Während die Ministerpräsidenten am Donnerstag über die Verwendung der erwarteten Mehreinnahmen beratschlagen, hat der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio - früher als GEZ bekannt - seinen Kassensturz für 2014 schon abgeschlossen. Insgesamt 8,324 Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr demnach in den Kassen des öffentlich-rechtlichen Systems gelandet. Das sind 643 Millionen Euro mehr als 2013 - und 268 Millionen Euro mehr als in der eigenen 2014er Prognose des Beitragsservice.
"Die Beitragserträge entwickelten sich wesentlich positiver als geplant", frohlockt Beitragsservice-Geschäftsführer Stefan Wolf. "Das neue Finanzierungsmodell erreicht damit die Ziele des Gesetzgebers, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern und ein höheres Maß an Beitragsgerechtigkeit herzustellen." Rund 5 Millionen Wohnungen wurden 2014 laut Geschäftsbericht neu angemeldet, dem standen 2 Millionen Abmeldungen gegenüber. Unterm Strich waren damit 39,4 Millionen Wohnungen im Bestand des Beitragsservice.
Diese hohe Zahl an Wohnungen ist deshalb bemerkenswert, weil es in Deutschland mutmaßlich gar nicht so viele Wohnungen gibt. Zieht man die Zahlen aus Zensus und Mikrozensus von 2010 und 2011 heran, so liegt die Schwankungsbreite zwischen 36,8 und 39,0 Millionen Wohnungen. Die Erklärung: Weil nach der 2013 erfolgten Umstellung des Systems von der alten Rundfunkgebühr auf den neuen Rundfunkbeitrag viel weniger Nichtzahler auf die Post der Inkasso-Behörde aus Köln-Bocklemünd reagierten als erhofft, griff man zum Mittel der Direktanmeldung, das der Gesetzgeber neu zur Verfügung gestellt hatte. Wer trotz mehrmaliger Anschreiben nicht antwortete, wurde vom Beitragsservice automatisch direkt angemeldet - und damit zahlungspflichtig.
4,14 Millionen solcher Direktanmeldungen nahm der Beitragsservice 2014 vor - dadurch kamen Erträge von 498 Millionen Euro zustande. Allerdings wissen Wolf und seine Leute, dass ein guter Teil dieser Direktanmeldungen - wohl etwas über 40 Prozent - aus verschiedensten Gründen gar nicht beitragspflichtig ist. Etwa weil hunderte ausländische Erntehelfer auf einen Großbauernhof gemeldet sind oder Flüchtlingsunterkünfte mitgemeldet wurden. In solchen und vielen weiteren Fällen wird es mit einer zügigen Rückantwort auf die Briefe vom Beitragsservice schwierig.
Die Folge: Von den 4,14 Millionen Direktanmeldungen waren im Jahr 2014 nur 1,46 Millionen beitragswirksam. Und es ist davon auszugehen, dass weitere Abmeldungen von zuvor direkt angemeldeten Teilnehmern erfolgen werden. Alle Prognosen für den Rest der Beitragsperiode bis Ende 2016 seien nicht nur deshalb immer mit Unsicherheiten verbunden, betont Beitragsservice-Boss Wolf. Die bekannte Zahl von ca. 1,51 Milliarden Euro Mehreinnahmen - bezogen auf die gesamte Periode von 2013 bis 2016 - steht auch in seinen Berechnungen. Sie basiert auf einer einfachen Fortschreibung der Entwicklung auf Basis des Jahresabschlusses 2014. Tatsächlich in der Rücklagenkasse angekommen sind bislang erst 831 Millionen Euro an Mehreinnahmen aus 2013 und 2014.
"In der weiteren politischen Diskussion wird zu berücksichtigen sein, dass die erhöhten Erträge nicht auch bereits mit Mehreinnahmen in gleichem Umfang gleichzusetzen sind", gibt Wolf zu bedenken. "Denn die Forderungen müssen zunächst realisiert werden, um als Einnahmen verbucht werden zu können. Der Zahlungseingang bleibt bislang jedoch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Gründe dafür werden derzeit analysiert."
Rund 2 Prozent der Erträge - oder 170,6 Millionen Euro - bleiben in Köln-Bocklemünd, um den aufwendigen Betrieb des Beitragsservice zu finanzieren. Der ist zwar dabei, seine Mitarbeiterzahl von 1.200 im Jahr 2014 auf unter 1.000 bis Ende 2016 zu reduzieren. Doch es gibt nach wie vor gewaltige Massen zu bearbeiten: 70.000 Briefe, 10.000 Faxe, 5.000 E-Mails und 18.000 Anrufe erreichen den Beitragsservice jeden Tag. Die Sachbearbeiter verschicken täglich 50.000 Briefe. Wenn man so will: auch ein Stück deutscher Befindlichkeit.