Auch wenn öffentlich durch regelmäßige Wehleidigkeit manchmal ein anderes Bild vermittelt wird: Es gibt Verleger in Deutschland, die gut am klassischen Print-Geschäft verdienen, wie beispielsweise Hubert Burda Media. Die Zeitschriften des Hauses sind "im laufenden Jahr der größte Gewinnbringer im Unternehmen und erreichen ein wirklich gutes Ergebnis", sagte Burda-Vorstandschef Paul-Bernhard Kallen in einem Interview mit der "Zeit". Er habe "die Hoffnung", dass der Konzern am Ende des Jahres um acht Prozent gewachsen sein werde. Die Rendite vieler Zeitschriften sei zweistellig. Gleichzeitig aber gibt es im Internet inzwischen offenbar mehr als Lousy Pennies zu verdienen. Der Konzern wachse "heute vor allem durch seine Onlinebeteiligungen", die inzwischen für rund 50 Prozent des Umsatzes stünden. Im Netz gehe inzwischen jedes Verlagshaus seinen eigenen Weg. "Medienunternehmen werden sich dabei immer unähnlicher - jedes wird seinen eigenen Weg in der digitalen Welt suchen", sagte Kallen der "Zeit". Gleichzeitig nähmen die Schnittmengen zwischen Medien- und E-Commerce-Firmen zu.
In dem Zusammenhang versteigt sich Kallen zu interessanten Thesen zur Zukunft des Journalismus. Er fordert, die Begriffe Content und Journalismus sehr viel breiter zu interpretieren, als das heute immer noch in Teilen unserer Branche getan wird. "Journalismus ist doch längst nicht nur das, was fest angestellte politische Journalisten machen". So könnten für Kunden auch Produktbeschreibungen wertvoller Content sein. "Das Schreiben an sich wird an Bedeutung verlieren", prophezeite Kallen, dafür werde das "Kuratieren von Inhalten", also das Betreuen von Texten wichtiger. Betreutes Schreiben - das ist ja auch eine der Säulen auf denen die gerade in Deutschland gestartete Huffington Post setzt. "Es wird immer neue und extrem unterschiedliche Technologien geben, mit denen Menschen Inhalte erstellen, beurteilen, bündeln und vor allem selbst verbreiten", ist Kallen sich sicher.
Für das digitale Geschäft bemängelt Kallen im gleichen Gespräch eine zeitgemäße Wirtschafts- und Medienpolitik. "In Berlin und in der EU verlässt das Denken den traditionellen Rahmen nicht", so der Vorstandschef von Hubert Burda Media. Kallen weiter: "Man betreibt dort Telekom-Politik, Datenschutzpolitik, Medienpolitik und E-Commerce-Politik, aber niemand betrachtet die Consumer-Internet-Industrie als Ganzes, und deshalb fehlt auch ein wirksamer ordnungspolitischer Rahmen." Es sei heute leichter, im Internet erfolgreich zu sein, "wenn man seine Firmenzentrale außerhalb der EU hat", beklagt Kallen. In Berlin und Brüssel würden immer noch zu wenige erkennen, "dass ein Consumer-Internet entstanden ist. Dies sei, so Kallen "eine neue Industrie in einer globalen Dimension mit ihrer ganz eigenen Dynamik, und sie beeinflusst andere Industrien fundamental. Wenn man diese, für die europäische Ökonomie bedrohliche Dimension nicht sieht, versteht man auch nicht, warum es so schwer ist, mit den US-amerikanischen Mega-Konzernen Schritt zu halten – selbst auf unseren heimischen Märkten", ergänzt der Verlagsmanager.