In der Diskussion über eine Neugestaltung des Rundfunkgebühren-Systems meldete sich am Wochenende in einem Interview mit dem "Weser-Kurier" auch Bernd Neumann zu Wort, seines Zeichens Kulturstaatsminister und somit Beauftragter der Bundesregierung für Medien. Doch sein Vorschlag könnte kaum absurder sein: Er fordert auf der einen Seite das - durchaus diskussionswürdige - Verbot von Werbung bei ARD und ZDF und will die damit womöglich einhergehenden positiven Effekte durch eine Kopplung der Rundfunkgebühr an die Quote gleich wieder konterkarieren.
"Man könnte ja die finanzielle Verteilung zwischen ARD und ZDF auch ein wenig nach den Zuschauerzahlen ausrichten, also die Gebühren auch ein Stück kompetitiv machen", so Neumann. Mit Verlaub, Herr Kulturstaatsminister: Was wäre das für ein absurdes und kontraproduktives Anreizsystem? Will Herr Neumann wirklich Pate stehen für eine weitere Ausbreitung seichter Filmchen, unnützer Quizshows oder endloser Telenovelas, die ARD und ZDF derzeit die besten Quoten bescheren?
Es ist ein Privileg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sich auch hochwertige Programme abseits des Massengeschmacks leisten zu können. Es ist ein Privileg des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, sich auch im Hauptabendprogramm mit Dokumentationen, Magazinen oder Reportagen aber auch intelligenter und hochwertiger Unterhaltung eine Alternative zu den werbegetriebenen Privatsendern leisten zu können, ohne nur auf die Quote zu starren. Dass ARD und ZDF schon heute nur wenig Gebrauch davon machen, ist traurig. Sie in Zukunft aber auch noch für solche weniger quotenträchtigen, aber um so schützenswerteren Formate finanziell zu bestrafen, würde den Trend nur weiter verstärken.
Wenn es ARD und ZDF schon heute an etwas nicht fehlt, dann ist es die Orientierung an der Quote, auch in Zeiten, in denen Werbung gar nicht erlaubt ist. Das lässt sich etwa an der kurzfristigen Verlegungen von "KDD" oder der Doku "Windstärke 9" ins Nachtprogramm, oder auch dem Verzicht der ARD auf Dokus zu aktuellen Themen zugunsten quotenträchtigerer Doku-Reihen am Montagabend ablesen. Wenn ARD und ZDF also eine Sache nicht brauchen, dann ist es ein stärkerer Anreiz, stur auf die Zuschauerzahlen zu starren.
Um es klarzustellen: Eine Orientierung an den Einschaltquoten ist nicht per se schlecht, auch nicht für ARD und ZDF. Es ist schließlich nichts anderes als ein Gradmesser dafür, ob man an den Interessen seines Publikums vorbei sendet oder nicht - und noch so gut gemeinte Formate bringen niemandem etwas, wenn sie kaum einer sehen will. Doch ARD und ZDF haben weit wichtigere Aufgaben zu erfüllen als nur den Massengeschmack des Publikums zu bedienen. Man sollte sie nicht auch noch mutwillig daran hindern.