Doch es war nicht das erste Mal, dass die TV-Branche ohne Einschaltquoten leben musste. Den letzten großen Ausfall der Reichweiten-Zahlen gab es vor rund vierzehneinhalb Jahren im Januar 1995 - und damals gleich über einen längeren Zeitraum. Die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF), die die Quotenmessung in Auftrag gibt, war damals mit der GfK überein gekommen, die Daten geheim zu halten. Die GfK solle die Möglichkeit bekommen, "ihr durcheinandergeratenes System zur Messung der Zuschauerzahlen zu ordnen", wie das Magazin "Focus" damals schrieb. Vorausgegangen war eine bis dato beispiellose Panne.
Das Problem, das damals übrigens ebenfalls im Zusammenhang mit einer Umstellung und Modernisierung des TV-Panels auftrat, war nicht wie diesmal eine eher harmlose Verzögerung der Datenbereitstellung, sondern viel schwerwiegender: Ab Oktober 1994 hatte die GfK völlig falsche Reichweiten und Marktanteile für die einzelnen Sendungen ausgewiesen, wie der Marktforschungs-Riese später kleinlaut zugeben musste.
Die Leidtragenden waren die anderen Sender. So stürzte ProSieben in eine künstliche Mini-Krise und musste sich plötzlich an einem Wochenende RTL II geschlagen geben. Die Folge waren nicht nur verärgerte und abspringende Werbekunden, auch im Programm machte sich die Quoten-Panne bemerkbar. Der damalige ProSieben-Chef Georg Kofler nahm die Kultserie "Die Simpsons" mangels Erfolg - so dachte man zumindest - kurzerhand aus dem Programm. Nach Bekanntwerden der Panne bekam sie aber freilich eine neue Chance und beschert dem Sender bis heute hervorragende Quoten. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" bezifferte Kofler den wirtschaftlichen Schaden für seinen Sender damals auf 20 Millionen Mark. Und ein Glaubwürdigkeitsproblem bekam die Branche obendrein noch dazu.
Angesichts solcher Dimensionen bleibt eine Verzögerung, wie sie derzeit auftritt, natürlich eher eine Randnotiz - solange sich die Probleme jetzt recht schnell lösen lassen. Blamabel für die GfK, die als Monopolist nun schon seit 1985 für die Quotenermittlung verantwortlich zeichnet und deren Vertrag noch bis Ende 2011 läuft, sind die Probleme aber schon jetzt allemal - zumal sich die Systemumstellung wegen "unerwarteter Schwierigkeiten" bei der GfK ohnehin schon um ein halbes Jahr verzögert hatte. Eigentlich genug Zeit, um einen reibungslosen Übergang vorzubereiten.