Thomas Ebeling © ProSiebenSat.1 Thomas Ebeling
Vor ziemlich genau zehn Jahren ist bei DWDL.de eine Meldung erschienen, von der damals vermutlich niemand dachte, dass sie auch im Jahr 2025 noch so relevant sein würde. "ProSiebenSat.1 will Startups mit Werbezeit helfen", titelten wir damals über die Pläne der Sendergruppe, über das Modell Media for Equity in junge und aufstrebende Start-ups zu investieren. Das machte ProSiebenSat.1 auch schon vor 2015, die Strategie, die vor allem der damalige Konzernboss Thomas Ebeling vorangetrieben hatte, wurde damals aber noch weiter intensiviert. Und heute? Da will ProSiebenSat.1 die über Jahre hinweg angesammelten Beteiligungen loswerden, wenn sie nicht auf das Kerngeschäft Unterhaltung einzahlen. 

Diesen Fokus auf die Unterhaltung trägt man mittlerweile seit mehreren Jahren mantraartig vor sich her. Es ist auch ein Ergebnis des gestiegenen Drucks von Großaktionär Media for Europe (MFE), der stets gefordert hatte, ProSiebenSat.1 müsse sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Und auch wenn man zuletzt das Vergleichsportal Verivox und die Anteile an der Fitness-App Urban Sports Club verkauft hat und darüber hinaus das Beteiligungs-Wirrarr rund um die NuCom-Group, hier sind alle Beteiligungen gebündelt, mit dem Co-Gesellschafter General Atlantic entzerrt hat, bleibt festzuhalten: Es ist noch ein weiter Weg für ProSiebenSat.1.

Im Geschäftsbericht des Konzerns sind alle Unternehmen aufgelistet, an denen ProSiebenSat.1 Anteile hält. Und das sind viele Dutzend. Wir haben uns angesehen: Welche davon könnte die Gruppe auf absehbare Zeit verkaufen, weil sie nicht wirklich auf das Kerngeschäft Unterhaltung einzahlen? Ganz klar nicht in diese Betrachtung fallen Beteiligungen an Produktionsfirmen, weil sie ganz klar den Unterhaltungsbereich stärken. Deshalb ist es auch wenig verwunderlich, dass ProSiebenSat.1 hier zuletzt mit Studio Bummens eine weitere Produktionsfirma übernommen hat (DWDL.de berichtete). Auch diverse Event-, Werbe- und Vermarktungsunternehmen, die zum Konzern gehören, wollen wir an dieser Stelle nicht weiter betrachten. Ebenso AdTech-Töchter und Grundstücksverwaltungsgesellschaften.

Flaconi © Flaconi
Aber auch so gibt es noch einige Unternehmen, bei denen klar sein müsste, dass sie keine große Zukunft mehr im Konzern haben. Bereits bekannt ist, dass ProSiebenSat.1 Flaconi verkaufen will. Der Online-Versandhändler für Parfüms, Make-up & Co. wächst zwar kräftig, bietet aber nur wenige Synergien mit den TV-Sendern oder Joyn. Auch an der ParshipMeet Group hat ProSiebenSat.1 merklich das Interesse verloren, was auch darauf zurückzuführen ist, dass die Geschäfte deutlich schlechter laufen als noch vor wenigen Jahren. Grund dafür sind auch regulatorische Hürden, die gestiegen sind. In der Vergangenheit stand immer mal wieder ein möglicher Börsengang im Raum, der aber nie realisiert wurde. 

Verkäufe nur zu "angemessenen Preisen"?

Bei der ParshipMeet Group kann man durch den Deal mit dem früheren Co-Gesellschafter General Atlantic mittlerweile selbst Schalten und Walten. Das dürfte mehr Spielraum bei künftigen Entscheidungen geben. Das Erlösmodell bei den verschiedenen Dating-Apps der Gruppe ist diversifiziert und umfasst neben lang- und kurzfristigen Abonnements auch In-App-Käufe von virtuellen Produkten. Diversifiziert sind auch die Zielgruppen, die man mit der ParshipMeet Group erreichen will. Da sind beispielsweise recht klassische Dating-Apps wie eHarmony, Parship oder auch ElitePartner. Über die App Growlr können aber auch schwule Männer aus der Bear-Community miteinander in Kontakt treten. Synergien mit dem Unterhaltungsgeschäft? Eher so mäßig. 

CamperDays © CamperDays
Und es gibt noch weitere Unternehmen, die eher außerhalb der Unterhaltung agieren. Ziemlich klar dürfte das auf die be Around GmbH, die CamperDays GmbH und die FLOYT Mobility GmbH zutreffen. FLOYT betreibt unter anderen das Portal billiger-mietwagen.de. Ursprünglich gehörte auch mal die Camper- und Wohnmobilvermittlungsplattform CamperDays zu FLOYT, vor wenigen Jahren ist sie aber in eine eigenständige Gesellschaft ausgelagert worden. Aroundhome ist nach eigenen Angaben die "führende Plattform für Hauseigentümer:innen". Über die Webseite lassen sich unter anderem Angebote von Fachfirmen für verschiedene Hausprojekte einholen. 

Und dann ist da ja auch noch Jochen Schweizer mydays, das ProSiebenSat.1 zuletzt komplett übernommen hatte (DWDL.de berichtete). Auch hier sind die Überschneidungen mit dem eigentlichen Kerngeschäft Unterhaltung überschaubar. Bis auf Flaconi hat ProSiebenSat.1 bislang aber nicht die Unternehmen kommuniziert, die man auch tatsächlich verkaufen will - was den Verkaufsverhandlungen wohl auch nicht zuträglich wäre. Das musste man schon schmerzhaft bei Verivox erfahren: Das Vergleichsportal stand lange zum Verkauf, der Druck vor allem durch MFE war groß. Letztendlich wurde das Portal mit 232 Millionen Euro bewertet - ein Schleuderpreis, wie Beobachter mit Einblick in die Materie sagen. 

Auch Marktguru und wetter.com gehören zu P7S1

Marktguru © Marktguru
Auch die Digitalprospektplattform Marktguru (Foto links) passt auf den ersten Blick nur mäßig zum Unterhaltungsbereich, das Angebot ist aber stark bei SevenOne Media angedockt und dient als Vermarktungsverlängerung, zuletzt positionierte sich das Portal darüber hinaus auch als "cleverer Einkaufsberater und Sparhelfer". Hier erscheint es also durchaus denkbar, dass das Unternehmen im Konzern verbleibt. Die Plattform wetter.com, die ebenfalls zu ProSiebenSat.1 gehört, ist insofern wichtig für den Konzern, als dass die Gruppe über diese ihre Wetterdaten bezieht, die dann auch Teil der TV-Nachrichten sind. Und auch die fem Media GmbH, die das Frauenportal fem.com betreibt, kann man als Ergänzung zu Sixx verstehen. Nur: Der letzte Artikel ist hier im Januar erschienen, das Portal hat aktuell wohl keine Priorität in Unterföhring. 

"Wir prüfen regelmäßig, welche Beteiligungen außerhalb des Entertainment Segments noch zu uns passen und Synergien zum Kerngeschäft haben", teilt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage von DWDL.de zu den genannten Beteiligungen mit, ohne aber zu bestätigen, welche Beteiligungen mittel- und langfristig tatsächlich verkauft werden könnten. Grundsätzlich verkaufe man nur dann, wenn man einen "angemessenen Preis" erzielen könne, so die Sprecherin weiter. Und so werden die Beteiligungen auf absehbare Zeit auch weiterhin Gesprächsthema bleiben, in Unterföhring, aber auch am MFE-Hauptsitz in Mailand. 

 

AEOS Werberanking ©

Gerade erst ist Karsten Wildberger, bis vor wenigen Wochen noch CEO von der MediaMarktSaturn-Mutter Ceconomy, in die Politik gewechselt, in der neuen Bundesregierung arbeitet er inzwischen als Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung. Sein ehemaliger Arbeitgeber hat nun einen Werbeturbo im Fernsehen gezündet: Alleine für die Marke Media Markt sind in der vergangenen Woche mehr als 1.600 Spots in den Werbeblöcken der Sender zu sehen gewesen, so umtriebig war Ceconomy in diesem Jahr überhaupt noch nie. Mit 539 XRP schaffte man es im Ranking der reichweitenstärksten Marken auf Rang sieben. 

Reichweitenstärkste Marke in der vergangenen Woche war dagegen Haribo: Hier schaffte man mit 1.423 Spots eine Bruttoreichweite in Höhe von 816 XRP. Damit konnte man den Werbedruck im Vergleich zur Vorwoche spürbar steigern. Die meisten Haribo-Schaltungen erfolgten bei Vox und RTL, also zwei vergleichsweise großen und reichweitenstarken Sendern. Viele Spots waren aber auch bei Nitro, Deluxe Music oder auch Comedy Central zu sehen. 

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Das Werberanking kurz erklärt

All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.