Wenn es heißt, diese oder jene Person arbeite bereits seit 20 Jahren in der Medienbranche, geht man meist von älteren Damen oder Herren aus. Aber auch auf Klaas Heufer-Umlauf trifft dieser Umstand zu, begann er seine Karriere in den 00er Jahren doch einst noch bei Viva. Heute ist er allgegenwärtiger Entertainer und Produzent. "Fernsehjahre sind ein bisschen wie Hundejahre: Man altert schneller und vor allen Leuten", sagt er im Video-Podcast "40 Years On Air" von VAUNET und DWDL.de. Und natürlich hat er recht, wenn er sagt, dass er "vor allen Leuten erwachsen" geworden sei. 

Doch wie ist die Branche aus seiner Sicht gealtert? "Das Fernsehen sollte eigentlich sein wie Flugzeuge, die ja nicht altern, weil immer alles ausgetauscht wird, wenn es nicht mehr richtig funktioniert. Da kommt die Flugsicherung und kontrolliert, ob das Flugzeug noch fliegen darf. Ob das beim Fernsehen auch immer so funktioniert und wer diese Kontrollinstanz ist, weiß ich nicht genau." Für ihn, sagt Heufer-Umlauf, stand jedenfalls schnell fest, dass der Job im Fernsehen etwas Dauerhaftes sei. "Ab Tag eins bei Viva dachte ich: Das ist es jetzt."

Das sei aber nicht der realistischen Einschätzung der Zukunft geschuldet gewesen, sondern vielmehr seiner eigenen Naivität, erklärt der Moderator im Gespräch mit DWDL.de-Chefredakteur Thomas Lückerath. "Mir war klar, dass das nicht das Ende der Fahnenstange sein kann und ich mich darauf nicht ausruhen darf. Aber ich habe schon gedacht, dass das der richtige Anfang ist", sagt er über seine Zeit bei Viva. Er habe damals einige Vorbilder gehabt, die ihm gezeigt hätten, wie es danach weitergehen könnte. "Das war für mich Perspektive genug. Heute ist es wahrscheinlich schwieriger, einen klaren Einstieg zu finden und einen Weg vor sich zu sehen."

Joko und Klaas als die jungen Wilden

Doch wo kommt künftig der TV-Nachwuchs her? Heufer-Umlauf verweist darauf, dass sich inzwischen die Erwartungen und Hoffnungen der Menschen, die in den Medien arbeiten wollen, verändert hätten. "Das Ziel ist gar nicht mehr so attraktiv. Das Fernsehen ist nicht mehr das erklärte Ziel für die Allermeisten, die jetzt anfangen, Inhalte herzustellen oder zu moderieren." Der Moderator, der über die Umwege MTV und ZDFneo inzwischen fest bei ProSieben verankert ist, sagt, das Andocken an große TV-Sender hätte noch immer Vorteile. "Aber es braucht nicht mehr zwangsläufig den großen Sender."

Klaas Heufer-Umlauf © We Are Era

Das "Joko und Klaas" nach wie vor zur jungen Generation des Fernsehens zählen, amüsiert auch Heufer-Umlauf. "Natürlich sind wir nicht mehr die jungen Wilden, aber im Privatfernsehen kam halt nicht so viel nach. Die Konkurrenzlosigkeit, die nicht durch das entstanden ist, was wir gemacht haben, sondern, weil sich nicht um den Nachwuchs gekümmert wurde." Die "wilden Jahre" seien zumindest für ihn vorbei. Aber er sagt auch: "Ich glaube, dass die wilden Jahre permanent stattfinden. Nur in einer anderen Generation und in anderen Zusammenhängen und Kanälen. Die wilden Jahre hören nur für bestimmte Leute auf."

"Fernsehjahre sind ein bisschen wie Hundejahre: Man altert schneller und vor allen Leuten."


Schlagzeilen haben Joko und Klaas in den vergangenen Jahren meist im Doppel gemacht. Besonders groß war das Echo 2017, als man einen falschen Ryan Gosling bei der Goldenen Kamera einschleuste und die Preisverleihung so als Günstlingsveranstaltung enttarnte. Wenig später wurde der Preis von der Funke Mediengruppe eingestampft. "Das war nicht unsere Absicht", beteuert Heufer-Umlauf und ergänzt: "Sowas passiert nicht, wenn es nicht vorher auch schon einmal zur Disposition stand."

Viel besprochen sind aber auch die 15 Minuten Live-Sendezeit, die sich Joko und Klaas in ihrer eigenen Show bei ProSieben erspielen können. Aus dem Gewinn zaubern die Entertainer regelmäßig eine Wundertüte: Einmal gibt’s völligen Quatsch zu sehen, ein anderes Mal gesellschaftsrelevante Inhalte wie eine 7-stündige Schicht einer Pflegekraft. Im zweitgenannten Themenfeld komme aber nicht alles infrage. "Die meisten Themen, die wir angehen können, sind welche, die mit gewonnener Aufmerksamkeit einen Teil der Lösung bekommen", sagt Heufer-Umlauf und verweist auf das Beispiel DKMS, mit dem man sich Ende 2023 beschäftigt hatte. Grundsätzlich gehe es in der Vorbereitung der Sendungen nicht in erster Linie um relevante Themen, die man noch nicht bearbeitet habe. "Man muss sich auch überlegen, wo unser Platz ist, wo wir im Weg stehen, wo wir uns verheben und wo wir uns unnötig profilieren würden." 

"Mit 'LNB' nicht die Gesellschaft verändern"

Dass die 15 Minuten regelmäßig von einem großen Publikum gefunden werden, obwohl sie aus Sicht der Zuschauerinnen und Zuschauer kurzfristig ins Programm genommen werden, führt Klaas Heufer-Umlauf auch darauf zurück, dass man mit dem Format eine "Insel in der modernen Welt" geschaffen habe. "Linearität war früher alternativlos, es gab nichts anderes. Mittlerweile ist das ein Werkzeug, das man in Abgrenzung zu einer permanenten Verfügbarkeit von anderen Inhalten herausarbeiten kann." Die Sendung funktioniere auch durch den Kontrast, den die vermeintlichen Blödel-Typen regelmäßig schaffen. "Die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit, die man herstellt, funktioniert natürlich durch den Kontrast, denn dann wird eine Geschichte daraus. Dann ist es berichtenswert. Wenn man drei, vier oder fünf Mal relevante Dinge um 20:15 Uhr macht, ist das die Erwartung und der Kontrast funktioniert anders herum." Zu ernst genommen werden will Heufer-Umlauf mit seiner Arbeit auch nicht. Eins dürfe man nie vergessen, sagt er: "Hauptberuflich überfahre ich Joko mit einem Kettcar."

Klaas Heufer-Umlauf © We Are Era

"Late Night Berlin" sei mittlerweile eher eine Unterhaltungsshow als eine Late Night im klassischen Sinn, sagt Heufer-Umlauf. Auch hier haben sich die Zeiten ganz offensichtlich geändert. "Ich brauche niemanden mehr, der mir um 23 Uhr den Tag zusammenfasst oder der mir mit Witzen hilft, die harten Nachrichten des Tages zu verarbeiten. Das habe ich mir über den Tag hinweg schon woanders geholt." Wenn man ein Stand-Up am Dienstagabend mache und über etwas spreche, das am Sonntag passiert sei, sei dieses Thema in der Regel schon durch. "Die Themen werden schneller verhandelt." 

"Linearität war früher alternativlos, es gab nichts anderes. Mittlerweile ist das ein Werkzeug, das man in Abgrenzung zu einer permanenten Verfügbarkeit von anderen Inhalten herausarbeiten kann."


Er wollte mit "Late Night Berlin" vor allem eine leichte Show bieten. Eine, "die mir und den Zuschauerinnen und Zuschauern in erster Linie Spaß macht". Als es im Video-Podcast um das Thema Impact Comedy geht, wird Heufer-Umlauf in eigener Sache leidenschaftlich. "Satire ist das schon mal gar nicht und ich will das auch nicht", sagt er zur eigenen Sendung. "Ich habe gar keinen Bock auf Satire. Ich will, dass das Quatsch ist und Freude macht. Ich habe mit ‘Late Night Berlin’ nicht den Anspruch, die Gesellschaft zu verändern."

Dass Heufer-Umlauf und sein Florida-Team bei ProSieben mittlerweile weitestgehend Narrenfreiheit besitzen, sei auch darauf zurückzuführen, dass man mit dieser Freiheit "nicht völlig verantwortungslos" umgehe, sagt der Moderator, der nicht gern von "Narrenfreiheit" spricht, sondern lieber von "Zusammenarbeit". Heufer-Umlauf: "Wir reden viel und oft miteinander". Ab und an habe es aber auch Ärger gegeben. "Da darf man sich nicht zu fein sein, sich zu entschuldigen oder einen Anschiss zu kassieren, den wir auch mal bekommen haben." Dennoch gebe es im Zusammenspiel mit ProSieben eine "große Qualität", sagt der Moderator, der dafür plädiert, die Leute öfters mal "machen zu lassen". 

Was wäre, wenn...?

Die Frage, was aus ihm geworden wäre, wenn er im ZDF geblieben wäre, stellt er sich nicht. "Das ist eine Frage, die man sich eher stellt, wenn man unglücklich ist." Grundsätzlich habe er aber viele gute Erinnerungen an verschiedene Personen, sagt Heufer-Umlauf und nennt als Beispiele Simone Emmelius, Norbert Himmler und Frank Zervos. "Wir haben bei ‘neoParadise’ total viel machen können. Ich bin nie an Grenzen gestoßen, bei denen ich dachte: Hier geht’s nicht weiter." Ein Problem sei aber die Organisation gewesen. "Das ist im ZDF wahrscheinlich noch etwas einfacher als in der ARD. Aber ich habe auch Leute, die im ZDF gearbeitet haben, miteinander bekannt gemacht", sagt der Entertainer. Da seien Sendeplätze dann verhandelt worden "wie Wohnungen in Berlin". 

Im Rückblick auf seine im Vergleich noch junge Karriere bereut Heufer-Umlauf nichts. "Zu seiner Zeit hatte alles eine Funktion in der Karriere", sagt er. Und was glaubt er, wohin es für die Branche in den kommenden Jahren geht? "Jede Funktion und jede Sache, die das Konsumieren von Inhalten leichter und besser macht, ist der Erfolgsweg. Jeder freut sich, dass man jetzt im Fernsehen auf eine Pausetaste drücken kann. Das gab es früher nicht, da musste man warten und das hat genervt." Am Ende würden die Sender und ihre Verantwortlichen ohnehin immer auf das zurückkommen, was alle interessiere: Inhalte. "Gute Ideen setzen sich am Ende durch."

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