Grafik: DWDL.de; Logo: RTLDie Nachricht, dass Marco Weiss in der Türkei aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, kam überraschend und löste in Deutschland nahezu kollektive Erleichterung aus. Wie das in solchen Fällen aber so ist: Die Öffentlichkeit giert nach weiteren Informationen, möchte Marco sehen, möchte hören, was er selbst zu sagen hat. Angesichts dessen war es eine kluge Entscheidung, in einer Nacht- und Nebelaktion mit einer Privatmaschine zurück nach Deutschland zu fliegen und dort zunächst an einem unbekannten Ort unterzukommen. Offizielle Begründung: Marco wolle "dem Medienrummel entgehen".

Doch für einen, der diesem Medienrummel entgehen will, hat er eine erstaunliche mediale Dauerpräsenz bei RTL und dem dazugehörenden Nachrichtensender n-tv. Ein RTL-Reporter war - natürlich samt Kamera - dabei als Marco zurückflog, ein RTL-Reporter war dabei als Marco mit Vater und Anwälten anstieß, ein RTL-Reporter ist an seinem unbekannten Aufenthaltsort dabei. Und er dreht eine halbe Homestory. Ich weiß nun, dass Marco sehr gut drauf ist, dass er abends Billiard spielen will, auf welche Couch er sich gern lümmelt, wie der Tisch aussieht, an dem er isst und die Kerze, die darauf steht. Und morgen abend werde ich auch noch wissen, was Marco zu sagen hat, dann ist er nämlich im Exklusiv-Interview bei RTL, geführt von Markus Lanz, der sich durch die Moderation einer so seriös anmutenden Sendung wie "Explosiv" dafür qualifiziert zu haben scheint. Dort darf er in einer Schwerpunktsendung auch jetzt schon ausführlich über Marcos erste Stunden in Freiheit berichten.

Ich weiß nicht, wieviel Geld RTL dafür bezahlt hat, aber es muss eine gewaltige Summe sein, wenn man jemanden in diesem Umfang exklusiv an sich bindet. Dass er derzeit für andere Sender und Publikationen nicht sicht- und greifbar ist, dürfte den Marktwert noch deutlich in die Höhe getrieben haben. Ich will das auch gar nicht verurteilen - es ist das gute Recht von Marco und seiner Familie und vielleicht darf man das vermutlich hohe Honorar als eine Art Entschädigung ansehen. Doch man sollte dann vielleicht wenigstens nicht davon sprechen, dass man "dem Medienrummel entgehen" will - das wirkt nicht so ganz glaubwürdig.