In einer neuen Location und ohne TV-Ausstrahlung: Es war einiges anders bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises am Mittwochabend. Und auch wenn es ganz sicher schade ist, dass nicht mehr als eine halbstündige Zusammenfassung der Gala beim Minisender Einsfestival zu sehen ist, so haben sich die Veränderungen hin zu einem Branchentreff durchaus bezahlt gemacht - alleine schon, weil endlich wieder die klassischen Werkskategorien Beachtung fanden. Daneben sorgte aber auch Barbara Schöneberger dafür, dass es ein gelungener Abend in den Düsseldorfer Rheinterrassen wurde. "Wir können uns komplett zulöten, in die Kameras winken - all das machen, was wir schon immer machen wollten", scherzte sie gleich zu Beginn des Abends.
Am Ende stand sie allerdings auch deshalb im Mittelpunkt, weil sie den Fernsehpreis in der Kategorie Beste Moderation Unterhaltung entgegennehmen konnte. "Ich krieg einen Preis - und keine Sau sieht's", ulkte Schöneberger, die für ihre Leistung in der RTL-Show "Die 2 - Gottschalk & Jauch gegen alle" geehrt wurde. Strahlende Gesichter gab es allerdings nicht zuletzt bei den Verantwortlichen von Vox, die mit gleich drei prestigeträchtige Auszeichnungen zu den heimlichen Gewinnern des Abends avancierten. Ob in der Fiction, in der Unterhaltung oder in der Information - die Bandbreite der Vox-Auszeichnungen belegt, dass die Mannschaft um Senderchef Bernd Reichart in den vergangenen Monaten einiges richtig gemacht hat.
So gewann der Sender mit seinem kürzlich ausgestrahlten Überraschungs-Erfolg "Club der roten Bänder" den Preis für die Beste Serie. Die Adaption des spanischen Originals, die Vox-Chef Bernd Reichart in besonderem Maße am Herzen lag, setzte sich nicht nur gegen die ebenfalls von Bantry Bay produzierte Pay-TV-Serie "Weinberg" durch, sondern auch gegen "Deutschland 83", das Ende vergangenen Jahres trotz zahlreicher Vorschusslorbeeren nicht der erhoffte Publikumserfolg für RTL worden war. Ausgezeichnet wurde auch "Die Höhle der Löwen" in der Kategorie Bestes Factual Entertainment, in der Vox ebenfalls den großen Bruder hinter sich lassen konnte. RTL befand sich hier mit dem "Jenke-Experiment" neben "Kessler ist..." im Rennen.
Vox setzte sich aber auch in der Kategorie Beste Dokumentation / Reportage durch: Hier ging der Preis etwas überraschend an die Samstags-Dokumentation "Asterweg - Eine Straße ohne Ausweg" über einen Problem-Straßenzug in Kaiserslautern. Der Film stammt von 99pro, dem langjährigen Produzenten der Katzenberger-Formate bei Vox, und weist eine Parallele zum "Club der roten Bänder" und der "Höhle der Löwen" auf: In allen drei Fällen gelang es Vox, sowohl Kritiker als auch Zuschauer zu überzeugen. Damit wurde dem großen Bruder RTL, der den Abend ausrichtete, klar die Show gestohlen. Der Marktführer konnte neben dem Preis für Schöneberger noch über den Preis für "Deutschland 83"-Darsteller Jonas Nay jubeln, der auch für den ZDF-Mehrteiler "Tannbach" ausgezeichnet wurde. Als beste Schauspielerin wurde unterdessen Ina Weisse für ihre Rolle in den Filmen "Ich will dich" (ARD) und "Ein großer Aufbruch" (ZDF) geehrt.
Darsteller der Vox-Serie "Club der roten Bänder"
Im Unterhaltungs-Genre wurden gleich mehrere Fernsehpreise verliehen - in der Primetime-Kategorie war es "Joko gegen Klaas - Das Duell um die Welt", das die Jury mit einer Auszeichnung bedachte. Die Sendung war zusammen mit den Musikshows "The Voice of Germany" und "Sing meinen Song" nominiert, die beide jedoch in der Vergangenheit schon Preise erhalten hatten. In der Kategorie Beste Unterhaltung Late Night gingen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf dagegen leer aus: Hier musste das Duo ebenso wie die TNT-Glitz-Show "Ponyhof" dem "Neo Magazin Royale" mit Jan Böhmermann den Vortritt lassen. "Ich möchte mich bei all denen entschuldigen, denen ich aufs Buffet gekackt habe. Aber ihr habt es meist verdient", scherzte Böhmermann in Düsseldorf. Das ZDF sicherte sich zudem für "Die Anstalt" auch einen Preis als Beste Comedy.
Als Bester Fernsehfilm setzte sich bei der diesjährigen Fernsehpreis-Verleihung die ARD-Produktion "Nackt unter Wölfen" durch - aber auch bei Sat.1 kann man sich mit Blick auf den beim Publikum wenig gefragten Krimi "Mordkommission Berlin 1" freuen. Der von Kritikern hoch gelobte Film erhielt zwei Preise für die Beste Musik und die Beste Ausstattung und sorgte dafür, dass man in Unterföhring doch noch Grund zur Freude hat. Die ansonsten sehr geringe Ausbeute dürfte jedoch hoffentlich Ansporn sein, in den kommenden Monaten wieder mehr in eigene Produktionen zu investieren. Vor allem im Serienbereich herrschte bei ProSiebenSat.1 zuletzt eine erstaunliche Leere.
In der Kategorie Beste Information, die sich ganz der Berichterstattung über die Flüchtlingskrise widmete, setzte sich N24 gegen die ARD und RTL durch. Der Informationssender erhielt den Fernsehpreis für die Produktion "An der Grenze - 24 Stunden an den Brennpunkten der Flüchtlingskrise." Für die persönliche Leistung bekam Michel Abdollahi den Fernsehpreis, der unter anderem mit seiner NDR-Reportage "Im Nazidorf" für Furore sorgte. Er gewann gegen Dunja Hayali und Anja Reschke. Den Preis für die beste Talksendung ging an "Menschen bei Maischberger" - und auch beim Besten Sportjournalismus waren es die Öffentlich-Rechtlichen, die sich durchsetzten. Hier gewann Hajo Seppelt für seine Aufsehen erregende Dokumentation "Geheimsache Doping" den Fernsehpreis. Der Journalist war sichtlich gerührt und widmete die Auszeichnung seiner kürzlich verstorbenen Mutter.
Für ein kurzes Aufhorchen sorgte zwischenzeitlich die Dankesrede des Förderpreisträgers Hubertus Koch, der für mehr Ernsthaftigkeit und Qualität plädierte. "Ich mache das deutsche Fernsehen an und kriege das kalte Kotzen", ließ er die anwesenden Fernsehmacher wissen. Gleichwohl freute er sich über das Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro, das er als Würdigung für seinen sehenswerten YouTube-Dokumentarfilm "Süchtig nach Jihad" erhielt. Ein kleiner Reich-Ranicki-Moment - doch anders als der verstorbene Literaturkritiker nahm Koch seinen Fernsehpreis glücklicherweise an. Beendet wurde der durchaus launige Abend mit der Verleihung des Ehrenpreises der Stifter an Günter Wallraff, der sich dadurch zwar "aufs Altenteil katapultiert" sieht, aber dennoch weitermachen will. Das wird man bei RTL gerne hören.
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