Foto: ARDVielleicht weil es gerade so etwas wie ein Sommerloch gab, brach "FAZ"-Autor Michael Hanfeld vor ziemlich genau zwei Jahren eine unnötige Debatte um den Status des Vollprogramms des Fernsehsenders Sat.1 vom Zaun, weil dort recht aufmerksamkeitsstark ein Infotainment-Magazin und die Nachtnachrichten abgeschafft wurden. Die Debatte erheiterte die Branche und ihre Beobachter, da es in Deutschland zahlreiche als Vollprogramm zugelassene Fernsehsender gibt, die einen weitaus geringeren Informationsanteil am Programm haben und sich die Frage um den Status von Sat.1 somit alles andere als aufdrängte. Dennoch wurde ausgerechnet von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" eben diese Sau durchs Dorf getrieben - inklusive späterer Erkenntnis der Medienwächter, das alles okay sei und die Aufregung völlig umsonst.

Jetzt, zwei Jahre später, sind wir offenbar wieder im Sommerloch. Und Hanfeld fällt auf den falschen Harald Schmidt rein. Auf der Medienseite der "FAZ" (Seite 33) schreibt er am Dienstag über eine vermeintliche Twitter-Pressekonferenz von Schmidt am Montag. Doch die hat nie stattgefunden. Seit Monaten schon ist bekannt, dass unter dem Twitter-Account @BonitoTV nicht etwa Harald Schmidt und sein Team von Bonito TV, sondern der WebTV-Moderator und Harald Schmidt-Fan Rob Vegas steckt. Der hatte sich einen Scherz erlaubt und zu einer fiktiven Pressekonferenz eingeladen. Zwar schreibt Hanfeld in seinem Artikel "Schmidt - oder derjenige, der sich als Schmidt ausgab - verbreitete kaum Neuigkeiten, sondern plauderte mit seinen Fans und verteilte ein paar Unartigkeiten." Doch offensichtlich denkt Hanfeld hier eher, zunächst naheliegend, an Mitarbeiter von Bonito TV und nicht an einen völlig Fremden - denn dann wäre das Ganze keine Story für die Medienseite der "FAZ".
 

 
Hanfeld befindet in dem Artikel, dass der Microbloggingdienst Twitter für bessere Dinge geeignet sei als eine Pressekonferenz. Und sowieso: "Eine richtige Pressekonferenz war es selbstredend nicht, was Montagmittag unter http://twitter.com/BonitoTV stattfand", heißt es in der "FAZ". Doch das klingt eher nach Enttäuschung über die Belanglosigkeiten die der vermeintliche Schmidt zu erzählen hatte als an Zweifel der Echtheit. Wieder gilt: Wären die wirklich gegeben, wäre der Artikel völlig hinfällig. Dabei wäre die Recherche so einfach gewesen: Ein einziger Klick auf die angegebene Homepage des Twitter-Accounts @BonitoTV hätte ihn zum Twitteraccount von Rob Vegas gebracht. Und eine einzige Google-Suche nach "Harald Schmidt Twitter" hätte den "FAZ"-Autoren etwa zum DWDL.de-Interview mit Rob Vegas geführt, in dem er den Fake vor Monaten enthüllte.

Manch einer sieht in diesem peinlichen Fauxpas jetzt vielleicht die Bestätigung dafür, dass Twitter als Quelle nicht geeignet sei. Dabei liegt der Fehler nicht bei der Quelle, sondern bei dem, der nicht richtig recherchiert. Und das ist keine Frage des Internets. Das ist eine Frage der journalistischen Sorgfalt - und die ist älter als Twitter.