Burger zum Selberbauen, ein Tischfußball-Turnier, Heimwerken mit den neuen Senderstars, eine schöne Frau an ihrer Seite. Fehlt was? Ah, Autos. Wenn RTL Nitro an diesem Donnerstag in Hamburg sein Programm für die neue Saison präsentiert, darf es natürlich an keinem Klischee mangeln. Wozu auch? Das, was die Kölner in ihrer Nische treiben, ist ja erfolgreich - nach einem sehr guten Ergebnis im Mai gelang es Senderchef Oliver Schablitzki, den Marktanteil unter den 14- bis 49-Jährigen im Juni um weitere 0,3 Prozentpunkte auf 2,1 Prozent zu steigern, aufs Jahr gesehen der Spitzenplatz unter den Kleinsendern, sogar in die Sender-Top-Ten ist man vorgedrungen. Und so ist es kein Wunder, dass die Verantwortlichen bei der Vorstellung ihres Programms in Hamburg selbstbewusst sind. "Wir hatten ein Hammerjahr", wie Schablitzki es ausdrückt - und alle "Wir sind ein Männersender"-Register ziehen. Und zu dem schnellen Auto kommen wir später.
Das, was auf den RTL-Nitro-Zuschauer-Mann zukommt, ist die konsequente Weiterentwicklung des bisherigen: kleine Highlights, die perfekt zur Zielgruppe passen, aufgebaut auf einer mehr als soliden Basis. Die Übertragung der Preisverleihung der "GQ - Männer des Jahres" des Condé Nast-Magazins "GQ" mit allerlei internationalen Stars und gutgekleideten Menschen. "Das ist ein ganz neues Segment für uns, aber da können wir uns keinen passenderen Partner und kein besseres Thema vorstellen", sagt Schablitzki. Die Übertragung von mindestens sieben EM-Qualifikationsspielen ohne deutsche Beteiligung mit Fußball-Neuling - aber TV-Routinier - Markus Kavka. Mit dem ersten Spiel Mitte Juni landete der Sender einen Überraschungserfolg. Und je näher die Entscheidung rückt, desto mehr Aufmerksamkeit dürften die Spiele bekommen und damit die Einschaltquote steigen: Im September müssen die Niederlande um die Qualifikation fürchten. Dazu: Eigenproduktionen im Heimwerker-Segment, eingekaufte Abenteurer-Shows und vielversprechende US-Serien.
Der Blick auf die neuen US-Serien verrät, dass der Sender seine Retro-Strategie, die man an den eigenproduzierten Magazinen "Yps" und "Formel Eins" beobachten kann, auch im Bereich Fiktion verfolgt. Zwei der neuen Serien tragen Titel von Filmen, die in den 90ern Kult waren. Filme, die junge Männer damals mit leuchtenden Augen gesehen haben, über die sie mit ihren Freunden gesprochen haben: "Twelve Monkeys" mit Bruce Willis und Brad Pitt und "From Tusk Till Dawn" mit George Clooney. Natürlich sind die jungen Männer von damals heute, 20 Jahre später, neugierig auf den Stoff als Serie. Zumal die Serie "From Dusk Till Dawn" genau wie der Film von Robert Rodriguez gemacht wurde - sie geht allerdings über den Film hinaus, ist an die Originalgeschichte nur angelehnt. "Twelve Monkeys" dagegen basiert auf dem Kultfilm. Auch die dritte neue Serie dürfte viele Zuschauer vor den Bildschirm bringen: die in den USA bereits sehr erfolgreiche Polizei-Comedy "Brooklyn Nine-Nine". Sie habe alles, was eine Serie für Nitro brauche, erklärt Schablitzki: "Tolle Figuren, einen lustigen Humor und viele, viele Folgen. Das ist eine Serie, die auch Prosieben sicher gerne gehabt hätte." Ein kleiner Seitenhieb auf die große Konkurrenz - um dann kurz darauf mit den Worten "Wir sind ein kleiner Sender, wir können uns erlauben, auch mal auszuprobieren" eine Comedy aus Frankreich vorzustellen: "Lazy Company", in deren Mittelpunkt vier etwas chaotische US-Soldaten stehen, die sich 1944 in Frankreich durchschlagen. Eine spannende Mischung aus "M.A.S.H." und "Inglourious Basterds", die Ende des Jahres gezeigt werden soll.
Ziemlich stolz scheint Schablitzki darauf zu sein, künftig auch einen sehr bekannten Abenteurer im Programm zu haben: "Wir wollten nicht die zweitbeste Lösung, sondern Bear Grylls". Da spielt es dann auch keine Rolle, dass der Ex-Soldat auch beim schärfsten Konkurrenten DMAX zu sehen ist. Im Bereich Factual wird weiter ausgebaut: Neben der neuen fesselnden Hochsee-Fischer-Doku "Wicked Tuna" wird in der nächsten Saison außerdem das BBC-Autobastler-Abenteuer "Mud, Sweat and Gear" und die Ralley-Doku "Alaska Offroad Warrior" zu sehen sein.
Kommen wir zu den neuen Senderstars: Jan Köppen (dem RTL-Nitro-Mann bereits als Moderator der "Yps"-Show bekannt) und André Schubert hatten Anfang des Jahres in einem Piloten der Sendung "Hammerzeit" bereits gezeigt, dass sie nicht unbedingt wahre Heimwerkerkönige sind, es aber ziemlich lustig ist, wenn sie zu Hammer und Säge greifen. Sie bekommen nun noch eine schöne Frau an die Seite - was stark an die Konstellation in der Serie "Hör mal, wer da hämmert" erinnert: Daniela Sudau, die 2011 zum Playmate des Jahres gekürt wurde, soll den Quatsch mitmachen, aber auch echte Tipps geben. Sollte die Show halten, was der Pilot verspricht, könnte das ein kleines, feines Highlight im Programm werden.
Dass die Verantwortlichen des Nischensenders auch Selbstironie können, wird klar, als Köppen und Schubert den Auftrag bekommen, Bobbycars zu tunen und dann ein Rennen veranstalten. Sie präsentieren perfekt gepimpte Untersätze - der Motor ein Akkuschrauber, das Gashebel eine Fahrradbremse -, die zumindest bei der Trockenübung einen überzeugenden Eindruck machen. Doch am Ende versagen die Mini-Autos kläglich, als sich Köppen und Schubert auf sie setzen und Gas geben. Selbst die Kleinen brauchen eben richtig starke Motoren, wenn sie sich mit den Großen messen wollen.
Die kleinen Motoren an den Bobbycars sind zu schwach: RTL-Nitro-Senderchef Oliver Schablitzki gibt Jan Köppen (l.) und André Schubert Anschwung.