Was unterscheidet das britische oder amerikanische Fernsehen vom deutschen Fernsehen? Seit Donnerstagabend gibt es leider eine Antwort mehr darauf: Die Fähigkeit, eine Preisverleihung zu veranstalten und im eigenen Medium zu übertragen.

Am frühen Donnerstagabend meldete es zunächst der „Spiegel“ vorab, dann folgte wenig später die offizielle Bestätigung: Bei ihrem Treffen am Donnerstag in Köln hätten die Stifter des Deutschen Fernsehpreises - Thomas Bellut (ZDF), Tom Buhrow (WDR), Frank Hoffmann (RTL), Nicolas Paalzow (Sat.1) - beschlossen, den Deutschen Fernsehpreis in seiner bisherigen Form nicht fortzusetzen, heißt es in einer Pressemitteilung. Eine Erkenntnis, zu der man jedoch auch schon genau vor einem Jahr gekommen war.

Im vergangenen Sommer begannen deshalb die Überlegungen, einen neuen Fernsehpreis zu erschaffen. Basierend auf einer gemeinsam von den Stiftern formulierten und von WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn auch öffentlich vorgestellten Idee für eine neue Form dieser Preisverleihung - aufgeteilt in eine live zu übertragende TV-Gala und einen Branchen-Event - initiierte man im September eine Produzenten-Ausschreibung. Der Einladung waren in den Wochen darauf immerhin elf deutsche Fernsehproduzenten gefolgt.

„Auch wenn bei den Konzepten sehr vielversprechende, innovative Ideen enthalten waren, die einen wichtigen Impuls für den Fernsehpreis bedeutet hätten, konnten die Zweifel an einer erfolgreichen Neuausrichtung im Stifterkreis leider nicht in erforderlichem Maße ausgeräumt werden“, heißt es am Donnerstagabend in einer von Dirk Jander, Geschäftsführer Deutscher Fernsehpreis GmbH, an die Produzenten verschickten Erklärung, die DWDL.de vorliegt.

In der Pressemitteilung wiederum heißt es: Je zwei der vier Stifter hatten sich am Donnerstag letztlich für bzw. gegen die Fortführung einer jährlichen, im Fernsehen übertragenen Preisgala ausgesprochen. Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de waren es ARD und ZDF, die sich für eine Fortsetzung in neuer Gestaltung ausgesprochen haben. RTL und Sat.1 jedoch sahen nach Monaten der Beratungen demnach keine Basis mehr für eine gemeinsame Preisverleihung mit den Öffentlich-Rechtlichen. Eine Kostenfrage sei es nicht gewesen, beteuern die Privatsender.

Ausdrücklich danken die Stifter den Produzenten, die im vergangenen Herbst Vorschläge für eine neue Form einer Fernsehpreisgala entwickelt hatten. Doch die gesammelte Kompetenz von Deutschlands besten Produktionsfirmen und den vier größten deutschen Fernsehsendern war am Ende offenbar nicht genug, um eine neue TV-Verleihung zu gestalten. Verbrieft ist damit ein Offenbarungseid. Das deutsche Fernsehen schafft gemeinsam nicht, was andere Fernsehmärkte können.

Und das ausgerechnet in einem Jahr, in dem das deutsche Fernsehen mit ambitionierten fiktionalen Serien-Projekten aufholen will und selbst Unterhaltungsfernsehen hier und da spürbar an Relevanz gewinnt, senden die größten deutschen Sender damit kein besonders ermutigendes Signal in die Branche. Keine Auszeichnung in 2015. Spricht man am Donnerstagabend mit den Sendern, so eint sie zunächst einmal nur die pure Erleichterung, dass der oft kritisierte Deutsche Fernsehpreis in der alten Form jetzt erst einmal Geschichte ist. Man kann das aber auch als Ohrfeige für alle bisherigen Preisträger verstehen.

Angesichts so mancher nachträglich nicht sehr wertvollen Beteuerung, gilt es eine Ankündigung in diesem Zusammenhang erst einmal mit etwas Vorsicht zu genießen. Da heißt es in der Pressemitteilung, anstelle einer TV-Gala wollen ARD, ZDF, RTL und Sat.1 ab 2016 gemeinsam einen neuen Rahmen setzen, in dem die besten und erfolgreichsten Produktionen eines Fernsehjahres bei einem Branchentreff gewürdigt werden, der jedoch nicht im Fernsehen übertragen wird. Weitere Details dazu gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Die Privatsender denken jedoch ohnehin über eine neue Gattungsveranstaltung für das Medium Fernsehen nach, wo eine Ehrung möglicherweise einfließen könnte.

Ob jedoch alleine das Fehlen von Fernsehkameras das Grundproblem eines gemeinsam verliehenen Fernsehpreises löst, ist fraglich: Denn die teils unattraktiven Verleihungen der letzten Jahre sind nur die Oberfläche eines tieferliegenden Problems. Der jetzt beerdigten Auszeichnung fehlte ein inneren Kompass. Mehr als nur einmal war die Stimmung unter den Stiftern vergiftet, weil öffentlich-rechtliche und private Sender gutes Fernsehen unterschiedlich definieren. Der Deutsche Fernsehpreis war so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner, doch auch der ist jetzt erst einmal verloren.