Smart TV - das ist eines der großen Themen der diesjährigen ANGA Cable, also das Zusammenwachsen von Fernseh- und Internet-Inhalten auf dem Fernsehbildschirm. Dass das an Bedeutung gewinnen wird, stand unter den Diskutanten auf dem "Fernsehgipfel" zur Eröffnung des Kongress-Programms am Rande der Infrastruktur-Messe eigentlich außer Frage. Nun gilt es für alle Beteiligten - seien es die Fernsehsender oder die Netzbetreiber - darauf zu reagieren. Und da zeigte sich Michael T. Fries, President und CEO vom Unitymedia-Mutterkonzern Liberty Global, durchaus selbstkritisch.
Kabelnetzbetreiber seien gut darin, schnelle Leitungen zur Verfügung zu stellen oder gebündelten Zugang zu Inhalten zu ermöglich. Doch es gebe eben auch drei Dinge, bei denen man bislang versagt habe: Es sei bislang für die Kunden nicht oder kaum möglich, die Inhalte auch auf unterschiedlichen Geräten zu nutzen - etwa das TV-Programm auf dem iPad. Man sei darüber hinaus schlecht darin, Webinhalte und Apps auf dem Fernsehgerät anzubieten. Und die Benutzeroberfläche der bisherigen Set-Top-Boxen sei einfach schrecklich. Dort Dinge zu finden oder einzugeben sei momentan für den Nutzer harte Arbeit. Doch genau die müsse man dem Nutzer ersparen, vor allem angesichts der vielfältigen neuen Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, dass plötzlich die gesamte Welt des Internets auf dem Fernsehen nutzbar werde. Fries ist sich aber sicher, dass das Web nur bedingte Konkurrenz sei: "Niemand möchte tausende Möglichkeiten auf Millionen Seiten. Niemand will so hart arbeiten (um etwas zu finden)."
Das hätte er natürlich kaum zugegeben, wenn er nicht im gleichen Atemzug eine Lösung angekündigt hätte: "Horizon" heißt das Wunderwort aus dem Hause Liberty Global. Diese neue Box soll - wenn es nach Fries geht - all diese Probleme lösen. Das Problem ist nur: Angekündigt wird "Horizon" von Liberty und der deutschen Tochter Unitymedia schon seit langem. 2010 gab es schon erste Bilder der Box, im Vorfeld der ANGA Cable im vergangenen Jahr ließ man verlauten, sie werde "in Kürze" in mehreren europäischen Ländern starten. Nun ist der Start für das vierte Quartal 2012 angepeilt - allerdings noch nicht in Deutschland. Hier wird man sich wohl bis zum 1. Quartal 2013 gedulden müssen - falls man diesmal den Zeitplan einhält. Bleibt zu hoffen, dass "Horizon" bald endlich mehr sein wird, als nur die Verheißung einer besseren Zukunft.
Einstweilen ist man bei Unitymedia aber erst einmal vor allem mit der Übernahme von Kabel BW beschäftigt. Deren große Bedeutung für das Unternehmen betonte Fries dabei erneut - auch wenn die provokative Frage des ohnehin gut aufgelegten stern.de-Chefredakteurs Frank Thomsen, der als Moderator durch den "Fernsehgipfel" führte, lautete "Was bringt das eigentlich außer Entlassungen?". Fries entgegnete, dass zwar zehn Prozent der Stellen abgebaut würden, dass das aber nicht das Hauptziel des Zusammenschlusses sei. In diesem Geschäft sei vielmehr einfach eine gewisse Größe nötig sei, um effektiv und erfolgreich agieren und die technologische Entwicklung voranbringen zu können. Da war sich Fries wenig überraschend auch mit Manuel Cubero von Kabel Deutschland einig, dessen Unternehmen schließlich gerade dabei ist, Tele Columbus zu übernehmen. Hier steht noch die Genehmigung der Kartellbehörde aus, die sich Unitymedia schon mit weitreichenden Zugeständnissen erkauft hat. Die Kabelbranche, die Wettbewerber wie die Telekom und auch die Sender werden auch hier den Ausgang mit Spannung verfolgen.