DWDL: Eine schöne Geschichte

Logo: NRWSuper-Idee: Ein eigenes Internet-Portal starten. Thomas Lückerath und Daniel Schneider haben sich nicht abschrecken lassen und einfach losgelegt. Das Internet-Portal DWDL (URL: http://www.dwdl.de) ist ein Insider-Tipp, nicht mehr, nicht weniger.

Auf den Seiten finden sich täglich aktualierte, kurze Artikel über Medien, mit Schwerpunkt auf TV. Aber auch Print und Internet werden abgedeckt. Neben den Meldungen gibt es Reportagen und Interviews. Inhaltlich drehen sich die Berichte um Reichweiten, Stars und Sternchen oder liefern Hintergründe zu Sendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" oder das Ende der Schmidt-Show.

Auch Interaktion ist eingebaut. In der Quotenliga kann man Einschaltquoten tippen und Punkte sammeln. Oder in den Foren mit anderen Zuschauern Meinungen austauschen, sowie an Umfragen oder Gewinnspielen teilnehmen.

Gegründet zu einer Zeit, in der man sich blutige Nasen holte
Gegründet wurde das Portal 2001, also zu einer Zeit, in der man sich mit solchen Ideen eigentlich nur eine blutige Nase holen konnte. Geld gab es für so etwas eh nicht.

Die Idee dazu hatten Thomas Lückerath aus Ratingen, der zuvor beim WDR, der Rheinischen Post und NBC Giga erste journalistische Erfahrungen gesammelt hatte und Daniel Schneider - der wußte, wie man so etwas programmiert.

Viele Journalisten denken über so etwas nach

Viele Journalisten - junge und ältere - denken derzeit ähnliches nach nach. Ein eigenes Format entwickeln, irgendwann und irgendwie unabhängig sein. Wirklich schwierig oder teuer ist das nicht. Wer Bescheid weiss, zieht sich aus dem "Open Source"-Bereich kostenlose Programmpakete in der Programmiersprache PHP und spielt das Ganze auf einen Server. Dann muss man ein oder zwei Wochen basteln - an Logos, Strukturen und Menüs, fertig ist das Webportal.

Ein Projekt, von dem eigentlich nur abraten kann

Foto: PixelQuelleSo verlockend das klingt: Nüchtern betrachtet muss man jedem Journalisten, der ein solches Projekt startet, einfach abraten. Lass es. Denn die Schwierigkeit liegt nicht darin, ein Portal zu starten, sondern darin, den eigenen Anspruch dann auch durchzuhalten und nicht selbstausbeuterisch viel Zeit zu verplempern.

Nachrichten im Web haben meistens Meldungs-Charakter und zwei bis drei Absätze sind schnell geschrieben, vor allem wenn man sich etwas
auskennt. Aber zwei, drei oder auch vier bis fünf Stunden gehen bei aktueller und zudem in Maßen exklusiver Berichterstattung aber eben doch jeden Tag drauf.

Vor allem dann, wenn man sich nicht einfach bei den anderen Diensten im Web bedient oder Pressemitteilungen weiterpumpt. Echte Recherchen zu Hintergründen sind ein Zeitfresser und meist nervig, weil man den Leuten hinterher telefoniert und ständig auf abwarten muss. Selbst wenn man sehr schnell tippt und geübt ist in der Weitergabe von Informationen, anstrengend ist die Arbeit auch, nach einigen Stunden ist man groggy.

Thomas Lückerath und einige andere, kostenlos arbeitende Freunde und Bekannte machen es trotzdem. Aus Interesse, aus Spaß, um selbst etwas
auf die Beine zu stellen. Schlafmützen sind die Autoren nicht, das haben sie erst im Dezember 2003 bewiesen. Am Wochenende, bevor alle Medien das Ende der Harald-Schmidt-Show meldeten, berichtete DWDL über die noch nicht erfolgte Vertragsverlängerung des Entertainers. Ein guter Riecher, gut recherchiert, ein schöner, kleiner "Scoop".

Frage ist immer: Wer soll für Nachrichten Geld bezahlen?

Dennoch bleibt die Frage: Wie soll man mit so einem Angebot jemals Geld verdienen? Wer schaltet Anzeigen in einem Medienportal? Wer übernimmt intern den Vertrieb? 99 Prozent solcher Projekte sind daher trotz viel guten Willens und hohem Zeiteinsatz auf Dauer zum Scheitern verurteilt.

Dieser Perspektive hat Thomas Lückerath Ausdauer entgegen gesetzt. Das Medienportal DWDL konnte seine Besucherzahlen Schritt für Schritt
steigern, im Oktober 2003 schauten sich pro Tag 3.700 Besucher die Seiten an, im Monat waren es 117.000 Visits. Einen Monat später schon knapp 130.000 - Mundpropaganda sorgt für weiteren Zulauf.

Solche Zahlen sind im Vergleich zu Heise, Spiegel Online oder RTL mit ihren Millionenzahlen wenig, aber es fängt an interessant zu werden. Denn die Ansprache und Bindung kleiner Zielgruppen ist im Web eine Art Guerilla-Strategie, um sich ein kleines Stück vom Kuchen zu sichern. Mittlerweile ist man immerhin schon in Sichtweite anderer Mediendienste, die es teils seit Jahren gibt.

Ausnahme von der Regel?

Auch beim Geld tut sich was: Schritt für Schritt nutzten die Macher ihre Kontakte zu den Sendern und schlossen Kooperationen mit Teletext-Anbietern. Erst für kein Geld, dann für ein bisschen. Leben kann man davon immer noch nicht.

Aber Thomas Lückerath und seine Kollegen bauen sich eine Perspektive auf. Später wird in solchen Fällen gern über den Erfolg über Nacht gejubelt, bei näherem Hinsehen hat der vermeintlich "rasche" Aufstieg dann zehn Jahre Vorbereitung gebraucht.

Wie und ob man mit Medien-News "richtig" Geld verdienen kann - auf diese Frage haben die Journalisten zudem immer noch keine wirkliche Antwort gefunden. Aber vielleicht geht es darum auch gar nicht, sondern um die Anwendung der Erfahrungen aus Phase 1 für die Phase 2.

Neu ist jetzt ein zusätzliches Portal, mit dem Namen DWDL-Reisen, dem "kleinen Bruder" des Mediendienstes. Thema sind Billigflieger. Tarife, Erfahrungen, News - das interessiert viele Leute und einen derartigen Info-Dienst gab noch es nicht. Und Sat.1 Text übernimmt die Nachrichten auf die eigenen Videotextseiten - ein Honorar gibt es wohl auch.

Offen ist dennoch die sich aufdrängende Frage: Wenn damit so wenig verdient wird, wie macht er es dann? Antwort: Geld verdient Lückerath als freier Mitarbeiter bei RP-Online, dem Webauftritt der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Außerdem studiert er. Was normal ist, denn er zählt erst 21 Jahre.