TV-Standorte© DWDL
Fragt man in diesen Tagen an den großen Fernsehstandorten – insbesondere bei den Studiobetreibern – nach dem Befinden, so heißt es zunächst, alles wäre gut, naja zumindest halbwegs ordentlich, also wenigstens nicht existenzbedrohend. Und schließlich wird klar: Die goldenen Zeiten sind auch hier definitiv vorbei. Die Gründe sind mannigfaltig. Sie sind in den derzeitigen Fernsehtrends zu suchen und in der wachsenden Konkurrenz der Fernsehstandorte zueinander, bei der mit harten Bandagen gekämpft wird. Auch die Probleme der Sender tun ihr Übriges: In einer derart hierarchischen Industrie wie dem Fernsehen können die Probleme recht leicht von oben nach unten weitergeben werden. So trifft es zunächst die Produzenten und schließlich deren Dienstleister.

Telefoniert man sich durch die deutsche Studiolandschaft, tönen martialische Begriffe in den Ohren. Von Preiskrieg ist die Rede. Die wesentlichen Punkte, die die derzeitige Situation der Studiobetreiber in Sachen Show und Unterhaltungsfernsehen prägen: Im Nachgang der Werbekrise des vergangenen Jahres haben sich die Sender eine radikale Kostenkur verordnet, an der sie – trotz zum Teil rekordhafter Gewinne – auch weiter festhalten. Da kommt der Wettbewerb der Studiobetreiber – vor allem zwischen Berlin und Köln – vielleicht gerade recht. Auch hier hat sich die Branche umgestellt – bietet anstatt bloßer Studioflächen komplette Pakete inklusive Technik, Licht und Bühnenbau. Und wer das bessere Paket hat, bekommt den Zuschlag.
 
 

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Während sich in Köln die Studiokomplexe MMC und Nobeo (vormals NOB) in den vergangenen zwei Dekaden als Produktionsorte für kleine und große Shows etabliert haben, mischt mittlerweile vor allem die Studio Hamburg-Tochter Studio Berlin in Adlershof in der Jagd nach Produktionen kräftig mit. Mittlerweile mit Erfolg. Berlin hat seinerseits zu kämpfen: Seit dem Weggang von Sat.1 im vergangenen Jahr hat man durch fehlende Sendernähe keinen heimischen Auftraggeber mehr, für den die räumliche Nähe ein Argument ist. Der erste markante Wechsel: Die Tanz-Show "Let's dance", die RTL mit der dritten Staffel von Köln nach Berlin verlegt hat. Aussschließlich ökonomische Gründe habe der Wechsel in diesem Jahr gehabt, sagte Produzent Jan Kromschröder, Geschäftsführer bei Granada, vor einigen Wochen während eines Seminars, hierzu.

Jörg Graf© RTL/Stefan Gregorowius
Zwar muss laut Jörg Graf, Bereichsleiter Produktionsmanagement bei RTL Television (Bild) der Standort nicht zwingend ein entscheidender Faktor sein. „Ehrlicherweise kann aber kein Sender abstreiten, dass immer auch ein Interesse besteht, die Produktionen möglichst nah am eigenen Redaktionsstandort anzusiedeln“, sagt er. Der Grund: Viele Redaktionen verantworten mehrere Formate. Zudem fällt auch der sogenannte Redaktionstourismus finanziell noch einmal ins Gewicht. Bei „Let's dance“ war das unerheblich. Hier gab es kaum Synergien mit anderen Formaten, das Team musste ohnehin stets aus allen Himmelsrichtungen anreisen.

"Wir haben uns gemeinsam mit dem Produzenten Granada für Berlin entschieden, weil die Umgestaltung der Produktion von Staffel 2 auf Staffel 3 wirtschaftlich in einigen Details dort signifikant günstiger umszusetzen war", so RTL-Produktionschef Graf. Bei der MMC hat man "Let's dance" in diesem Jahr "vermisst", wie Produktionsdirektor Friedhelm Bixschlag im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de sagte. "Allerdings hat man einen Preis geboten, bei dem wir uns nur schwer vorstellen können, dass er kostendeckend war und den wir daher nicht bereit waren, mitzugehen"

Studio Adlershof erklärt sich den Zuschlag auf Nachfrage mit seinem attraktiven Dienstleistungsangebot, den "guten Studio- und Umfeldbedingungen", den Dienstleistern vor Ort und dem "guten und verlässlichen Namen" in der Branche. Sicherlich nicht ganz unbdeutetend in diesem Zusammenhang: Mit Mike Krüger ist in Adlershof ein Manager vor Ort, der die Kölner Szene sehr gut kennt. Krüger war zuvor Chef der MMC in Köln und dem Vorort Hürth. An seine Stelle trat Andre van Eijden. Der war wiederum bis 2004 Geschäftsführer der benachbarten Nobeo.

In Hamburg bleibt man von diesen Problemen offenbar unbehelligt. Der Standort an der Elbe ist nicht als Austragungsort für die großen Shows bekannt, punktet eher mit Fiction und mit journalistischer Unterhaltung – von Kerner über Beckmann bis hin zu Pilawa. Allerdings: Mit dem nahezu vollständigen Verschwinden der Daily-Talks ging auch hier ein großes Stück an Produktionen flöten. München erscheint als Welt für sich – buhlt aber ebenso um die große Shows und hofft auf positive Impulse aus der neuen ProSiebenSat.1 TV Deutschland. Eine Sendung wie "Deutschland sucht den Superstar" erscheint hier derzeit allerdings noch undenkbar. Momentan ist man in Sachen Show in München richtig, wenn Gottschalk zur Sechzigerjahre-Party lädt oder Carmen Nebel es krachledern krachen lässt. Man will aber aufholen. Bei der Bavaria – Betreiber der Studios in Unterföhring und Geiselgasteig – pitcht man derzeit mit München und Berlin fleißig mit.
 
Lesen Sie auf der folgenden Seite, wie die derzeitigen Fernsehtrends den Studiobetreibern das Leben schwer machen und wie Produzentin Ute Biernat den Preiskampf der Studios sieht.