Nachdem ich die erste Folge von "Love" gesehen hatte, dachte ich mir: "Ach, großartig. Dann nehme ich 'Love' zum Anlass, um über die Nicht-Comedy-Comedys zu schreiben." Doch nach zwei weiteren Folgen war mir klar: Da sind doch Spuren von Comedy enthalten. Also werde ich noch ein bisschen warten müssen, um über das Thema zu schreiben. Aber ich gehe davon aus, dass die nächste sehenswerte Serie, bei der ich das Genre "Comedy" in Frage stellen möchte, nicht lange auf sich warten lässt. Doch auch abseits der Frage, ob "Love" ins Genre passt oder nicht, hat diese neue Netflix-Serie so allerhand, über das sich zu schreiben lohnt.
Obwohl ich mit Judd-Apatow-Filmen bisher nicht viel anfangen konnte, hatte ich mich sehr auf die Serie gefreut. Aus drei Gründen: Ich finde seine erste Serie "Freaks and Geeks" großartig, mag die "Girls"-Folgen, die er geschrieben hat, und mochte Gillian Jacobs in "Community" sehr gerne. Und es war genau so, wie ich mir dachte: "Love" hat mich von Anfang an begeistert. Nicht weil das eine schöne, nette Welt ist, die da gezeichnet wird. Sondern weil sie sich so viel normaler und realistischer anfühlt als andere romantische Komödien, die ich so kenne. Und sie hat mich reingezogen. Nicht, weil sie ein hohes Tempo hat und viel passiert, sondern weil sie - wie das echte Leben - langsam ist, hier wird nichts verdichtet. Ich will nicht deswegen immer wieder die nächste Folge sehen, weil ich gespannt bin, wie sich die Geschichte entwickelt (ganz ehrlich: ich fand alles sehr vorhersehbar), sondern weil ich bei den Figuren mal wieder vorbeischauen will. Ein ähnliches Gefühl stellte sich bei mir auch bei "Girls" ein (obwohl ich bei Hannah und ihren Freundinnen schon länger nicht mehr vorbeigeschaut habe).
Vordergründig folgt die Serie einem ausgelutschten Erzählklischee: "sehr gut aussehende Frau verliebt sich in sehr unscheinbaren Mann". Etliche romantische Komödien drehen sich um dieses Thema. Aber wenn man genauer hinschaut, stellt man fest: Hier wurde das Erzählklischee weiterentwickelt. Denn die weibliche Hauptfigur Mickey ist ein Arschloch. Eine Anti-Heldin, wie sie mein Herz erfreut. Frauen sind schließlich nicht nett, hilfsbereit, rücksichtsvoll, liebevoll, hilflos und aufopfernd, nur weil sie Frauen sind. Jetzt haben wir hier eine sehr gut aussehende Mickey, die hin und wieder rücksichtslos, selbstsüchtig und gefühlskalt ist - und hin und wieder lustig, nett, rücksichtsvoll. Dazu strahlt sie eine gewisse Verzweiflung und Orientierungslosigkeit aus, die sie verletzlich macht. Alles in allem eine Figur, die mir überraschend schnell ans Herz gegangen ist. Was nicht nur an der sehr guten Konzeption des Charakters liegt, sondern auch an oben bereits erwähnter Gillian Jacobs, die diese Ambivalenz hinreißend spielt.
Diese RomCom-Anti-Heldin ist ein Schritt hin zu dem, worauf ich seit ein, zwei Jahren ungeduldig warte: Eine Dramaserie der Klasse "Breaking Bad", "House of Cards" oder "Mad Men", in der die Hauptfigur eine echte Anti-Heldin ist. Ja, Claire Underwood war bereits ein Schritt in die Richtung, sie ist ebenfalls eine Anti-Heldin, allerdings spielt sie nicht die Hauptrolle. Es könnte jedoch gut sein, dass sich das in Staffel 4 ändert. Hinweise dazu gab es in Staffel 3. Vielleicht ist das aber auch nur mein Wunschdenken - ab 4. März wissen wir mehr. ;-)
Apropos "House of Cards": Ich freue mich schon drauf. Und zwar nicht nur, weil ich hoffe, dass Claire Underwood in der neuen Staffel ins Zentrum rückt und ich finde, dass Robin Wright großartig ist. Sondern auch, weil Kevin Spacey einfach grandios ist, wie er vor ein paar Tagen bei Jimmy Fallons Late-Night-Show mal wieder unter Beweis gestellt hat:
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(Wer sich gerade denkt: "Na, will sie uns jetzt in jedem Text einen Ausschnitt aus der "Tonight Show" unterjubeln?", der sei beruhigt. Nein, natürlich habe ich das nicht vor. Und ich bin mir auch dessen bewusst, dass ich sowohl gestern in meiner Kritik zu "Fuller House" als auch heute Clips von Fallon eingebaut habe. Ich habe sogar kurz gezögert, den Spacey-Auftritt hier gar nicht zu erwähnen. Aber er ist einfach so gut, den wollte ich Ihnen auf keinen Fall vorenthalten.)
Und zum Schluss noch einen Gucktipp:
Christian Ulmen als Polizeipsychologen sollte man sich nicht entgehen lassen: "Dr. Psycho" lief 2007 auf ProSieben und ist ab 1. März bei Netflix verfügbar. Einfach mal reinschauen, ich finde die Serie herrlich.
Nachtrag: Ein Leser wies gerade darauf hin, dass es "Dr. Psycho" auch bei Amazon Video Prime gibt.
Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das alles gucken, über das ich schreibe?
"Love": Nur bei Netflix.
"Freaks and Geeks": Ist leider schon sehr lange nicht mehr bei einem Sender zu sehen gewesen. Die einzige Staffel gibt's bei Amazon Video (Prime). Und auf DVD.
"Girls": Läuft derzeit auf keinem Sender. Die bisherigen vier Staffeln gibt's bei Amazon Video, iTunes, Maxdome. Und auf DVD. In den USA ist am 21. Februar die fünfte Staffel gestartet.
"Community": Comedy Central zeigt die Serie derzeit fast täglich, ab Sonntag geht die sechste Staffel dort los. Fünf der sechs Staffeln gibt's bei Amazon Video (Prime) und bei Sony. Auf DVD gibt's alle Staffeln.
"Breaking Bad": Ist derzeit bei keinem Sender zu sehen. Alle fünf Staffeln gibt's bei Amazon Video, iTunes, Maxdome, Netflix, Sony, Videoload, Wuaki, Xbox Video. Und auf DVD.
"House of Cards": Alle drei bisherigen Staffeln gibt's bei Amazon Video, iTunes, Maxdome, Netflix, Sky Go/Sky Online, Sony, Videoload, Xbox Video. Und auf DVD. Die vierte Staffel wird am 4. März veröffentlicht und läuft in Deutschland bei wöchentlich freitags bei Sky Atlantic (im Originalton und synchronisiert), alle Folgen der neuen Staffel sind dann bei Sky Go/Sky Online zu sehen.
"Mad Men": Läuft derzeit bei keinem Sender. Alle sieben Staffeln gibt's bei Amazon Video und Watchever. Und auf DVD.
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