Der Branchendienst "turi 2" zitiert am Dienstagnachmittag aus einem Schreiben der zwölf "Spiegel"-Ressortleiter an die Redakteure. Sie verweigern sich darin dem "Vorschlag zur raschen Einführung gemeinsamer Ressortleitungen Print/SpOn". Das würde schließlich einen Rattenschwanz nach sich ziehen: "Alle sollen alles können, und alle sollen alles müssen, unabhängig von Qualifikation und Kompetenzen", so die Ressortleiter, die Büchners Plan offenbar um jeden Preis verhindern wollen.
In dem Brief beklagen sich die führenden Redakteure darüber, dass durch den geplanten Umbau "bewährte Arbeitsweisen in der Redaktion sowie die journalistische Qualität der eingeführten Produkte gefährdet" seien. Es gebe schlicht "keine Notwendigkeit" für einen Totalumbau, zitiert "turi 2" die Ressortleiter. Dass aber auch der "Spiegel" unter sinkenden Auflagen und Anzeigenerlösen leidet, scheinen die Ressortleiter zu ignorieren.
Der "Spiegel" droht damit am "Projekt Eisberg" zu kentern. Damit wollte man Print- und Online-Redaktion eigentlich besser verzahnen, doch die "Spiegel"-Redakteure wehren sich mit allen Mitteln gegen den Plan. Vor etwa drei Wochen kam dann die Meldung, dass Chefredakteur Büchner sämtliche Ressortleiter-Posten neu ausschreiben will, die bisherigen Leiter wären damit entmachtet worden. Es folgten Chaos-Tage, an denen sich mehr als 80 Prozent der "Spiegel"-Belegschaft gegen Büchner stellte. Ein Großteil der "Spiegel Online"-Redaktion dagegen hält zu Büchner.
Vor zwei Wochen verordneten die Gesellschafter dem Haus einen Burgfrieden: So stellten sie sich zwar grundsätzlich hinter Büchner und seinen Plan, dieser soll in Zukunft aber besser mit den Mitarbeitern abgesprochen und kommuniziert werden. Büchner hat in den vergangenen Tagen wohl kräftig für seine Pläne geworben, war dafür sogar aus dem Tagesgeschäft abgezogen worden - geholfen hat das offenbar nicht.
Möglich wird die Meuterei der "Spiegel"-Redakteure erst durch ein äußerst kompliziertes Gesellschafter-Gebilde beim Nachrichtenmagazin. So hält die Mitarbeiter KG mit 50,5 Prozent die Mehrheit am Spiegel Verlag. Gruner + Jahr sowie die Erbengemeinschaft Augstein sind mit 25,5 und 24 Prozent in der Minderheit. Aber auch an der Spitze der Mitarbeiter KG herrscht keine Einigkeit pro oder contra Büchner. Fortsetzung folgt...