Vor wenigen Tagen hat ProSiebenSat.1Puls4, die Österreich-Tochter des deutschen Medienkonzerns, bestätigt, den Privatsender ATV übernehmen zu wollen (DWDL.de berichtete). Die geplante Übernahme sickerte schon vor Wochen an die Öffentlichkeit durch - auch, weil ProSiebenSat.1 intensive Gespräche mit den Kartellwächtern führte. Nun hat die österreichische BWB die Auflagen veröffentlicht, unter denen ein Zusammenschluss der Unternehmen möglich ist.
Grundsätzlich versuchen die Wettbewerbshüter, ATV so weit wie möglich als eigenständigen Sender zu erhalten. So muss der Sendername beibehalten werden und auch der aktuelle Programmplatz von ATV (bei vielen Menschen liegt ATV auf der drei) soll sich nicht ändern. Darüber hinaus ist eine Auflage, dass der künftige Unternehmenssitz in Österreich liegen muss. Das könnte bedeuten, dass die Wiener Standorte der beiden Unternehmen miteinander verschmelzen.
Darüber hinaus soll ATV einen eigenständigen Geschäftsführer sowie einen Chefredakteur behalten. Hinzu kommen eigenes Personal sowie ein Budget. Der Chefredakteur soll dabei komplett für ATV arbeiten, dem Geschäftsführer ist es auch erlaubt, zu einem gewissen Prozentsatz auch für andere Unternehmen von ProSiebenSat.1Puls4 tätig zu sein.
Eigenstände Redaktion
Inhaltlich soll ATV auch weiterhin Eigenproduktionen zeigen. So soll die Nachrichtensendung "ATV Aktuell" künftig werktäglich fortgeführt werden. Die BWB hat dazu mit den Unternehmen eine Mindestminutenanzahl festgelegt, hat diese aber als vertraulich festgelegt und daher nicht veröffentlicht. Zudem soll es kein Durchschalten der "Puls 4 News" zu ATV geben. Das Rohmaterial für die Nachrichten können beide Unternehmen aus einem Pool beziehen, auch bei der technischen Abwicklung darf man zusammenarbeiten. Zudem sollen die Nachrichten ein gewisses Budget und eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern erhalten - beide Angaben sind vertraulich.
Weiter eigene Produktionen
In der Unterhaltung soll sich ATV weiterhin auf österreichische Eigenproduktionen konzentrieren, der Sender setzt vor allem auf Dokusoaps wie "Bauer sucht Frau" und "Das Geschäft mit der Liebe". Eine Auflage ist zudem, dass es in Zukunft zwei Hauptabende geben wird, in denen es Österreich-Inhalte zu sehen geben soll. ATV-Eigenproduktionen dürfen erst nach einer gewissen Frist bei anderen Sendern der Gruppe laufen. Ein festgelegtes Budget für österreichische Eigenproduktionen ist als vertraulich eingestuft worden und daher nicht öffentlich. Auch die Programmplanung von ATV bleibt eigenständig. Hier darf man sich nur mit Puls 4 abstimmen, um Komplementärprogrammierungen zu besprechen.
Für die Werbevermarktung heißt es von der BWB lediglich, dass ATV auch in Zukunft eigenständig gebucht werden kann. Gut möglich also, dass die Abwicklung dann zu ProSiebenSat.1Puls4 wandert und hier viele ATV-Mitarbeiter ihren Job verlieren. Ein Treuhänder soll die Einhaltung der Auflagen überwachen. Alle Bestimmungen gelten zudem nur für ATV und nicht für den kleinen Spartensender ATV II. Eine Abänderungsklausel ist in den Auflagen ebenfalls enthalten. Darin heißt es: "Vor dem Hintergrund des im Hinblick auf ATV dringend bestehenden Sanierungsbedarfs sind die Verpflichtungszusagen jedenfalls zu ändern, aufzuheben oder einzuschränken, wenn sich zeigt, dass diese einer Sanierung von ATV abträglich sind."
Zeit für Einwände
Andere Medien und Mitbewerber haben nun zwei Wochen Zeit, um sich zu dem Verkauf von ATV zu äußern. Ein Mitspracherecht haben sie nicht, sie können aber ihre Bedenken äußern. Die BWB wird dann entscheiden, ob sie den Verkauf durchwinkt oder ob ein Kartellgericht über den Zusammenschluss entscheidet.
Die Auflagen durch die BWB dürften für ProSiebenSat.1Puls4 kein großes Problem sein, haben sie diese in den vergangenen Wochen doch mit ausgearbeitet. Zwar soll ATV nun möglichst eigenständig bleiben, Platz für Einsparungen und Synergien sind aber vorhanden. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Medienkonzern durch den Zukauf noch dominanter am Werbemarkt wird. Schon heute liegt der Werbe-Marktanteil von ProSiebenSat.1 bei mehr als 36 Prozent, durch ATV würden noch einmal mehr als sechs Prozentpunkte hinzukommen. Beim TV-Marktanteil würde man den ORF gemeinsam beim jungen Publikum überholen, wobei der öffentlich-rechtliche Sender insgesamt noch deutlich vorne liegt.