Bei "Bild" sieht man eine "Wende im Rechtsstreit" zwischen Jörg Kachelmann und dem Springer-Blatt, wie man am Mittwoch euphorisch per Pressemitteilung verkündete. So dürfe "Bild.de" wieder über das Ermittlungsverfahren gegen Kachelmann berichten, weil Kachelmann auf das gerichtliche Verbot gegen "Bild.de" verzichte. "Bild"-Anwalt Spyros Aroukatos sieht darin ein "Eingeständnis der Zulässigkeit der Berichterstattung zum jetzigen Zeitpunkt".
Das stimmt - und ist doch nur die halbe Wahrheit. Denn dass die Berichterstattung zum jetzigen Zeitpunkt zulässig ist, bedeutet nicht, dass sie schon immer zulässig war. Fragt man bei Rechtsanwalt Ralf Höcker, der Jörg Kachelmann in der Sache vertritt, nach, dann erfährt man nämlich: "Die Richter der Pressekammer des LG Köln haben in einer mündlichen Verhandlung heute erkennen lassen, dass der Widerspruch der Bild Digital GmbH & Co. KG gegen die einstweilige Verfügung des LG Köln vom 07.04.2010 keine Aussicht auf Erfolg hat."
In der Verfügung war es "Bild.de" damals verboten worden, Details aus einer Ermittlungsakte zu verbreiten. Diese Details hatte "Bild.de" aus einem "Focus"-Bericht übernommen, gegen den Höcker ebenfalls schon erfolgreich vorgegangen ist. Die Richter hätten laut Höcker heute ausdrücklich an der Entscheidung festgehalten, dass die Berichterstattung rechtswidrig gewesen sei und Kachelmann in seinen Rechten verletzt habe.
Allerdings war die "Bild"-Berichterstattung nur so lange rechtswidrig bis die Staatsanwaltschaft selbst eineinhalb Monate später am 19. Mai per Pressemitteilung die Details bestätigte - und damit aus Höckers Sicht ihrerseits gegen das Landespressegesetz verstoßen hat. "Am 19.05.2010 hat die Staatsanwaltschaft Mannheim die Flucht nach vorn angetreten und eine gegen das Landespressegesetz verstoßende Pressemitteilung herausgegeben, die die rechtswidrige Presseberichterstattung von bild.de mit Wirkung ab dem 19.05.2010 legitimierte. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat sich so erneut zu einem Komplizen von 'Bild' und 'Focus' gemacht", so Rechtsanwalt Höcker.
Aus diesem Grund habe Herr Kachelmann für die Zeit nach dem 19. Mai auf die Rechte aus der Verfügung verzichtet. Bild.de wollte durch seinen Widerspruch aber eigentlich erreichen, dass auch die Berichterstattung vor diesem Zeitpunkt als rechtmäßig eingestuft wird - und ist damit gescheitert. Hier dürfte auch die Antwort auf die von "Bild"-Anwalt Aroukatos per Pressemitteilung aufgeworfene Frage, wie "Herr Kachelmann nun seine zusätzlich erhobenen Geldentschädigungsforderungen begründen will", liegen. Dazu kommt zudem noch, dass Höckers Kanzlei längst nicht nur wegen dieses Berichts gegen "Bild" und "Bild.de" vorgeht, sondern insgesamt bereits fast 20 einstweilige Verfügungen erwirkt hat.