Menschen und Personen mit sichtbaren Behinderungen. Und auch in Sachen Migrationshintergrund und ethnische Herkunft hinkt das Fernsehen der Realität noch weit hinterher.
Elizabeth Prommer hat der Branche mal wieder den Spiegel vorgehalten. Es ist schon viel erreicht in Sachen Vielfalt? Pustekuchen. Die Zahlen zeigen zwar einige kleinere Verbesserungen in bestimmten Bereichen, nach wie vor herrscht aber ein großes Ungleichgewicht. Dass dieser Fakt nun auf dem Tisch liegt, ist Prommer und ihrem Team zu verdanken, das die Studie durchgeführt hat. Dass sich mehr tun muss, darüber waren sich bei der Vorstellung der Studienergebnisse auch alle einig.
Wichtige Stimme für mehr Vielfalt
Wie angesehen Prommer und ihre Arbeit ist, zeigt auch die Tatsache, welche Unternehmen sich hinter der Vielfaltsstudie versammelt haben. Unterstützt wurde die Untersuchung von ARD, ZDF, RTL Deutschland, ProSiebenSat.1, der Film- und Medienstiftung NRW, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, der FFA, dem FFF Bayern sowie der MaLisa-Stiftung von Maria Furtwängler. Mit ihrer jüngsten Studie hat Prommer, ähnlich wie schon 2017, eine Debatte über Diversity in der Branche angestoßen. Sei es beim Thema Geschlechtergerechtigkeit oder beim Alter von Personen vor der Kamera und Menschen mit Behinderungen.
Prommer hat es sich zum Ziel gemacht, den Wandel der Branche mit Zahlen und Fakten zu begleiten. Das macht sie übrigens, ganz im Geiste der Zeit, sehr wissenschaftlich: Mit Fakten, Zahlen und ohne große Emotionen. Das hilft der Debatte, die ja auch immer eine emotionale ist, weil allen voran Männer manchmal um Job, Standing und Einfluss fürchten. Neben den zwei großen Studien zum Thema Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt hat sich Prommer in der jüngeren Vergangenheit auch noch mit der Equality im Streaming und Frauen in der Corona-Berichterstattung beschäftigt. Damit ist Elizabeth Prommer eine wichtige Stimme für mehr Vielfalt im Fernsehen - sowohl vor als auch hinter der Kamera.