Wohin mit dem Hormonstau?

Wenn man neun völlig fremde (und zumindest aus biologischer Sicht der Klassifizierung "Mensch" angehörige) Lebewesen zusammen in einen überdachten Kamerapark mit begrenztem Mobilitätsfaktor sperrt kann vieles passieren. Sie könnten sich lethargisch in die nächste Ecke verziehen und auf der Jagd nach dem rettenden Herzinfarkt eine Fluppe nach der anderen durch die Lunge jagen.

Sie könnten sich aufgrund der ungewohnten Enge in wütende Berserker verwandeln, die mit ihren - ohnehin nur schwer kaputtbaren - Schädeln kurzerhand ein Loch durch die nächstbeste Wand trampeln. Und bei der Flucht vielleicht sogar noch das Glück haben, einen der sie umgebenden Kameramänner mit dem Mikrofonkabel an der nächstbeste "RTL II"-Litfaßsäulen aufknüpfen zu dürfen. Sie könnten sich aber auch kurzerhand gegenseitig aufessen. Womit uns allen geholfen wäre.

Doch all diese - als Gedankenspiel verführerischen - Varianten sind auch bei "Big Brother V" leider wieder einmal nicht eingetreten. Stattdessen halten sich die meisten Bewohner treu an die sechs wichtigen "S" der Fernsehunterhaltung: "Sex, Schlagzeilen, Sex, Schweinereien, Sex und das Schlachten junger, unschuldiger Tiere". Gemäß dieser "Big Brother"-erprobten Dogmen halten die männlichen Bewohner nun also schon in der ersten Sendewoche treu und pflichtbewusst ihre Fahnen hoch - während der Container-Chor freudig den Untergang des Abendniveaus anstimmt.

So würde Bewohnerin Sandra z.B. am liebsten ihre Striptease-Stange mit ins Haus nehmen. Neben ihrem zweijährigen Sohn selbstverständlich. Da soll noch einmal jemand sagen, die traditionellen Werte gehen langsam verloren. DAS ist Familie, wenn die Mama für den kleinen Sohnemann abends noch einmal so einen richtig schönen Lapdance aufs Porno-Parkett legt!

Anführer der Hormonrevolution: Sascha M. Der Mann mit dem einprägsamen Nachnamen hat es trotz "Survivor"-Status ohnehin schon jetzt so gut wie geschafft! Dank Legehennen-Architektur, Langeweile und nicht zuletzt einen durch Alter und Körperfarbenanzahl aus dem Fortpflanzungs-Raster fallenden Konkurrenten darf er sein Herz schon nach den ersten zwölf Freiluftstunden an das einzig verfügbaren weiblichen Exemplar verschenken.

Und da die kleine Sandra ihre Stange nun mal nicht mit ins Haus nehmen durfte greift sie eben zum nächstbesten, physisch gleichwertigen Ersatz. Doch im Gegensatz zur wesentlich authentischeren Tierwelt liegt das Problem der Paarung nicht etwa in der Reserviertheit des Weibchens - im Gegenteil! Stattdessen fühlt sich Männchen Sascha von den vielfältigen erotischen Reizen jenseits der Gitterstäbe offenbar hoffnungslos überfordert.

Wie ein Zaubertroll auf der Suche nach zwei prall gefüllten Krügen voll Gold hüpft er so zwischen dem sicheren Hafen und dem fernen Ozean ständig hin und her. Was passieren würde falls ihn die ferne Angebetete doch noch erhört? "Isch tät'se knall'n!". Die Antwort eines wahren Dichters.

Nach einem Wochenende vorgelebtem Sodom & Gomorrha ziehen nun (endlich!) auch die anderen Bewohner zaghaft nach. Franziska beschuldigt den neben ihr schlafenden Jerry des frevelhaften Vorwurfs der Onanie, die "Big Brother"-Leitung nimmt ihm daraufhin für eine Nacht die Bettdecke weg (vermutlich um sie bei 90° einmal ordentlich durchzuwaschen) und selbst die hessische Eichel Achim bespringt in einer schwachen Sekunde Sascha, den "Meister der Lexikone". Dieser wiederum würde am liebsten sofort den Zwinger wechseln - wer kann es ihm verdenken?

Wie wird das alles enden? Wird das "RTL II"-Team bald bewaffnete Wachen um das Haus postieren, um das gegenseitige Bespringen durch gezielte Blattschüsse unter Kontrolle zu halten? Oder müssen wir demnächst live und in Farbe mit ansehen, wie das Geschlecht von Sascha M. nach wochenlanger Anspannung spontan explodiert? Nur die Zeit wird es zeigen ... und davon gibt es im "Big Brother"-Haus zum Glück mehr als genug!