An deutlichen Worten sparte WDR-Intendant Tom Buhrow zuletzt nicht. Das gilt auch für das Interview, das er dem "Focus" nun gegeben hat. "Dieses Sich-selbst-in-die-Tasche-Lügen, das will ich nicht mehr", sagte Buhrow. Das gätten ARD und ZDF "seit Jahrzehnten gemacht und immer mehr Aufgaben übernommen, ohne neue Leute einzustellen." Nun lasse er prüfen, "was nicht mehr gemacht werden kann, weil die Arbeit nicht weiter zu verdichten ist". Als den bislang bittersten Einschnitt bezeichnete er die Maßnahmen bei der "Lokalzeit", die mittlerweile samstags nur noch mit einer einzigen Ausgabe für alle NRW-Regionen sendet. "Einen Teil des eingesparten Geldes investieren wir in die 'Lokalzeiten' unter der Woche, um diese noch attraktive zu machen", betonte der Intendant.
Auf die Frage, ob der öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt mit Blick auf zwei Vollprogramme, sieben Dritte und über 60 Radioprogramme "sinnvoll schrumpfen" solle, sagte Buhrow: "Wer eine solche Debatte über eine Radikalreform wirklich führen will, der muss das dann aber auch bitte sehr ehrlich tun – und die fatalen Folgen, beispielsweise für renommierte Kulturprogramme, klar und deutlich benennen.“ Er sehe nicht, dass "die Menschen eine Radikalreform wollen". Buhrow: "Ich setzte darauf, den WDR zu reformieren und zu verkleinern." Zugleich müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk "dahin gehen, wo die Leute uns nutzen - dafür bezahlen sie uns auch", erklärte der WDR-Intendant im "Focus"-Interview mit Blick auf die Expansion von ARD und ZDF im Internet.
Durch die digitale Revolution sei "der Frieden zwischen Verlegern und Öffentlich-Rechtlichen gebrochen. Wir haben ständig schlechte Presse", beklagt Buhrow. Er glaube, man werde "die Art und Weise, wie wir in der Zukunft öffentlich-rechtliche Inhalte konsumieren, nicht mehr wiedererkennen". Die Sender könnten den Verbreitungsweg Internet nicht ausschließen, "auch wenn es sich nicht mehr um Broadcasting im eigentlichen Sinn handelt", wie er zugibt.
Unterdessem wehrte sich Buhrow gegen die Kritik an der Ukraine-Berichterstattung der ARD. "Ich akzeptiere die kritische Beobachtung der Berichterstattung, und wir prüfen jeden Vorwurf selbstkritisc", sagte er im "Focus"-Interview. "Was ich aber in aller Form zurückweise, ist der Vorwurf der Einseitigkeit und der Voreingenommenheit.“ Dass sich Buhrow so deutlich gegen die Vorwürfe zur Wehr setzt, hängt auch damit zusammen, dass das ARD-Studio in Moskau vom WDR betrieben wird. Buhrow weiter: "Viele meiner Kollegen haben in Russland studiert und leben dort. Zum Teil haben sie russische Ehepartner - wie unser Studioleiter in Moskau, Udo Lielischkies." Die Ukraine-Reporterin Golineh Atai sei gerade zur Journalistin des Jahres gewählt worden (DWDL.de berichtete). "Von einer unabhängigen Jury - das sagt doch alles."