Vor zwei Wochen kündigte der NDR an, das das Dokudrama über das Leben von Hannelore Kohl nicht wie geplant umsetzen zu können. Man könne die Arbeit zum großen Bedauern nicht fortführen, weil man "mit Peter Kohl keine einheitliche Sichtweise auf die Anlage der Hauptfigur" habe finden können", erklärte NDR-Spielfilm-Chef Christian Granderath. "Wir haben mit Raymond Ley viele ausgezeichnete Dokudramen realisiert. In diesem Fall werden wir uns nun auf der Basis seiner intensiven Recherchearbeit auf die Produktion einer umfassenden Dokumentation konzentrieren."
Nun hat sich Kohl-Sohn Walter in einem langen "Bunte"-Interview zu Wort gemeldet und massive Kritik an der ARD und der Produktionsfirma UFA Fiction geäußert. "Der bestehende Drehbuchentwurf ist völlig inakzeptabel, zudem strotzt er vor historischen und biografischen Fehlern und das Bild unserer Familie ist verzerrt dargestellt. Für eine solche Verunglimpfung stehe ich nicht zur Verfügung." Die Fassung bewege sich "auf dem Qualitätsniveau einer Soap", so Walter Kohl. "Unsere Mutter wird durchgängig als kleinbürgerliches Dummchen ohne eigene Meinung dargestellt." Er und sein Bruder hätten sich 2011 zur Mitarbeit überzeugen lassen, "weil unsere Eltern ein vertrautes und enges Verhältnis zu Nico Hofmanns Vater hatten. Leider muss ich heute feststellen, dass das Vertrauen, das wir vorausgesetzt haben, gebrochen und enttäuscht wurde."
Bei UFA Fiction spricht man derweil von "unzutreffenden und unsachlichen Äußerungen" und betont, Kohls frühere Ehefrau werde im Drehbuch "nachweisbar als autonomer Charakter gezeichnet, der eigenständig und stark agiert und deren Wirken und Wirkung auf den ehemaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl vor allem im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung deutlich wird". Nico Hofmann, Produzent und Geschäftsführer von UFA Fiction: "Die geäußerten Schmähungen gegenüber ARD, UFA Fiction und dem preisgekrönten Dokumentaristen Raymond Ley überraschen mich, zumal sie sich auf eine laufende Drehbucharbeit beziehen, die noch nicht abgeschlossen war."
Walter Kohl wirft Ley vor, "viele zentrale Quellen selektiv und tendenziös" ausgewertet zu haben. "Es scheint, dass Herr Ley von seinen Überzeugungen her rückwärts schreibt und nicht zulässt, wie es wirklich war." Darüber hinaus würden auch die Perönlichkeitsrechte seines Vaters "immer wieder verletzt, teilweise subtil", so Kohl im "Bunte"-Interview. Auch die eigene Darstellung stößt ihm sauer auf: "Der Walter Kohl im Drehbuch - und das gilt auch für meinen Bruder - ist ein für mich unbekanntes Wesen."
Nico Hofmann kann diese Kritik nicht nachvollziehen. Die Schwierigkeit in der Trennschärfe zwischen persönlichem Erlebnis, historischer Recherche und der speziellen Verfahrensweise bei dokufiktionalen Filmen, sei auf Seiten der Brüder Kohl nicht verstanden worden, mutmaßt Hofmann, der bereits vor Jahren für das ZDF den Film "Der Mann aus der Pfalz" produzierte. "Ich habe große Achtung vor dem Lebenswerk von Helmut und Hannelore Kohl, nichts liegt mir ferner, als ein solches Lebenswerk klischeehaft zu denunzieren - in diesem Geiste haben wir mit Raymond Ley und dem federführenden NDR zusammengearbeitet."