Weder die neue Leiterin des Grimme-Instituts, Dr. Frauke Gerlach, noch der neue Herr des Grimme-Preises, Steffen Grimberg, stellten sich den Gästen im Theater von Marl vor. Es mag aber auch den Umständen geschuldet sein. Moderator Jörg Thadeusz bat vor Beginn der Verleihung um Rücksicht, dass man an diesem Abend in Marl - Nachbarstadt von Haltern am See - angesichts der Absturz-Tragödie nicht das große Ramba-Zamba veranstalten werde. Dies bekräftigte auch der Bürgermeister der Stadt, der die geladenen Gäste um eine Schweigeminute im Stehen bat.
SPD-Politiker Werner Arndt musste auf dem Weg ins Marler Theater vorbei an einem erstaunlich großen Transparent der örtlichen Piratenpartei. Die hatte den Grimme-Preis für "Die Anstalt" und ihrem Umgang mit der Flüchtlingsthematik als Anlass für Protest gegen den Bürgermeister genutzt. "So nicht, Herr Arndt! Der Anstalt applaudieren, Schimmel akzeptieren. Schimmelpreis fürs Flüchtlingsheim", stand auf dem Transparent geschrieben. Proteste sind bei der aufmerksamkeitsstärksten Veranstaltung, den die Stadt im Norden des Ruhrgebiets im Jahr erlebt, nicht neu.
Aber in diesem Jahr war es Protest mit Botschaft - und gleichzeitig der größte Aufreger des Abends. Das lag nicht am Erfolg draußen, sondern der routinierten Preisvergabe drinnen. Die Gewinner sind seit Wochen bekannt, selbst die Reihenfolge der Preisvergabe innerhalb der Gala verrät man per ausliegenden Programmheft und überraschende Dankesreden vermeidet man durch die Unterbindung von Dankesreden. Wie beim Grimme-Preis üblich, durften die Gewinner auf der Bühne mal mehr, mal weniger kluge Fragen beantworten. Wer das Spiel kannte, versuchte in den Antworten irgendwie einen Dank unterzubringen.
Voraussetzung dafür: Überhaupt gefragt zu werden. Die Gewinner im Wettbewerb Unterhaltung könnte der Grimme-Preis nicht noch stiefmütterlicher präsentieren: Gleich als erste Preise des Abends verliehen, musste es schnell gehen. Da kam so mancher gar nicht zu Wort - während am Ende bei den Gewinnern des Wettbewerbs Fiktion genug Zeit für manchen Plausch auf der Bühne blieb. Da ließ sich erahnen, wie unterhaltsam es sein könnte, wenn man den Gewinnern etwas mehr Zeit zugesteht.
Wenn Jörg Thadeusz Preisträgerin Suzanne von Borsody etwa wiederholt bittet, ihm doch ins Gesicht zu schlagen (wie sie es in "Männertreu" mit Matthias Brandt getan hat) oder sich der großartige Ulrich Tukur bei der Auszeichnung des "Tatort: Im Schmerz geboren" selbst zurücknimmt und Regisseur sowie Autor den Ruhm gönnt - dann sind das die wenigen überraschenden Momente dieses Abends in Marl. Ein Fehlgriff war die "Romantische Band", die allenfalls solide spielte - und angeführt wurde von Mark Scheibe, den Jörg Thadeusz fälschlicherweise mit den Worten vorstellte, er würde das Singen heute Abend demjenigen überlassen, der es auch könne.
Seine albernen Mitmach-Aktionen passten nicht zu einer Preisverleihung wie dem Grimme-Preis. Auf dieses "Ramba-Zamba" hätte man verzichten können - und dafür mehr der Gewinner länger zu Wort kommen lassen. Das wäre ergiebiger gewesen, da nicht jeder Ausschnitt der ausgezeichneten Programme einen glücklichen Eindruck der Formate bzw. Produktionen vermittelte. Es gibt also genügend Stellen an denen Dr. Frauke Gerlach und Steffen Grimberg ansetzen können, um im nächsten Jahr dann zu einem erneuerten Grimme-Preis begrüßen zu können.