Nach dem erfolglosen Start gingen dann jedoch Anspruch und Realität sehr schnell getrennte Wege. Zu selten machte das Magazin "Kerner" nach dem Sendeplatzwechsel auf den Donnerstag in seinem ersten Jahr mit Themen Schlagzeilen; wurde wahrgenommen. Oder anders formuliert: Es mangelte einfach an Relevanz. Und selbst wenn mal eine Ausgabe der Sendung genau das bot, so wurde sie vom Zuschauer nicht mehr als solche wahrgenommen. Das darf dann nicht verwundern, hat es offenbar aber. Denn statt auf Kurs - welchem auch immer - zu bleiben, wurde so ziemlich alles probiert. Mit diversen Experimenten beschleunigte man jedoch leider die Bedeutungslosigkeit: Quizshow-Elemente helfen weder beim Schärfen des journalistischen Profils, noch schafft man damit Schlagzeilen.
Vergangene Woche gab es noch ein Weihnachtsquiz mit Kim Fisher, diese Woche den Coup des Jahres für Kerner und Sat.1, ein Interview mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vor Ort in Afghanistan. Der Sendung wäre eine gute Quote zu gönnen - damit der inhaltliche Zickzack-Kurs des Formates vielleicht einmal ein Ende findet. Denn während man darüber streiten kann, ob diese Reise und ihre Inszenierung ein kluger Schachzug der zu Guttenbergs war oder nicht: Aus Sicht von Johannes B. Kerner und seinem Team war diese Chance ein Glücksfall und ohne Zweifel die größte Chance des Jahres.
Noch ist nicht bekannt, wie die Sendung und das Interview mit dem Verteidigungsminister genau aussehen. Inhaltlich lässt sich also noch nichts beurteilen. Aber die Tatsache, dass seit Montag in allen Medien über zu Guttenbergs Reise und Kerners Sendung diskutiert wird, ist schon jetzt ein Volltreffer für Sat.1. Jetzt gibt es nicht jede Woche eine solche Gelegenheit wie die Afghanistan-Reise mit den Guttenbergs. Aber trotzdem lassen sich aus der Sendung heute Abend, je nach Einschaltquoten morgen früh, wichtige Lehren ziehen. Und Sat.1 wie auch Johannes B. Kerner sollten sich das Urteil des Publikums, wie es auch ausfällt, zu Herzen nehmen.
Wenn das "Kerner spezial", obwohl es dank tagelanger PR "Talk of the town" ist, keine zufriedenstellende Quote erreichen sollte, dann muss man endlich Konsequenzen ziehen. Wenn es aber, was wahrscheinlicher ist, gute Quoten erzielt, dann gilt: Auf Kurs bleiben. Das bedeutet: Keine Rückkehr zur Belanglosigkeit. Ein Erfolg mit diesem spektakulären Coup, nach den jüngsten Quotenerfolgen des Magazins im November, könnte Johannes B. Kerner und seinem Hamburger Team die nötige Motivation geben, es im nächsten Jahr noch einmal wissen zu wollen. Diesen Ehrgeiz ließ die Sendung in ihrem ersten Jahr leider zu oft vermissen.