Während ProSiebenSat.1 mit Maxdome schon auf dem Markt war, als Netflix seine Inhalte noch per Post verschickte und Amazon gar nicht über Online-Videos nachdachte, hielt man sich bei RTL hinsichtlich eines Bezahl-Angebots in Sachen VoD bislang ziemlich zurück - wenn man von einzelnen Angeboten wie Kividoo von Super RTL, Videoland in den Niederlanden oder mit Abstrichen nun auch dem Bezahl-Angebot von "TV Now" mal absieht. Womöglich wird sich das in absehbarer Zeit aber ändern, wie Co-CEO Guillaume de Posch im Interview mit dem "Handelsblatt" ankündigt.
"Pay-TV ist nicht unser Kerngeschäft", erklärt er zunächst die bisherige Zurückhaltung. Man untersuche aber, "ob es für uns sinnvoll sein könnte, in den nächsten zwei, drei Jahren eine europäische Bezahl-Plattform zu starten" und damit in Konkurrenz zu Netflix, Amazon Prime Video und Co. zu treten. Davor müsse man aber beispielsweise klären, welches Risiko man eingehen wolle und ob man Programmrechte für ganz Europa erwerben könne oder weiterhin für jedes Land einzeln - was ein solches Angebot stark erschweren würde. Generell hält er das Geschäft mit Bezahlinhalten in Europa für deutlich schwieriger als in den USA. "In der alten Welt gibt es viel mehr Free-TV-Sender als jenseits des großen Teichs. Denn es gilt nach wie vor: 'Nothing beats free' - nichts geht über kostenfreies Fernsehen."
Das ändert sich nach de Poschs Einschätzung auch für die Zukunft: "Grundsätzlich läuft werbefinanziertes Fernsehen auch auf den digitalen Geräten". Er verweist auf werbefinanzierte VoD-Dienste der großen Sender oder auch die Multi-Channel-Networks auf YouTube, in die die RTL Group groß investiert hat. Mit diesen sieht man sich gut aufgestellt. "Anke Schäferkordt und ich glauben, dass die Millennials Fernsehen anders konsumieren werden, als wir es heute tun - in den jungen Zielgruppen gibt es einen starken Trend zu kurzen Videos, die mobil und auf Abruf angeschaut werden".
Generell glaubt de Posch daran, dass sich "die Gewichte zwischen klassischem und dem neuen non-linearen Fernsehen in den nächsten Generationen verschieben" - allerdings wird das aus seiner Sicht eine eher gemächliche Verschiebung. "Vielleicht wird in 30 Jahrena uf die nonlineare TV-Nutzung genauso viel Zeit entfallen wie auf die lineare. Doch eines ist sicher: Verschwinden wird das lineare Fernsehen nicht."