Der Streit um das beschlagnahmte Interview mit dem türkischen Jugend- und Sport-Minister Akif Cagatay Kilic vom 5. September wird nun zum Fall für die Justiz. Die Deutsche Welle, für deren Format "Conflict Zone" Michel Friedman den türkischen Minister interviewt hatte, reichte nun beim Zivilgericht Ankara Klage auf Herausgabe des Videomaterials ein. Das türkische Ministerium hatte zuvor zwei gesetzte Fristen verstreichen lassen.
Auch verschiedene Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und der DJV hatten bereits scharfe Kritik an der Türkei geübt, was allerdings ebensowenig fruchtete wie die Einschaltung der Deutschen Botschaft. DW-Intendant Peter Limbourg verurteilte das Vorgehen der türkischen Behörden: "Dieser Vorgang hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun. Wir fordern die türkische Seite nun auf dem Rechtsweg zur unverzüglichen Herausgabe unseres Videomaterials auf."
Der Rundfunkrat der DW, der am 23. September in Berlin tagte, unterstützt die Einreichung der Klage. Der Vorsitzende Prälat Karl Jüsten: "Wir treten für die uneingeschränkte Freiheit der Presse ein. Die Türkei ist mit Europa eng verbunden. Das bringt aber auch die Achtung von demokratischen Grundprinzipien wie der Pressefreiheit mit sich. Hier müssen vergleichbare Standards gelten. Es ist sehr beunruhigend, dass die Deutsche Welle gezwungen ist, vor Gericht auf die Herausgabe ihres Interviews mit einem türkischen Minister zu klagen." Im Vorgehen der Türkei sieht Jüsten zudem geradezu einen Beleg für die Bedeutung der Deutschen Welle: "Wir können nicht hinnehmen, was in der Türkei in Bezug auf die Pressefreiheit geschieht. Die DW ist hier gefordert, um die Menschen im Land umfassend und objektiv zu informieren und die Positionen Deutschlands zu vermitteln."
Michel Friedman, der das Interview geführt hatte, erklärte kurz nach der Beschlagnahmung gegenüber hr3: "Der Minister war vielleicht mit seinen Antworten nicht zufrieden, aber das kann nicht der Anlass sein, das Material zu beschlagnahmen. Wir sind nicht die PR-Agentur eines Ministeriums. Unsere Sendung ist darauf angelegt, Konfliktfragen zu stellen. Auch Fragen, die weh tun. Wir haben zum Beispiel Fragen zum Thema Pressefreiheit gestellt. An unserem Beispiel kann man eindeutig beweisen: Das Verständnis von Pressefreiheit ist anders als bei uns."