Zwölf Grimme-Preise werden am 27. März im nordrhein-westfälischen Marl vergeben. Die ARD kann sich an diesem Abend gleich neun Grimme-Preise abholen. Die anderen drei Auszeichnungen gehen auf das Konto des ZDF. Die Privatsender, ohnehin mit insgesamt nur vier Nominierungen („Die Höhle der Löwen“, „Sing meinen Song“, „Cartoon Network Spurensuche“ und Stefan Raab ) ausschließlich im Wettbewerb Unterhaltung vertreten, gehen beim 51. Grimme-Preis leer aus. Stattdessen erhalten „Die Anstalt“ (ZDF) und „Mr. Dicks - das erste wirklich subjektve Gesellschaftsmagazin“ (EinsFestival/WDR) die begehrten Trophäen. „Max Uthoff und Claus von Wagner haben mit Hilfe ihres Ko-Autors Dietrich Krauß zu einer Form gefunden, die dem politischen Kabarett in Deutschland gut zu Gesicht steht“, urteilt die Jury über „Die Anstalt“ und ehrt das Trio „für den kalkulierten Bruch mit den Konventionen des Kabaretts in der Sendung ‚Die Anstalt‘ vom 18.11.2014 mit ihrer klaren Haltung zur Debatte um den Umgang mit Flüchtlingen durch einen emotionalen Moment.“
Über “Mr. Dicks - Das erste wirklich subjektive Gesellschaftsmagazin“ urteilt die Jury, der in diesem Jahr u.a. DWDL.de-Autor Hans Hoff und DWDL.de-Chefredakteur Thomas Lückerath angehörten: „‚Mr. Dicks‘ verzichtet auf Einführung, Moderation und Fazit. Es verzichtet auf eine Sprache, die sich bei der angepeilten jungen Zielgruppe anbiedert. ‚Mr. Dicks‘ ist Fernsehunterhaltung, die das Publikum so plötzlich packt, wie sie es dann auch wieder mit dem Gesehenen allein lässt. Mal amüsiert sie, mal irritiert sie.“ Im Zusammenhang mit diesem Format gibt es eine Premiere beim Grimme-Preis 2015: Radio-Mann Jochen Rausch erhält eine Trophäe stellvertretend für die WDR-Innovationsredaktion und den Input von EinsLive bei „Mr. Dicks“, gab der Vorsitzende der Jury Unterhaltung, Gerd Hallenberger, in Essen bekannt. Während die Jury Unterhaltung aus einer großen Bandbreite an Formaten und Formen zu wählen hatte, beklagt die Jury Fiktion ein schwieriges Jahr.
„Die Begeisterung in den Auswahlgremien des Grimme- Preises hielt sich in Grenzen“, sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach auf der heutigen Pressekonferenz in Essen. So habe sich die Jury erst nach intensiver Debatte entschlossen, auch beim 51. Grimme-Preis wieder das komplette Kontingent von fünf Preisen auszuschöpfen. „Gerade bei der Diskussion der fiktionalen Beiträge spielten unterschiedliche Ansätze in der Beurteilung von Fernsehqualität und Haltungen zwischen erfahrenen und neuen Jury-Mitgliedern eine große Rolle“, so Gerlach. Ausgezeichnet mit einem Grimme-Preis 2015 im Wettbewerb Fiktion werden am 27. März: „Altersglühen – Speed Dating für Senioren“ (WDR/NDR), „Bornholmer Straße“ (MDR/ARD Degeto/RBB), „Der Fall Bruckner (BR) sowie mit „Männertreu“ und „Tatort: Im Schmerz geboren“ gleich zwei hauseigene Produktionen des Hessischen Rundfunks. An „Altersglühen“ geht in diesem Jahr auch der Publikumspreis der „Marler Gruppe“, die im Rahmen des Grimme-Preises eine Produktion unabhängig von der Grimme-Jury auszeichnet.
„Im Bereich Information und Kultur hatte es die Jury mit schwerer Kost zu tun“, so Gerlach mit Blick auf das Wettbewerbskontingent. „Angesichts der Ereignisse weltweit und der politischen Situation ist das mehr als nachvollziehbar - hier drängen sich Stoffe wie die Flüchtlingsproblematik oder die Lage in der arabischen Welt geradezu auf.“ Vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender hätten hier „Herausragendes geleistet, was die Zuschauer fordert, aber auch fordern darf und muss“, so Gerlach. Auffallend sei aber, dass innenpolitische Stoffe fast gänzlich fehlten. „Schon die Nominierungskommission hat kein preiswürdiges Stück über den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gefunden“, beklagt Grimme-Direktorin Gerlach. Dennoch fanden sich fünf Produktionen, die in der Kategorie Information & Kultur ausgezeichnet werden.
Marcel Mettelsiefen (Buch/Regie/Kamera) erhält einen Preis für „Die Kinder von Aleppo (ZDF/ARTE/Channel 4), eine berührende Dokumentation über eine Familie im syrischen Bürgerkrieg. Für den Dreiteiler „Akte D“ (WDR/MDR/BR) über die Geschichte der Bahn, der Stromkonzerne sowie der Justiz im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit werden für Buch und Regie Christoph Weber, Winfried Oelsner, Florian Opitz sowie für Buch Julia Meyer und für ihre redaktionelle Arbeit Beate Schlanstein geehrt. Daniel Abma (Buch/Regie) erhält einen Grimme-Preis für seinen Debüt-Film „Nach Wriezen“ (RBB/Filmuniversität Babelsberg), der drei jungen ehemaligen Straftätern auf ihrem weiteren Lebensweg folgt. Katharina von Schroeder (Buch/Regie) und Florian Schewe (Regie) werden für ihr bewegendes Südsudan-Porträt „Wir waren Rebellen“ ausgezeichnet. Ein weiterer Grimme-Preis geht an Marc Wiese (Buch/Regie) für die Dokumentation „Camp 14“.(WDR/BR/ARTE) über das nordkoreanische Lagersystem.
Die besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschulverbands (DVV) geht in diesem Jahr an die WDR-Journalistin Ina Ruck und den ZDF-Korrespondenten Dietmar Ossenberg. Sie werden für ihre herausragenden Leistungen als Auslandskorrespondenten ausgezeichnet. „Die Aufbereitung und Manipulationsfreiheit von Fakten und Bildern aus Krisengebieten ist nötig, um Ereignisse belastbar einzuordnen und sich in einer demokratischen Gesellschaft eine Meinung zu bilden. Den Medien und den Medienschaffenden kommt dabei eine herausragende Verantwortung zu. Dies gilt gerade auch für das Massenmedium Fernsehen“, so die Begründung des DVV. Um der Masse an Fernsehen und neuen Darstellungsformen besser gerecht zu werden, arbeitet der Grimme-Preis im Übrigen an seinen Statuten. Auch das kündigte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach am Mittwoch an.
Bis zum Sommer sollen in mehreren Workshops die Statuten des Grimme-Preises überarbeitet werden. „Der Plan ist ehrgeizig, aber wir wollen die neuen Regelungen möglichst schon beim 52. Grimme-Preis, der mit der Vorauswahl im September seine Arbeit aufnimmt, umsetzen“, sagte Gerlach.