Von einem "Pranger der Schande" sprach "Bild", als das Springer-Blatt im Herbst die Identität von Facebook-Nutzern öffentlich machte, die das soziale Netzwerk dazu nutzten, um sich im Zusammenhang mit Flüchtlingen menschenverachtend und ausländerfeindlich zu äußern. Eine Frau, die mit ihrem Klarnamen und Profilbild zu sehen war, ging dagegen vor - und bekam nun vom Oberlandesgericht München Recht. Das zunächst angerufene Landgericht hatte den Antrag auf eine einstweilige Verfügung noch abgelehnt und sich damit der Ansicht des Presserates angeschlossen.

We der Rechtanwalt Matthias Hechler mitteilte, habe das Oberlandesgericht "Bild.de" nun dazu verurteilt, die Veröffentlichung des Bildes im Internet-Pranger zu unterlassen. Die Richter sahen in dem Pranger einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Eine derartige Bildberichterstattung, in der Personen mit vollem Namen und Profilbild unter einer derartigen Überschrift abgebildet werden, habe eine solche Prangerwirkung, die die Facebook-Nutzerin nicht dulden müsse. Der Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte sei so eindeutig, dass es auf urheberrechtliche Erwägungen nicht mehr ankomme.

Eine Abwägung der betroffenen Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrechts andererseits komme zu dem Ergebnis, dass keine Notwendigkeit bestehe, die betroffenen Facebook-Nutzer mit deren Foto abzubilden, so die Richter. Die bildliche Darstellung einzelner Persönlichkeiten gegen deren Willen unter abwertenden Umständen sei die moderne Form des Prangers, die heute nicht mehr zulässig sei. Deshalb sei der Pressefreiheit eine Grenze im Fall einer unzulässigen Prangerwirkung zu setzen.

Der Streit ist mit der jüngsten Entscheidung aber vermutlich noch nicht vom Tisch. "Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, diese werden wir prüfen. Das Urteil in diesem Verfügungsverfahren werden wir aber nicht rechtskräftig werden lassen", sagte ein Springer-Sprecher am Montag gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. "Der Streit wirft grundsätzliche Rechtsfragen auf, die bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden wurden. Wir gehen deshalb, falls notwendig, bis zum Bundesgerichtshof."