ARD-Vorsitzender Lutz Marmor und ZDF-Intendant Thomas Bellut haben am vergangenen Donnerstag Post von elf TV-Branchenverbänden bekommen. In einem gemeinsamen offenen Brief fordern diese, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten einen neuen, bisher nicht vorgesehenen Etatposten "Lizenzkosten nicht-lineare Verbreitung" bei der KEF anmelden sollen (DWDL.de berichtete).

Ihr Ziel ist die angemessene Vergütung von Urhebern und Produzenten für den Fall, dass die Sieben-Tage-Regelung abgeschafft wird und Sendungen länger in den Mediatheken von ARD und ZDF verbleiben dürfen. Auf allzu große Gegenliebe seitens der Anstalten stößt der geballte Vorstoß der Fernsehschaffenden nicht. Auf Nachfrage des Medienmagazins DWDL.de fällt die Reaktion der ARD zurückhaltend, die des ZDF sogar ganz klar ablehnend aus.

 

"Der formulierte Anspruch der Verbände auf Lizenzvergütung für nicht-lineare Verbreitung von Produktionen ist ja nicht neu", lässt MDR-Intendantin Karola Wille ausrichten, die als "Filmintendantin" der ARD für die Gespräche mit den Produzentenverbänden zuständig ist. Ein wesentlicher Punkt bei der bevorstehenden KEF-Anmeldung sei die rundfunkspezifische Teuerungsrate. "Die Intendanten der ARD werden alle Faktoren, die für diese rundfunkspezifische Teuerungsrate maßgeblich sind, bei den Berechnungen für die KEF-Anmeldung einfließen lassen. Aktuelle Entwicklungen etwa aus Verpflichtungen gegenüber Produzenten und anderen Fernsehschaffenden werden hierbei berücksichtigt."

Mit anderen Worten: Das Thema Mediathek-Vergütung ist aus ARD-Sicht nur einer von vielen Kostentreibern – und ein neuer, eigenständiger Etatposten für die KEF-Anmeldung vorerst nicht unbedingt erforderlich. Dass Kostensteigerungen aus Vereinbarungen mit Urhebern und Produzenten bei der bevorstehenden KEF-Anmeldung für den Beitragszeitraum 2017-2020 berücksichtigt werden, gilt ebenso fürs ZDF, wie ein Sendersprecher gegenüber DWDL.de bestätigt.

Doch darüber hinaus gehen die Mainzer mit der Vorstellung der Verbände hart ins Gericht: "
Die geforderte gesetzliche Festlegung einer konkreten Aufwandsposition wäre systemwidrig und unangemessen", so die ZDF-Position. "Sie ist auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht problematisch und würde einen unzulässigen Eingriff in die Programmautonomie der Rundfunkanstalten darstellen. Die Vergütung der Produzenten für die Herstellung von Auftragsproduktionen nimmt nicht einzelne Nutzungsarten in den Blick. Vielmehr werden kalkulierte Herstellungskosten vergütet und hierauf Handlungskosten und Gewinn kalkuliert, der an die Produzenten für die Herstellung der Produktion gezahlt wird. Dabei handelt es sich regelmäßig um vollfinanzierte Auftragsproduktionen, bei denen dem ZDF entsprechend dem Grundsatz 'rights follow the risk' sämtliche Nutzungsrechte zustehen." 

Spätestens hier wird klar, dass der Dissens tiefer sitzt und nicht bloß die Mediathek-Vergütung betrifft. Denn während der Sender einmal mehr auf dem Anspruch der Vollfinanzierung beharrt, kämpfen die Produzentenverbände seit Jahren darum, dass nicht berücksichtigte Kosten – etwa für Entwicklung – entweder mit mehr Geld oder mit mehr Rechten abgegolten werden. Aus Sicht des ZDF jedoch gibt es aktuell keinen Handlungsbedarf, da "ungeachtet der Vollfinanzierung der Produktion durch das ZDF der Produzent im Fall einer kommerziellen Verwertung der Produktion an den Erträgen hälftig beteiligt" werde und für eine gesonderte Online-Vergütung "daher in dieser Honorierungssystematik kein Anlass" bestehe.

Im Hinblick auf Urheber und Mitwirkende verweist das ZDF auf "weitreichende gemeinsame Vergütungsregeln nach § 36 Urhebergesetz bzw. Tarifverträge. Diese berücksichtigen die Online-Nutzung und sehen teils explizit ausgewiesene Vergütungsanteile vor. Alternativ werden in sogenannten Korbmodellen die Nutzungsrechte für die eigenen Nutzungen des ZDF über einen bestimmten Zeitraum abgegolten. In letzterem Fall wird die öffentliche Wiedergabe der Produktion vergütet und nicht zwischen online und linearer Sendung unterschieden."

Dass weder ARD noch ZDF bei ihren KEF-Anmeldungen in den nächsten Monaten der Forderung der Branchenverbände folgen werden, kann damit als sicher angenommen werden. Was sich für die Regulierung der öffentlich-rechtlichen Mediatheken in Zukunft ändern wird, hängt vom politischen Beschluss der Ministerpräsidenten ab, den diese aufs Frühjahr 2016 vertagt haben.

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