"Das Supertalent" hat sich spätestens mit der nun laufenden vierten Staffel zum ernsthaften Konkurrenten entwickelt, der den Show-Dino des Zweiten nicht nur längst in der Zielgruppe locker überholt hat, sondern auch das Zeug dazu besitzt, insgesamt an "Wetten, dass..?" vorbeizuziehen - zuletzt erreichte die Bohlen-Show bei RTL fast achteinhalb Millionen Zuschauer.
Zum Vergleich: Die Oktober-Ausgabe von "Wetten, dass..?" kam auf knapp eine Million mehr - der mit Abstand schwächste Staffel-Auftakt in der fast 30-jährigen Geschichte der Show. Die von Gottschalk favorisierten "Aufrechten" in Ehren, doch das ZDF gibt sich ungern nur mit diesen Zuschauern zufrieden. Mit aller Gewalt versucht man, "Wetten, dass..?" mehr Schwung und Tempo zu verleihen, im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr ganz so alt aussehen zu lassen. So nahmen gleich zu Beginn der jüngsten Ausgabe nicht nur Grand Prix-Siegerin Lena und Schauspieler Matthias Schweighöfer auf Gottschalks Couchs Platz, sondern auch Vitali Klitschko nebst Gattin.
Angesprochen auf Klitschkos Spitzen-Quoten sagte Gottschalk fast schon sentimental: "Dein letzter Boxkampf hatte 14 Millionen Zuschauer - ich erinnere mich noch an das Gefühl, wie das ist." Ein Klitschko-Kampf blieb "Wetten, dass..?" immerhin an diesem Samstag als Gegenprogramm erspart, doch am "Supertalent" kam man auch diesmal wieder nicht vorbei. Trotz aller Bemühungen: Vergleicht man "Wetten, dass..?" mit Bohlens buntem Allerei, wirkt Gottschalks Show fast schon wie ein Relikt früherer Tage, was per sé natürlich nicht negativ ist - nur womöglich auf Dauer nicht ausreicht, um die Spitzenposition im deutschen Fernsehen behaupten zu können, geschweige denn den Titel "erfolgreichste Fernsehshow Europas" aufrechtzuerhalten.
Selbst große Hollywood-Stars scheinen es schwer zu haben gegen Frauen mit Melonen-Brüsten und Nacktmaler, wie man sie zuletzt bei RTL zu sehen bekam - und für die sich immerhin fast so viele Zuschauer interessierten wie für "Wetten, dass..?". Ohnehin erwiesen sich gerade die Stars in der Ausgabe vom Samstagabend bisweilen als unterhaltungshemmend: Ein paar Banalitäten hier, ein wenig Smalltalk dort. Kurzum: Maue Stimmung auf dem Sofa. Doch immerhin wussten die Wetten diesmal zu überzeugen. Völlig zurecht wurde ein 74-Jähriger zum Wettkönig, nachdem er es schaffte, fast 1000 Kerzen binnen kürzester Zeit auszupusten.
Richtig spannend war zudem das Rennen zwischen einem BMX-Profi und einem Modellbuggy, das erst durch Foto-Finish zugunsten des kleinen Flitzers entschieden wurde. Und dann war da auch noch die Blue Man Group, die abseits der Wetten mit einer spektakulären Show glänzte. Es gibt sie also noch, jene Momente, in denen es sich wirklich lohnt, "Wetten, dass..?" einzuschalten. Womöglich sollte Gottschalk nur einfach damit aufhören, für sein Publikum eine eigene Zielgruppe zu definieren. Denn ob aufrecht oder nicht: Letztendlich wollen die Zuschauer einfach bloß gut unterhalten werden.