Sebastian Pufpaff wirkt auf den ersten Blick ein bisschen wie Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer. Gut, die gibt es nicht mehr, ergo, setzen wir nochmal neu an: Er sieht mit seiner verschmitzten Seriosität aus als gehöre er zur Standardkonfiguration jedes öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsprogramms, noch dazu ausgestattet mit einem Namen wie gemacht für Comedy. Dabei ist das Leben des Sebastian Pufpaff gar nicht lustig. Geboren wurde er an der Seitenlinie rheinischer Frohnaturen im beschaulich abseits gelegenen Troisdorf, schaffte es später ins ziemlich vergleichbar aufregende Bad Honnef. Und heute? Da moderiert Pufpaff bei 3sat, so etwas wie der audiovisuellen Seitenlinie des tatsächlich gesehenen Fernsehens.
"Noch nicht Schicht" heißt das kleine Fernsehformat, das deswegen zu viele Menschen erst noch kennenlernen müssen. Aber Pufpaff, 3sat und die Pandemie machen es möglich: Sein Humormagazin geht wie der Lockdown in die Verlängerung, was ohne weitere Ausreden die Gelegenheit bietet, dieses Comedy-Highlight des Jahres noch für sich zu entdecken. Nicht alles am Lockdown ist also schlecht. Danke 3sat. Und während man sich bei TVNow und ZDFneo glücklos an Neuinterpretationen von LateNight-Formaten probiert und dabei augenscheinlich mehr in die Kulisse als den Inhalt investierte, wählte 3sat für Pufpaff einen anderen Weg: Kein Geld für Kulisse - und eigentlich auch nur wenig mehr für Inhalt. Reicht aber. "Noch nicht Schicht", montags bis donnerstags um 22.25 Uhr, ist Fernsehen aus dem Homeoffice, eine One-Man-Show.
Pufpaff liefert bei 3sat (und in der Mediathek natürlich) genau jenen StandUp zum Tagesgeschehen, den alle Fans klassischer LateNight seit dem Vorruhestand von Harald Schmidt vermissen - und das in einer lange nicht mehr erlebten Präzision und trotz widriger Umstände: Kabarettisten wie Pufpaff leben auf der Bühne schließlich von den Reaktionen des Publikums, die nicht nur Bestätigung sondern oft Taktgeber sind. Nicht selten ist der Tonfall des zurückschallenden Gelächters sogar entscheidend für den nächsten Gag. Doch zuhause applaudiert ihm niemand, was keinerlei Aussage über sein Privatleben sein soll. "Noch nicht Schicht" ist einfach erdacht und gemacht für diese Situation. Tagesaktuelle Kommentierung des Wahnsinns im Lockdown und darüber hinaus. Von all den spontanen TV-Ideen, die bei der ersten Welle der Pandemie ausprobiert wurden, ist "Noch nicht Schicht" das Highlight, wenn auch ein kleines.
Als im Herbst das Lockdown-Leid, nein Moment, der Lockdown Light wieder vor der Tür stand, grüßte Pufpaff schon im Windschatten. So wie wenn an Weihnachten die unerträgliche Verwandtschaft vor der Tür steht, aber uns dieser eine im Schlepptau mitkommende lustige Onkel von hinten winkend daran erinnert, dass nicht alles schlecht ist. Das macht Sebastian Pufpaff jetzt wieder von Montag bis Donnerstag, ist damit zwar noch immer nicht täglich on air aber immerhin frischer geröstet als das Zeug von Raab. Und es gibt mehr zu gucken als anderswo: Die Kulisse seiner Sendung aus dem Home-Office ist ein sich täglich wandelndes Wimmelbild der schlechten Wortspiele. Bei so viel Liebe zum Detail in so kleinem Rahmen - da geht dem LateNight-Junkie auf Entzug das Herz auf - und das Zwerchfell schüttelt sich.
Einem größeren Publikum wird Pufpaff vermutlich durch Gastauftritte in der "heute show" bekannt geworden sein, dabei ist er auch schon seit mehr als acht Jahren und sechzig Folgen Gastgeber von "Pufpaffs Happy Hour", eine der wenigen regelmäßigen Bühnen im deutschen Fernsehen für Kabarett und StandUp-Comedy. Dort begann seine Karriere als Komiker auf zweitem Bildungsweg. Im Fernsehen ist er vor 16 Jahren dann zunächst falsch abgebogen Richtung Teleshopping, hat es aber dann von RTL Shop zu 3sat geschafft. Im ZDF-Hauptprogramm war er 2019 kurz mit "Geht doch" zu sehen, doch zu seinem Vorteil kann sich daran nun kaum noch einer erinnern. Mit "Noch nicht Schicht" gehört ihm endlich allein die Bühne, die im Grunde keine ist - aber werden sollte. Wenn Deutschland einen weiteren LateNight-Host verdient, dann Sebastian Pufpaff. Nur im ZDF, da gibt es jetzt halt diesen Böhmermann im Hauptprogramm. Bleibt also abzuwarten, wann wer Pufpaff endlich einwechselt: Von der Seitenlinie des Fernsehens in den Angriff. Treffsicher ist er längst.