Ende des Monats wird der Grimme-Preis bereits zum 53. Mal vergeben, die Gewinner stehen allerdings schon jetzt fest. Mit gleich zwei Auszeichnungen wird die fiktionale Auseinandersetzung der ARD mit dem NSU bedacht - einen Preis gibt es für den Film "Mitten in Deutschland: NSU - Die Täter - Heute ist nicht alle Tage", einen weiteren erhält die Produzentin Gabriela Sperl für den gesamten Dreiteiler. "Die Filme sind nicht fehlerlos und gehen nicht alle gleich gut mit ihren dramaturgischen Herausforderungen um", heißt es in der Begründung der Jury. "Dass die Filme aber erst im Zusammenspiel einen Einblick in den Komplex NSU geben, ist eine große Stärke des Konzepts. Alle drei Perspektiven sind zwingend. Keinen Film würde es ohne den anderen geben."
Nach Ansicht des Grimme-Instituts war das Fernsehjahr 2016 geprägt durch die gesellschaftspolitische Lage und die Themenkomplexe Flucht, Krieg und NSU sowie die Transformationsprozesse, die Fernsehen aktuell durchläuft. "Die Preisträger des 53. Grimme-Preises zeigen auf beeindruckende Weise, in welcher Bandbreite es dem Medium Fernsehen gelingen kann, komplexe Sachverhalte, politische Verstrickungen, die Logik von Krieg und Terror oder auch die Manipulationen in gesellschaftlichen oder privaten Zusammenhängen auf ganz unterschiedliche Art und Weise in bewegte Bilder, packende Dramaturgien und anrührende Geschichten zu übersetzen", so Grimme-Direktorin Frauke Gerlach.
Weitere Preise in der Fiktion gehen in diesem Jahr an die Produktionen "Das weiße Kaninchen", "Ein Teil von uns" und "Dead Man Working", die ebenso wie der NSU-Dreiteiler aus dem ARD-Universum stammen. Ausgezeichnet wird aber auch die Jugendserie "Wishlist" des erst im vorigen Jahr gestarteten öffentlich-rechtlichen Jugendangebots funk. Von der Jury gibt es reichlich Lob: Leidenschaftlich, spannend, originell und hervorragend produziert sei die Serie, heißt es. Die Macher bewiesen zudem ein gutes Gespür für die Zielgruppe. Den Preis gibt's in der Kategorie Kinder & Jugend, in der mit "Nordstadtkinder - Lutwi" und "Der Mond und ich" noch zwei weitere öffentlich-rechtliche Produktionen geehrt werden. Bemerkenswert: Schauspieler Vincent Hagn ist mit seinen gerade mal acht Jahren der jüngste Grimme-Preisträger aller Zeiten.
"Neo Magazin" und Polak gewinnen in der Unterhaltung
Lediglich zwei Auszeichnungen werden unterdessen im Unterhaltungsbereich vergeben. Einer davon geht an das Team des "Neo Magazin Royale", das den Grimme-Preis übrigens sowohl für die Verafake-Aufbereitung als auch für die sehenswerte Einspielerschleife erhält, in der innerhalb von zwölf Minuten alle Formen und Formate persifliert werden, mit denen das Fernsehen sein Publikum in vorbereiteten Häppchen bedient. Es handle sich hierbei um "eine geniale Entzauberung der Fernsehroutinen", urteilt die Grimme-Jury. "Beide höchst unterschiedliche Beiträge des Fernsehjahres 2016 eint die Haltung, das gesendete Fernsehprogramm und dessen Konsumenten ernst zu nehmen."
Einen Grimme-Preis erhält zudem Oliver Polak für seine Moderation in der - wenig erfolgreichen - ProSieben-Show "Applaus und raus!". Ihm gelinge es, "das Fernsehgesprächsformat in die Sphären des Interessanten und Unerwarteten zurückzuholen", heißt es in der Begründung. Polak verlasse die tradierte Rolle des Moderators und sitze mitunter schlicht als Mensch dem Eingeladenen gegenüber. "Anders als in den traditionellen Talkformaten, in denen der Moderator oder die Moderatorin sich hinter einem Schutzanzug von Vorbereitungen und ausgeklügelten Fragen versteckt, um alle Beteiligten in bester Manier glänzen zu lassen, ist der Zuschauer bei 'Applaus und raus' dabei, wenn Fernsehen durchlässig wird." Unumstritten war die Auszeichnung aber nicht, ein Jury-Mitglied hat sich sogar öffentlich distanziert.
Der Preis für Polak ist zugleich die einzige Auszeichnung für einen Privatsender - auch in der Kategorie "Information & Kultur" gehen die Grimme-Preise in diesem Jahr nämlich ausschließlich an die Öffentlich-Rechtlichen. Den Publikumspreis der Marler Gruppe, die diesmal das Kontingent der Kategorie Kinder & Jugend gesichtet hat, erhält unterdessen Maike Conway für die ZDF-Produktion "stark! Ibrahim und Jeremia. Brüder auf Zeit". Besonderen Gefallen fand die Gruppe, die zur Hälfte mit Schülerinnen und Schülern von Marler Schulen besetzt war, daran, dass durch die Erzählung der Geschichte aus der Perspektive der Kinder ihre Probleme glaubwürdig und authentisch dargestellt wurden.
"Das Preisjahr 2016 verdeutlicht einmal mehr, dass die Frage der gesellschaftlichen Relevanz von Produktionen bei der Bewertung und der Frage danach, was vorbildlichen, preiswürdiges Fernsehen ist, bei den Grimme-Jurys eine Rolle spielt", so Frauke Gerlach. Die Verleihung des Preises findet übrigens am 31. März statt und wird von 3sat ab 19:00 Uhr im Livestream sowie später am Abend zeitversetzt im Programm des Kultursenders übertragen.
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