"Die Hälfte des Materials haben wir noch gar nicht gesichtet", gab Tom Tykwer gleich zu Beginn der Pressekonferenz in Clärchens Ballhaus in Berlin zu Protokoll. Mit seinen Co-Autoren und Co-Regisseuren Achim von Borries und Henk Handloegten war er direkt aus dem Schneideraum gekommen. 2.200 Stunden Drehmaterial hat das Trio im vorigen Jahr hergestellt, entstanden an 180 Drehtagen über sieben Monate.
Mit diesem Aufwand und mit annähernd 40 Millionen Euro Budget für zwei Staffeln à acht 45-Minuten-Folgen bricht "Babylon Berlin" alle deutschen TV-Serien-Rekorde. Dass nun sogar noch einige Szenen nachgedreht werden müssen, weil die Macher nicht ganz zufrieden sind, kam eher zufällig zur Sprache. Auf die Frage, warum sie ihr Haar noch immer im Stil der 20er Jahre trage, antwortete Hauptdarstellerin Liv Lisa Fries: "Weil ich es mag und weil wir in Kürze noch einen Nachdreh haben."
Die Logistik, die Tykwer, von Borries und Handloegten zu bewältigen haben, ist nicht zu unterschätzen. Gedreht haben sie parallel in drei verschiedenen Units, geschnitten wird jetzt und in den kommenden Monaten in drei verschiedenen Schnitträumen, zwischen denen die Regisseure hin und her wechseln. "Erst beim Dreh habe ich richtig verstanden, wie wichtig die ausführliche Vorbereitungs- und Probenarbeit war", so Hauptdarsteller Volker Bruch, der in der Serie den Kommissar Gereon Rath spielt. Tykwer nannte es ein "Geschenk", keinen alten Mustern folgen zu müssen, sondern in 16 Folgen Figuren in all ihrer Detailtiefe verfolgen und gleichzeitig ein Berliner Sittengemälde von 1929 einfangen zu können.
Verbunden mit der schon gewohnten Geheimniskrämerei, mit der die Partner hinter "Babylon Berlin" ihr Mammutprojekt noch interessanter machen wollen, wurde in Berlin ein fünfeinhalbminütiger Zusammenschnitt gezeigt. Fotos und Filmaufnahmen während der Trailer-Vorführung streng verboten. Online oder sonstwo soll er bis auf Weiteres nicht zu sehen sein. Wirklich repräsentativ für das ganze Werk waren die Szenen wohl ohnehin nicht, gab es doch vor allem Gewalt, Sex und andere Abgründe zu sehen. Was eine Reporterin des "Economist" prompt zu der Frage veranlasste, ob es in der Serie denn auch irgendetwas Fröhliches gebe. "Wir haben nicht den Anspruch, konstant schockierende Bilder zu zeigen", versuchte Tykwer zu beruhigen.
Inhaltlich betonten Macher und Verantwortliche die mitunter erschreckenden Parallelen zwischen der Serienhandlung 1929 und realen Geschehnissen im Hier und Jetzt. "Gegen Ende der 20er geht es immer mehr Leuten zu schnell, die Welt wird zu verwirrend, zu unübersichtlich und der Ruf nach der eisernen Faust wird lauter und lauter", so Achim von Borries. "Im Laufe unserer Arbeit an 'Babylon Berlin' glich sich die Welt immer mehr dieser Stimmung an. Unsere Serie ist heute aktueller denn je." Während der Dreharbeiten habe er jeden Tag die Zeitung aufgeschlagen, so Stefan Arndt, Chef der Produktionsfirma X Filme, und manche Entwicklung wie das drohende Auseinanderbrechen Europas nicht glauben können.
Wann sich deutsche TV-Zuschauer ein eigenes Bild von "Babylon Berlin" machen können, steht inzwischen auch fest. "Wir starten am Freitag, dem 13. Oktober in der Primetime um 20.15 Uhr auf Sky Atlantic mit Doppelfolgen", gab Sky-Deutschland-Chef Carsten Schmidt bekannt. Gute zwölf Monate später ist die ARD an der Reihe. "Wir zeigen 'Babylon Berlin' am Jahresende 2018 prominent und kompakt im Ersten", so Programmdirektor Volker Herres. "Und es gilt 'online first' – in unserer Mediathek wird die Serie vor der linearen Ausstrahlung abrufbar sein."
Für den Weltvertrieb konnte Jan Mojto, Chef der Beta Film und Koproduzent von "Babylon Berlin", erste positive Ergebnisse vermelden: "Die öffentlich-rechtlichen Sender SVT Schweden, NRK Norwegen, DR Dänemark, YLE Finnland und RUV Island haben sich bereits auf Drehbuchbasis entschieden. In diesen Tagen kamen Sky Italia, Sky UK, die spanische Premium-Plattform Movistar+/Telefonica und der belgische Pay-Partner Telenet hinzu. In den USA, Frankreich, weiteren europäischen Territorien und Lateinamerika stehen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss." Noch mehr Optimismus hatte gegen Ende der Pressekonferenz ARD-Degeto-Geschäftsführerin Christine Strobl zu verbreiten: Sie sei vom bisher Gesehenen so "angefixt und begeistert", dass sie sich gut vorstellen könne, möglichst schnell in die Entwicklung einer dritten Staffel zu gehen.