Austria-Update vom 26. Februar
ORF-Boss selbstkritisch: Impf-Lotterie war "Fehler"
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Nach einem Anschlag in Villach werden die dortigen Faschingsveranstaltungen eingedampft, das hat auch Auswirkungen auf den ORF. Außerdem: Der frühere ORF-Chef Alexander Wrabetz wird als möglicher Finanzminister gehandelt und der aktuelle Chef des Unternehmens gibt sich selbstkritisch.
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Alexander Wrabetz
Nachdem sich die Regierungsbildung nun schon mehrere Monate zieht, sieht es so aus, als würden ÖVP, SPÖ und Neos doch noch einen Durchbruch erzielen, nachdem eine erste, mehrwöchige Gesprächsrunde zwischen den Parteien Anfang Januar gescheitert war. Noch gibt es nicht viele Informationen, eine Personalie aber lässt aufhorchen. So ist mittlerweile ziemlich klar, dass die SPÖ erstmals seit vielen Jahren das Finanzministerium führen wird. Als Minister wird, neben anderen, der ehemalige ORF-Chef Alexander Wrabetz gehandelt. Der ist aktuell unter anderem Präsident des Fußballvereins Rapid Wien - und wurde in den vergangenen Wochen immer wieder als möglicher Medienminister in Stellung gebracht. Verschiedene Medien berichten aber, dass SPÖ-Parteichef Andreas Babler etwas gegen die Personalie Wrabetz haben könnte, weil der ihm mittelfristig seinen Posten streitig machen könnte. Mit der mächtigen Wiener SPÖ hat Wrabetz allerdings den wichtigsten Landesverband der Partei hinter sich, dort könnte man laut "Kronen Zeitung" aber wohl auch Peter Hanke für das Amt vorstellen - ein Vertrauter des Wiener Bürgermeisters. Klar ist: In der SPÖ gibt es ein hartes Tauziehen um den Posten - und Alexander Wrabetz ist gewillt, den Schritt in die Politik zu gehen. Ob es in der kommenden Regierung gelingt, entscheidet sich wohl schon in den kommenden Tagen.
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Noch bevor sich eine neue Regierung formiert hat, gibt es aber immerhin teilweise gute Nachrichten von der Film- und Serienförderung Fisa+, die zuletzt aufgrund der langen Koalitionsverhandlungen in schweren Turbulenzen war (DWDL.de berichtete). So haben sich Wirtschafts- und Finanzministerium jetzt auf eine Freigabe von Geldern geeinigt. Rund 35 Millionen Euro an Förderungen können nun an solche Produktionen ausgeschüttet werden, die noch im vergangenen Jahr einen Antrag gestellt hatten, das bestätigte das Wirtschaftsministerium gegenüber dem "Kurier". Betroffen waren hier unter anderem "SOKO Linz" oder auch "Braunschlag". Die schlechte Nachricht: Weil die bestehenden Förderrichtlinien Ende 2024 ausgelaufen sind, können Produzenten auch weiterhin keine neuen Anträge stellen. In der Produktionslandschaft wurde der Durchbruch für die Anträge aus 2024 mit Erleichterung aufgenommen - gleichzeitig herrscht eine gewisse Nervosität, weil es für die Zukunft noch Unklarheiten gibt.
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Welche Pläne ÖVP, SPÖ und Neos genau in Sachen Medienpolitik haben, ist noch nicht klar. Am Dienstag aber berichtete "Der Standard" mit Verweis auf Verhandlungskreise, das zwei Dinge schon ziemlich sicher seien. So soll der ORF-Beitrag bis 2029 eingefroren werden. Demnach sei auch keine Inflationsanpassung geplant. Das war schon einmal Plan der Parteien, damals warnte der ORF vor umfassenden Streichungen im Programm und bei den Stellen sowie beim Orchester. Zumindest bei den Programmen und dem Orchester soll es laut "Standard" nach dem Willen der Politik aber keine großen Kürzungen geben - was das für die Anzahl der ORF-Mitarbeitenden bedeutet, muss sich erst noch zeigen. Darüber hinaus wollen die künftigen Koalitionäre wohl die Ausgaben der Regierung im Bereich der Werbung zurückfahren.
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ORF-Chef Roland Weißmann ist in den vergangenen Tagen in gleich mehreren Interviews in Erscheinung getreten. So sprach er nicht nur mit dem "Standard", sondern auch in einem gemeinsam geführten Gespräch mit APA, "Kurier" und "Kleine Zeitung" - und dabei zeigte sich der ORF-Boss durchaus selbstkritisch. 2021 veranstaltete man eine sogenannte Impf-Lotterie (DWDL.de berichtete) - das sei vermutlich "nicht die beste Idee" gewesen, so Weißmann im "Standard"-Interview. Bei den anderen Medien sprach er von einem "Fehler". Man habe damit Menschen ausgegrenzt, die sich nicht hätten lassen impfen wollen. Zum ersten Corona-Lockdown, der sich bald zum fünften Mal jährt, wolle man nun verstärkt ins Gespräch kommen, unterschiedliche Meinungen zulassen und "uns selbst hinterfragen, reflektieren". Zu möglichen ORF-Plänen der neuen Regierung will sich Weißmann vorerst noch nicht äußern. Grundsätzlich sagt er: "Der ORF hat immer bewiesen, dass er mit Sparmaßnahmen umgehen kann. Ich bekenne mich zu einem sparsamen ORF. Irgendwann ist aber eine Grenze erreicht. Wenn noch einmal weitere 100 Millionen Euro dazu kämen, ginge das kurzfristig nur über Einsparungen beim Programm. Ist erst einmal etwas gestrichen, ist es in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten möglicherweise unwiederbringlich verloren." Einen Bedarf für Änderungen am Auftrag sieht Weißmann nicht.
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Wegen eines Anschlags in Villach mit einem Toten und mehreren Verletzten haben sich auch die Faschingspläne in der Stadt geändert - und mit ihr die geplanten TV-Ausstrahlungen. So wird es den traditionellen Quotenhit "Villacher Fasching" in diesem Jahr nicht geben, darauf haben sich Faschingsgilde und ORF geeinigt. Stattdessen ist am kommenden Dienstag zur besten Sendezeit in ORF 2 der Film "Griechenland" zu sehen, damit erzielte der Sender vor einem Jahr Traumquoten. Dennoch wird es Faschingssendungen im ORF zu sehen geben: Am kommenden Samstag zeigt man ab 20:15 Uhr "Narrisch guat", im Anschluss ist noch das "Bleiburger Faschingskabarett 2025" geplant.
Österreich in Zahlen
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In den zurückliegenden Wochen hat "Bauer sucht Frau" ATV traditionell hohe Quoten beschert, nun ist die Staffel zu Ende gegangen. Das Staffelfinale erreichte 245.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, das war die höchste Reichweite, die ATV in der gesamten Woche verzeichnete. In der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen waren außerdem sehr gute 12,6 Prozent Marktanteil drin. Insgesamt lag die gesamte Staffel im Schnitt sogar bei 14,1 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr entsprach das einem kleinen Plus in Höhe von 0,4 Prozentpunkten. Das Reichweitenplus fiel mit 17 Prozent höher aus, alle Folgen der von Arabella Kiesbauer moderierten Kuppelshow erreichten im Schnitt 275.000 Menschen.
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Richtig gut lief es in der vergangenen Woche für ProSiebenSat.1Puls4 zudem am Donnerstag, als die TV-Gruppe einen Tagesmarktanteil in Höhe von 30,5 Prozent erzielte. In der Primetime lief es mit 37,3 Prozent sogar noch besser. Geschafft hat man das unter anderem mit "Germany’s Next Topmodel", das bei ProSieben Austria 158.000 Zuschauerinnen und Zuschauer sowie 15,4 Prozent Marktanteil verzeichnete. Die erste Männer-Folge am Mittwoch sahen nur 111.000 Personen. Bei ATV holte "Mein Gemeindebau" am Donnerstag 6 Prozent bei einer Reichweite in Höhe von 92.000 und bei Puls 4 kam "2 Minuten 2 Millionen" auf 82.000 und 4,9 Prozent. Vor allem für das Gründerformat besteht damit aber noch ordentlich Luft nach oben.
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ORF 1 will den Montagabend bekanntlich vorrangig mit eigenproduzierter Fiction bespielen - und das hat zum Start in diese Woche richtig gut funktioniert. Die ersten beiden Folgen der neuen "Totenfrau"-Staffel erreichten beim Sender 540.000 und 511.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, beim Gesamtpublikum waren damit 20 und 19 Prozent Marktanteil drin. Damit lag ORF 1 auf einem Niveau mit ORF 2, wo die "Millionenshow" zur gleichen Zeit 551.000 Menschen unterhielt und dem Sender so 20 Prozent bescherte. Bei den 12- bis 29-Jährigen lag die erste neue Folge von "Totenfrau", das bei Netflix im März weiter geht (DWDL.de berichtete), übrigens bei hervorragenden 25 Prozent Marktanteil.
ORF-Boss selbstkritisch: Impf-Lotterie war "Fehler"
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