Wieviel Zeit verbringen Sie mit Serien in der Woche? Bei mir sind es pro Woche etwa 12 bis 16 Stunden. (Ich hatte mir bisher nie die Mühe gemacht, das mal auszurechnen.) Klar, bei mir ist das vielleicht mehr als bei Ihnen. Aber auch sechs bis acht oder drei bis fünf Stunden pro Woche sind viel Zeit. Warum ich das aufschreibe? Um klar zu machen: Serien spielen eine große Rolle. Und wir müssen dringend darüber reden, was das mit uns macht. Nicht das Gucken allgemein. Sondern jede einzelne Serie. Denn Serien habe eine große Macht über uns – wir fiebern mit, wollen dringend wissen, wie es weitergeht, wir heulen, lachen, sind wütend, fürchten uns.

Und das nicht nur anderthalb Stunden lang wie bei einem Film, sondern jede Woche, jeden Tag aufs Neue - oder auch zehn Stunden am Stück. Obwohl es uns vielleicht nicht immer bewusst ist: Das, was wir sehen, beeinflusst uns. In unserem Denken, in unserem Fühlen, in unserer Meinung. Deswegen kam meine Warnung vor "Homeland" in meinem Text von vergangener Woche nicht von ungefähr – ich finde das Bild, das dort von der Arbeit der Geheimdienste, der Terrorgefahr und von Pakistan gezeichnet wird, bedenklich. Gleichzeitig ist die Serie wirklich sehr gut gemacht und fesselt mich. Was da hilft: Sich bewusst machen, was die Botschaften sind, sich darüber austauschen.

Peter Quinn (Rupert Friend),

Wer hat beim Gucken von "House of Cards" nicht schon gedacht: Ja, genauso dreckig ist das Politikgeschäft! Endlich zeigt es mal jemand! Ist natürlich eigentlich kompletter Blödsinn: "House of Cards" ist eine Geschichte. Ein gutgeschriebene dazu. Aber ob es hinter den Kulissen der amerikanischen Politik wirklich so intrigant zugeht, wissen wir dadurch natürlich nicht.

Frank Underwood (Kevin Spacey), © Netflix

Noch ein Beispiel: Ein paar Monate lang musste ich immer, wenn im Radio das Lied "Chasing Cars" von Snow Patrol lief, die Tränen unterdrücken. Warum? Weil ich Rotz und Wasser heulen musste, als ich es zum ersten Mal hörte – in einer extrem traurigen Szene von "Grey's Anatomy" (hier geht's zum Youtube-Video von der Szene). Und die Erinnerung an dieses Gefühl kam hoch, sobald ich das Lied hörte.

Izzie Stevenson (Kathrine Heigl) und Alex Karev (Justin Chambers) in © ABC

Ich finde es gut, dass Serien uns so berühren. Das macht ihren Reiz aus und genau das fasziniert mich an ihnen. Und je besser die Serien werden, desto näher kommen sie uns. Aber ich sage: Wir müssen darüber reden. Wir müssen uns austauschen, was diese und jene Serie, was diese und jene Szene, was dieser und jener Charakter mit uns macht. Und zwar nicht unbedingt in Form von Rezensionen – die braucht es natürlich auch -, sondern indem wir Seriengucker untereinander darüber diskutieren. Und zwar nicht abgehobene Serientheorien oder Medienwirkungsforschungstheorien, sondern ganz ehrlich und persönlich: Was habe ich gefühlt, als König Joffrey bei seiner Hochzeit in "Game of Thrones" so jämmerlich umgekommen ist? Genugtuung? (Aber: Es handelt sich um einen Menschen! Wie kann ich mich da über dessen Tod freuen?!? Ist es schlimm, dass ich mich über seinen Tod freue?) Oder gar Enttäuschung, weil ich mir einen grausigeren Tod für ihn gewünscht hätte? (Oh mein Gott! Bin ich wirklich so fies?)

König Joffreys Tod in © HBO
 

Also: Let's talk about Serien! Let's talk about you and me! Let's talk about all the good things and the bad things! (Und schwupps, habe ich Ihnen auch gleich noch einen Ohrwurm beschert. Wer das Lied jetzt dringend hören möchte: Hier ist der Link.)

So, genug gepredigt für heute - und nächstes Mal geht's auch wieder um die Serien, die mich in der Woche beschäftigt haben. Versprochen.

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